Ende einer Odyssee
Vor 29 Jahren wurden zwei Altarflügel, die aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren stammen, aus einer Kirche in Klieken nahe der Lutherstadt Wittenberg gestohlen. Vor anderthalb Jahren wurden sie dann in einem Antiquitätengeschäft in Bamberg entdeckt. Nun sind die Altarflügel, wenn auch vorerst nur für einen Tag, wieder in Klieken zu sehen sein.
Inzwischen wird er gut bewacht, der Kirchenschatz der Klickener Pfarrgemeinde. Christa Müller muss am Wachschutz vorbei und zwei schwere Holztüren aufschließen, bevor sie den Gebetsraum der kleinen schmucken Patronatskirche betreten kann. Der Blick der Kirchenführerin fällt sofort auf den geschnitzten Marienschrein und die beiden Altarflügel, die provisorisch links und rechts auf zwei Staffeleien stehen. Der Anblick treibt der 73-jährigen Tränen in die Augen, die sie verstohlen wegwischt.
"Also ich kann es nicht beschreiben, ich könnte schon wieder anfangen mit heulen."
Der Klappaltar stammt aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren. Der Renaissance-Künstler arbeitete in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Hofmaler für den Kurfürsten Friedrich der Weise.
Die Gemälde in Öl erzählen die klassische Mariengeschichte: Auf dem linken Flügel ist die Begegnung von Marias Eltern an der Jerusalemer goldenen Pforte zu sehen, auf der rechten Tafel die Geburt Marias. Im geschlossenen Zustand des Altars verkündet Erzengel Gabriel der jungen Maria die Empfängnis ihres Sohnes. Eva Heinecke, Kunsthistorikerin am Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt:
"Das ist etwas ganz Besonderes, was hier wiedergefunden wurde. Es ist in Anführungsstrichen nur Cranach-Schule, Cranach-Werkstatt, aber die gibt es ganz selten noch. Es gibt natürlich Werke von Cranach in aller Welt. Es war schon früh ein Sammelobjekt, aber die Werksattwerke sind auch sehr selten und was wir hier halt haben ist, dass es eine Tradition gibt in diesem Ort über 300 Jahre. Und eben hier auch aus dieser Gegend stammt."
Aufgrund der Marienthematik muss es sich um eines der sehr seltenen Frühwerke aus der Cranach-Werkstatt handeln, glaubt Kunsthistorikerin Eva Heinecke. Denn mit Beginn der Reformation ließen die Künstler von Mariendarstellungen ab. Besonders beeindruckend ist, mit welch Präzision der Künstler die filigranen Gesichtszüge des Erzengels Gabriel gemalt hat, die feinen blonden Locken und selbst die samtige Textur des grünen Gewandes ist gut zu erkennen. Eine wunderbare Arbeit findet auch Kirchenführerin Christa Müller. In Klieken ahnte bis zum Raub des Kunstschatzes indes niemand, was für ein Kleinod die Patronatskirche fast drei Jahrhunderte lang beherbergte, erinnert sich Christa Müller.
"Als der noch hier stand, war uns nicht bewusst, was hier steht. Wir fanden den Altar wunderbar und auch sehr schön, er hat uns angeregt, aber wer den mal gemalt hat und wer den übereignet hat, das war uns nicht bekannt. Mit dem Diebstahl kam das erst einmal raus. Und dann stand dann da in der Zeitung, dass der DDR-Wert damals glaube ich 1,2 Millionen gewesen sein soll. Also das haben wir vorher nicht gewusst."
Die Geschichte erzählt sich wie ein Krimi. Irgendwann zwischen dem 12. und 17. Mai 1980 wird das Fenster an der Nordseite der Patronatskirche eingedrückt. Der oder die Täter reißen die beiden Flügel aus den Angeln des Holzschreins. Auf der weißen Altardecke prangt sichtbar der Abdruck eines Turnschuhs: ein DDR-Fabrikat der Größe 42 ermitteln die Kommissare. Hunderte Vergleichsspuren werden in Klieken und den umliegenden Dörfern aufgenommen. 20 Kriminalisten quartieren sich monatelang in den Räumen eines nah gelegenen Chemiewerkes in Coswig ein. Auch die Stasi ermittelt. Doch die Ermittlungen laufen ins Leere, die Akten werden schließlich geschlossen. Erst 27 Jahre später entdeckt ein Cranach-Experte die beiden Flügel zufällig in dem Schaufenster eines Bamberger Antiquitätengeschäfts. Die beiden Händler hatten die Cranach-Werke ein Jahr zuvor rechtmäßig auf einer Auktion erworben. Die verstorbene Alteigentümerin hatte die Flügel in eine Art Barschrank umfunktioniert, erinnert sich Dankmar Pahlings, evangelischer Pfarrer in Klieken.
"Also die hat da ihre Spirituosen hinter versteckt, hinter dieser einen Mariendarstellung. Ist ein bisschen ulkig jetzt vielleicht, aber so war das. Und der Kunsthändler hat die Tafeln erst einmal getrennt von diesem Schrank und dann wollte er das eben verkaufen und da standen sie da im Schaufenster und der Kunstexperte sah sie zufällig in seiner Mittagspause."
Der Wert der beiden Altarflügel wird inzwischen auf eine Million Euro geschätzt. Es begann ein juristisches Tauziehen, an dem sich auch die Landeskirche Anhalt, die Landesregierung und die Kulturstiftung der Länder beteiligten. Schließlich einigten sich die Kirchengemeinde und die beiden Bamberger Antiquitätenhändler gütlich. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Nur an diesem heutigen Tag sind die beiden Altarflügel in Klieken zu bewundern. In den kommenden zwei Jahren soll die Kirche für knapp eine Million Euro restauriert und einbruchsicher gemacht werden. Für dieses Unterfangen sucht die Kirchengemeinde noch Sponsoren. Erst dann werden die beiden Altarflügel dauerhaft an ihren Ursprungsort zurückkehren.
"Also ich kann es nicht beschreiben, ich könnte schon wieder anfangen mit heulen."
Der Klappaltar stammt aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren. Der Renaissance-Künstler arbeitete in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Hofmaler für den Kurfürsten Friedrich der Weise.
Die Gemälde in Öl erzählen die klassische Mariengeschichte: Auf dem linken Flügel ist die Begegnung von Marias Eltern an der Jerusalemer goldenen Pforte zu sehen, auf der rechten Tafel die Geburt Marias. Im geschlossenen Zustand des Altars verkündet Erzengel Gabriel der jungen Maria die Empfängnis ihres Sohnes. Eva Heinecke, Kunsthistorikerin am Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt:
"Das ist etwas ganz Besonderes, was hier wiedergefunden wurde. Es ist in Anführungsstrichen nur Cranach-Schule, Cranach-Werkstatt, aber die gibt es ganz selten noch. Es gibt natürlich Werke von Cranach in aller Welt. Es war schon früh ein Sammelobjekt, aber die Werksattwerke sind auch sehr selten und was wir hier halt haben ist, dass es eine Tradition gibt in diesem Ort über 300 Jahre. Und eben hier auch aus dieser Gegend stammt."
Aufgrund der Marienthematik muss es sich um eines der sehr seltenen Frühwerke aus der Cranach-Werkstatt handeln, glaubt Kunsthistorikerin Eva Heinecke. Denn mit Beginn der Reformation ließen die Künstler von Mariendarstellungen ab. Besonders beeindruckend ist, mit welch Präzision der Künstler die filigranen Gesichtszüge des Erzengels Gabriel gemalt hat, die feinen blonden Locken und selbst die samtige Textur des grünen Gewandes ist gut zu erkennen. Eine wunderbare Arbeit findet auch Kirchenführerin Christa Müller. In Klieken ahnte bis zum Raub des Kunstschatzes indes niemand, was für ein Kleinod die Patronatskirche fast drei Jahrhunderte lang beherbergte, erinnert sich Christa Müller.
"Als der noch hier stand, war uns nicht bewusst, was hier steht. Wir fanden den Altar wunderbar und auch sehr schön, er hat uns angeregt, aber wer den mal gemalt hat und wer den übereignet hat, das war uns nicht bekannt. Mit dem Diebstahl kam das erst einmal raus. Und dann stand dann da in der Zeitung, dass der DDR-Wert damals glaube ich 1,2 Millionen gewesen sein soll. Also das haben wir vorher nicht gewusst."
Die Geschichte erzählt sich wie ein Krimi. Irgendwann zwischen dem 12. und 17. Mai 1980 wird das Fenster an der Nordseite der Patronatskirche eingedrückt. Der oder die Täter reißen die beiden Flügel aus den Angeln des Holzschreins. Auf der weißen Altardecke prangt sichtbar der Abdruck eines Turnschuhs: ein DDR-Fabrikat der Größe 42 ermitteln die Kommissare. Hunderte Vergleichsspuren werden in Klieken und den umliegenden Dörfern aufgenommen. 20 Kriminalisten quartieren sich monatelang in den Räumen eines nah gelegenen Chemiewerkes in Coswig ein. Auch die Stasi ermittelt. Doch die Ermittlungen laufen ins Leere, die Akten werden schließlich geschlossen. Erst 27 Jahre später entdeckt ein Cranach-Experte die beiden Flügel zufällig in dem Schaufenster eines Bamberger Antiquitätengeschäfts. Die beiden Händler hatten die Cranach-Werke ein Jahr zuvor rechtmäßig auf einer Auktion erworben. Die verstorbene Alteigentümerin hatte die Flügel in eine Art Barschrank umfunktioniert, erinnert sich Dankmar Pahlings, evangelischer Pfarrer in Klieken.
"Also die hat da ihre Spirituosen hinter versteckt, hinter dieser einen Mariendarstellung. Ist ein bisschen ulkig jetzt vielleicht, aber so war das. Und der Kunsthändler hat die Tafeln erst einmal getrennt von diesem Schrank und dann wollte er das eben verkaufen und da standen sie da im Schaufenster und der Kunstexperte sah sie zufällig in seiner Mittagspause."
Der Wert der beiden Altarflügel wird inzwischen auf eine Million Euro geschätzt. Es begann ein juristisches Tauziehen, an dem sich auch die Landeskirche Anhalt, die Landesregierung und die Kulturstiftung der Länder beteiligten. Schließlich einigten sich die Kirchengemeinde und die beiden Bamberger Antiquitätenhändler gütlich. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Nur an diesem heutigen Tag sind die beiden Altarflügel in Klieken zu bewundern. In den kommenden zwei Jahren soll die Kirche für knapp eine Million Euro restauriert und einbruchsicher gemacht werden. Für dieses Unterfangen sucht die Kirchengemeinde noch Sponsoren. Erst dann werden die beiden Altarflügel dauerhaft an ihren Ursprungsort zurückkehren.