Endlagersuche: "Das ist eine reine Blockade"

Angelika Brunkhorst im Gespräch mit Ute Welty |
Der Beschluss von SPD und Grünen in Niedersachsen, Gorleben aus der bundesweiten Atommüll-Endlagersuche auszuschließen, ist von der Sprecherin für Reaktorsicherheit der FDP-Bundestagsfraktion, Angelika Brunkhorst, heftig kritisiert worden.
Ute Welty: Alles neu macht der Februar – noch ist Rot-Grün in Niedersachsen nicht im Amt, da zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der Atompolitik ab. Die designierten Koalitionäre haben sich darauf verständigt, Gorleben aus der Endlagersuche herauszunehmen. Blöd nur, dass man in diesem Zusammenhang die Rechnung ohne den Bund macht, denn der ist für die Suche vornehmlich verantwortlich.

Angelika Brunkhorst weiß von der Größe dieser Aufgabe ein Lied zu singen, sie ist Sprecherin der FDP-Fraktion für Naturschutz und Reaktorsicherheit, und sie ist Vorsitzende der niedersächsischen FDP-Landesgruppe. Guten Morgen, Frau Brunkhorst!

Angelika Brunkhorst: Ja, guten Morgen, Frau Welty!

Welty: Kein Endlager in Gorleben – so ganz im Grunde Ihres niedersächsischen Herzens müssten Sie sich doch ein kleines bisschen freuen können, oder?

Brunkhorst: Nein, ich freue mich absolut gar nicht, weil im Grunde genommen geht es hier auch nicht um niedersächsische Befindlichkeiten. Sondern wir waren auf einem sehr guten Weg, mit dem Bund und den gesamten Bundesländern zusammen, sozusagen einen neuen Ansatz zu fahren und zu sagen: Wir brauchen ein Endlager-Suchgesetz, was unabhängig vom politischen Einfärbungen einfach einen Weg aufzeigt in einem sehr transparenten Verfahren, in einem sehr konsensual abgestimmten Verfahren, wirklich letztendlich zu einem Endlager zu kommen. Und Herr Weil, der sich ja jetzt als der Experte da auch irgendwo sieht, was ich also auch ein bisschen fraglich finde, weil sich da viele, viele Experten schon sehr viel länger mit beschäftigen. Und auch Herr Wenzel tun der Sache keinen Gefallen, das ist eine reine Blockade, und das ist eigentlich bedauerlich. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es bei diesem absoluten Nein bleiben kann.

Welty: Geht es eigentlich wirklich noch um Gorleben, oder haben sich die Fronten rund um einen ikonografischen Ort nicht längst und derart verhärtet und verselbstständigt, dass es eigentlich auch egal ist, was mit Gorleben passiert?

Brunkhorst: Nein, es ist absolut nicht egal, was mit Gorleben passiert, sondern wir haben gesagt: Das Ziel muss sein, ein gesetzlich geregeltes Standortbestimmungsverfahren zu finden, sich darauf zu verständigen und einen Endlagerstandort zu finden, bei dem nach Stand von Wissenschaft und Technik die erforderliche Schadensvorsorge bestens gewährleistet werden kann. Und in der Vergangenheit hat es ja immer wieder den Versuch gegeben, durch vehementes Fordern Gorleben herauszunehmen, davon abzulassen, den Anschein zu erwecken, als wenn Gorleben nicht geeignet ist. Herr Weil behauptet das ja auch einfach erst mal so stumpf und frei, aber ...

Welty: Ja, es gibt zumindest Gutachten, die den Schluss nahelegen.

Brunkhorst: Ja, aber die sind wirklich nicht unbedingt die Majorität, sondern es gibt also viele Experten. Wir hatten ja auch den AkEnd, und auch in diesem AkEnd-Verfahren ist ja dabei rausgekommen, dass Gorleben mit einzubeziehen ist. Und wir haben ja zwei Bundesminister gehabt, unter anderem Herrn Trittin und auch Herrn Gabriel, die ja ganz anderen politischen Konstellationen angehörten: einmal die Regierung Rot-Grün und einmal Schwarz-Rot. Die beide auch Entwürfe vorgelegt haben, Gesetzesentwürfe, für ein Endstandort-Auswahlverfahren. Und in beiden Gesetzesentwürfen war Gorleben auch immer mit als mit zu untersuchender Standort mit einbegriffen, und auch zu Recht. Denn es gibt nach wie vor überhaupt kein K.-o.-Kriterium für Gorleben, sondern es wurde von Herrn Trittin und auch von Herrn Gabriel immer wieder auch die Eignungshöffigkeit Gorlebens nicht infrage gestellt.

Welty: Tatsache ist ja, ein Endlager muss her, das schreibt eine EU-Richtlinie vor, und Tatsache ist auch, ein Endlager-Suchgesetz muss her. Da war schon von vollmundigen Kompromissen zu lesen, die sich in kürzester Zeit als wenig belastbar erwiesen. Wie weit sind Sie denn tatsächlich?

Brunkhorst: Also es gibt natürlich in solch einem, sagen wir mal, konsensualen Austauschprozess, Diskussionsprozess, natürlich immer den Wunsch vieler. In diesen Gesetzesabschnitten, die ja – also es sollen ja mehrere Gesetze sozusagen durch den Deutschen Bundestag dann erfolgen. Es ist zum Beispiel eine Frage, wie viele Standorte sollen denn zunächst mal oberirdisch dann untersucht werden, wie viele ...

Welty: Wie viele denn?

Brunkhorst: Das ist noch nicht festgelegt.

Welty: Ja, die Frage war ja, wie weit sind Sie, nicht, welche Punkte noch offen sind.

Brunkhorst: Also wir sind eigentlich schon recht weit. Ich glaube, dass man auch noch die gute Chance hätte, jetzt also innerhalb des nächsten halben Jahres das auch abzuschließen. Aber das erfordert natürlich, dass sich Niedersachsen bewegt, und wenn Niedersachsen jetzt blockiert, dann muss man eben sehen. Natürlich können jetzt die Bundesländer mit ihrer Mehrheit im Bundesrat das Ganze ausbremsen. Aber letztendlich ist die Meinung des BMU, also bis jetzt zumindest, dass ein Gesetzesverfahren, wenn die Bundesländer sich denn verweigern würden, dass man keine Zustimmungspflichtigkeit der Bundesländer hat. Die Bundesländer sind gut beraten, mitzuwirken, und ich kann auch nicht erkennen, dass ein Herr Kretschmann jetzt davon ablässt. Und wir haben noch einen Bundesparteitag der Grünen auch gehabt, vor nicht ganz langer Zeit, wo selbst auf diesem Bundesparteitag gesagt wurde: Ja, wir wollen in einem objektiven Verfahren auch Gorleben in diesen Prozess mit einbeziehen.

Welty: Was ist Ihr nächster Termin in dieser Angelegenheit?

Brunkhorst: Sagen wir mal, die Organisation der Verhandlung liegt natürlich beim Bundesumweltminister, bei Herrn Altmaier, also ich denke schon, dass die nächsten Termine jetzt im Februar stattfinden sollen.

Welty: Angelika Brunkhorst, Sprecherin der FDP-Fraktion für Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Thema Endlager in Gorleben oder Endlager nicht in Gorleben – ein weiteres Kapitel in einer schier unendlichen Geschichte. Trotzdem herzlichen Dank fürs Gespräch!

Brunkhorst: Ja, bitte schön!

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.