Energie und Wasser künftig "intelligenter nutzen"
In Bonn beginnt heute eine Konferenz zum Thema Ressourcenpolitik. Weltweit müsse es gelingen, mit weniger Materialeinsatz mehr herzustellen, sagt Uschi Eid, die Vize-Vorsitzende des UN-Beratergremiums für Wasser und sanitäre Grundversorgung.
Hanns Ostermann: Wir haben es leicht: Wir drehen den Wasserhahn auf, das Wasser läuft; wir drehen am Schalter, die Heizung geht an; wir gehen zum Bäcker, kaufen uns Brot. Weltweit allerdings sind Wasser, Energie und Nahrung knappe Güter, die steigende Nachfrage bei sieben Milliarden Menschen kann längst nicht mehr bedient werden. Und erschwerend kommt hinzu: Wasser zum Beispiel wird für die Energie gebraucht – das wirtschaftliche, ökologische und politische Spannungsfeld spitzt sich zu. Wie man hier zu globalen Lösungen kommen kann, damit beschäftigt sich ab heute die Bonner Nexus-Konferenz, an ihr nehmen auf Einladung der Bundesregierung 500 Experten teil. Dabei ist auch Uschi Eid, sie war früher Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, heute ist sie stellvertretende Vorsitzende des internationalen Expertenrates, der den UN-Generalsekretär zu Wasser- und Abwasserfragen berät. Guten Morgen, Frau Eid!
Uschi Eid: Guten Morgen, Herr Ostermann!
Ostermann: Eine Konferenz kann nicht für mehr Wasser sorgen oder für mehr Nahrung oder für mehr Energie. Was kann sie dennoch leisten?
Eid: Ja, diese Konferenz hat sich was ganz Besonderes vorgenommen, denn auf dem Hintergrund der großen Herausforderungen, die Sie ja selber schon genannt haben, nämlich Sicherung der Ernährung, Sicherung der Wasser- und Energieversorgung und dies angesichts einer wachsenden Bevölkerung aber auch einer zunehmenden Verstädterung – wo im Jahre 2050 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – und angesichts der klimatischen Veränderungen ist eine reine fachspezifische, also das heißt, sektorale Sichtweise überhaupt nicht mehr hilfreich. Diese Sichtweise führt nicht mehr zu Lösungen. Und es wird übersehen, dass Wasser, Energie und Nahrungsmittelproduktion in Wechselbeziehungen stehen und ja auch in Konkurrenz miteinander stehen. Das heißt, man muss dafür sorgen, dass in einem Sektor keine Entscheidungen getroffen werden, die auf den anderen Sektor negative Auswirkungen hat. Und das ist der Fokus dieser Konferenz.
Ostermann: Man gräbt sich sozusagen selbst das Wasser ab auf diesen drei jeweiligen Gebieten. Um die Probleme zu beheben, wäre wahrscheinlich ein zweiter Planet erforderlich, aber den haben wir nicht. Also was kann angesichts knapper Ressourcen getan werden?
Eid: Wenn ich Ihnen einfach mal ein Beispiel nennen kann, denn es ist immer schwierig, diese Wechselbeziehungen so anschaulich darzustellen, aber nehmen wir mal die Frage der Verschwendung von Nahrungsmitteln. Wir haben sogar in Ländern der Dritten Welt, wo Hunger herrscht, haben wir bis zu 30 Prozent Nahrungsmittelverluste nach der Ernte, und da müssen wir dringend dafür sorgen, dass diese Nahrungsmittelverluste eingestellt werden, indem man eine bessere Landwirtschaftspolitik betreibt. Aber damit werden … Nicht nur die Nahrungsmittel gehen verloren, sondern gleichzeitig Wasser. Also man hat in den USA ausgerechnet, dass … Zum Beispiel bei einer 30-prozentigen Verschwendung oder Verlust von der gesamten Nahrungsmittelproduktion gehen gleichzeitig 500 Millionen Liter Wasser verloren. Das ist so viel, dass man unheimlich viele Menschen ernähren oder mit Wasser versorgen könnte. Gleichzeitig ist es ein Verlust von 300 Millionen Barrel Öl, also 4 Prozent des gesamten Ölverbrauchs in den USA wird verschwendet dadurch, dass man Nahrungsmittel wegwirft. Und insofern müssen wir diese Dinge zusammen denken, und ich hoffe, dass die Konferenz jetzt in Bonn genau diese Wechselbeziehungen herausstellt und dafür Lösungen entwickelt.
Ostermann: Ein Stichwort ist auch Ressourcen-Effizienz. Sie haben eben ein Beispiel genannt, und was das für uns in Europa, in Deutschland bedeutet, kann ich mir vorstellen. Aber was heißt das zum Beispiel für die Länder, die kaum Wasser haben?
Eid: Also das ist natürlich … Gerade wenn man sich die sanitäre Grundversorgung anschaut, die Abwasserentsorgung, dann fragt man sich schon, wenn man in wasserknappen Ländern ist: Muss denn Wasser als Transportmittel für menschliche Fäkalien genutzt werden? Das ist schon mal der erste Schritt, dass man sich nach anderen Technologien umschaut, dass man angepasste Technologien, also Innovationen entwickelt. Aber da, wo eben dieses Wasser schon da ist, um Abwasser oder die Fäkalien zu transportieren, da muss man schauen, dass man dieses Abwasser als Rohstoff sieht. Das ist eigentlich auch ein Slogan dieser Konferenz: Man muss Abfälle als Rohstoff betrachten.
Abwasser kann recycelt werden, als Grauwasser in der Landwirtschaft genutzt werden zur Bewässerung, man soll dringend Phosphor zurückgewinnen, unsere Phosphorvorräte gehen in 40, 60 Jahren zu Ende, und man kann natürlich feste Teile in Biogas umwandeln. Also wir müssen auch bei uns in Deutschland dafür sorgen, dass Klärwerke energieneutral sind, und ich glaube, solche Ansätze muss man einfach auch weltweit darstellen. Man muss beste Lösungen, die irgendwo gefunden worden sind, auch anderen Ländern zur Verfügung stellen. Und insofern bietet auch diese Konferenz heute in Bonn die Möglichkeit, dass man gute Beispiele austauscht.
Ostermann: Aber wie groß ist das politische Spannungsfeld in diesen Fragen, also inwiefern müssen Sie immer wieder feststellen: Jeder ist sich selbst der Nächste?
Eid: Ja, das ist richtig, es ist ja auch nicht so einfach. Bei eingespielten Produktionsweisen, bei eingespieltem Konsumverhalten ist es ganz schwierig, diese Dinge zu verändern. Der Ansatz ist aber, dass wir mehr herstellen mit weniger Materialeinsatz, also mehr mit weniger. Wir müssen Energie- und Wassereffizienz steigern, das heißt, in der Industrie. Wasserverbrauch jetzt in den neuen sich entwickelnden Volkswirtschaften steigt. Wir müssen auch in der Produktion dafür sorgen, dass eben mehr hergestellt wird mit weniger Wassereinsatz, und wie gesagt, wir müssen Abfälle als Rohstoffe betrachten.
Ostermann: Das ist ein Appell, aber noch mal die Frage nach dem politischen Spannungsfeld: Da dürfte es ja wirklich auch Länder geben, die noch einmal darauf hinweisen: Unsere Interessen sind wichtiger als die Interessen anderer Länder.
Eid: Ja, das können wir uns aber angesichts knapper werdender Ressourcen und steigender Nachfragen eigentlich gar nicht mehr leisten. Es ist auch nicht so, dass praktisch die Länder, also der Norden mit dem Süden und unbedingt in jedem Fall konkurrieren, denn Wasser ist ja zum Beispiel eher ein regionales Gut. Aber wir müssen einfach innovative Ansätze wie zum Beispiel erneuerbare Energien … Wenn wir Wasserentsalzungsanlagen irgendwo nutzen – wie Australien, die haben es gezeigt: Das kann man mit Windenergie machen, man braucht da nicht unbedingt Öl. Also hier gibt es weltweit durchaus gute Beispiele, und man muss es nicht als Konkurrenten sehen, sondern man muss sehen: Die Welt hat gemeinsam Probleme zu lösen und die müssen wir gemeinsam anpacken. Also da können … Egoismen, die können wir uns gar nicht mehr leisten.
Ostermann: Heute beginnt die Bonner Nexus-Konferenz. Ich sprach mit der früheren Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, mit Uschi Eid. Frau Eid, vielen Dank für das Gespräch!
Eid: Bitte schön, Herr Ostermann!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Informationen zur Nexus-Konferenz in Bonn
Uschi Eid: Guten Morgen, Herr Ostermann!
Ostermann: Eine Konferenz kann nicht für mehr Wasser sorgen oder für mehr Nahrung oder für mehr Energie. Was kann sie dennoch leisten?
Eid: Ja, diese Konferenz hat sich was ganz Besonderes vorgenommen, denn auf dem Hintergrund der großen Herausforderungen, die Sie ja selber schon genannt haben, nämlich Sicherung der Ernährung, Sicherung der Wasser- und Energieversorgung und dies angesichts einer wachsenden Bevölkerung aber auch einer zunehmenden Verstädterung – wo im Jahre 2050 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – und angesichts der klimatischen Veränderungen ist eine reine fachspezifische, also das heißt, sektorale Sichtweise überhaupt nicht mehr hilfreich. Diese Sichtweise führt nicht mehr zu Lösungen. Und es wird übersehen, dass Wasser, Energie und Nahrungsmittelproduktion in Wechselbeziehungen stehen und ja auch in Konkurrenz miteinander stehen. Das heißt, man muss dafür sorgen, dass in einem Sektor keine Entscheidungen getroffen werden, die auf den anderen Sektor negative Auswirkungen hat. Und das ist der Fokus dieser Konferenz.
Ostermann: Man gräbt sich sozusagen selbst das Wasser ab auf diesen drei jeweiligen Gebieten. Um die Probleme zu beheben, wäre wahrscheinlich ein zweiter Planet erforderlich, aber den haben wir nicht. Also was kann angesichts knapper Ressourcen getan werden?
Eid: Wenn ich Ihnen einfach mal ein Beispiel nennen kann, denn es ist immer schwierig, diese Wechselbeziehungen so anschaulich darzustellen, aber nehmen wir mal die Frage der Verschwendung von Nahrungsmitteln. Wir haben sogar in Ländern der Dritten Welt, wo Hunger herrscht, haben wir bis zu 30 Prozent Nahrungsmittelverluste nach der Ernte, und da müssen wir dringend dafür sorgen, dass diese Nahrungsmittelverluste eingestellt werden, indem man eine bessere Landwirtschaftspolitik betreibt. Aber damit werden … Nicht nur die Nahrungsmittel gehen verloren, sondern gleichzeitig Wasser. Also man hat in den USA ausgerechnet, dass … Zum Beispiel bei einer 30-prozentigen Verschwendung oder Verlust von der gesamten Nahrungsmittelproduktion gehen gleichzeitig 500 Millionen Liter Wasser verloren. Das ist so viel, dass man unheimlich viele Menschen ernähren oder mit Wasser versorgen könnte. Gleichzeitig ist es ein Verlust von 300 Millionen Barrel Öl, also 4 Prozent des gesamten Ölverbrauchs in den USA wird verschwendet dadurch, dass man Nahrungsmittel wegwirft. Und insofern müssen wir diese Dinge zusammen denken, und ich hoffe, dass die Konferenz jetzt in Bonn genau diese Wechselbeziehungen herausstellt und dafür Lösungen entwickelt.
Ostermann: Ein Stichwort ist auch Ressourcen-Effizienz. Sie haben eben ein Beispiel genannt, und was das für uns in Europa, in Deutschland bedeutet, kann ich mir vorstellen. Aber was heißt das zum Beispiel für die Länder, die kaum Wasser haben?
Eid: Also das ist natürlich … Gerade wenn man sich die sanitäre Grundversorgung anschaut, die Abwasserentsorgung, dann fragt man sich schon, wenn man in wasserknappen Ländern ist: Muss denn Wasser als Transportmittel für menschliche Fäkalien genutzt werden? Das ist schon mal der erste Schritt, dass man sich nach anderen Technologien umschaut, dass man angepasste Technologien, also Innovationen entwickelt. Aber da, wo eben dieses Wasser schon da ist, um Abwasser oder die Fäkalien zu transportieren, da muss man schauen, dass man dieses Abwasser als Rohstoff sieht. Das ist eigentlich auch ein Slogan dieser Konferenz: Man muss Abfälle als Rohstoff betrachten.
Abwasser kann recycelt werden, als Grauwasser in der Landwirtschaft genutzt werden zur Bewässerung, man soll dringend Phosphor zurückgewinnen, unsere Phosphorvorräte gehen in 40, 60 Jahren zu Ende, und man kann natürlich feste Teile in Biogas umwandeln. Also wir müssen auch bei uns in Deutschland dafür sorgen, dass Klärwerke energieneutral sind, und ich glaube, solche Ansätze muss man einfach auch weltweit darstellen. Man muss beste Lösungen, die irgendwo gefunden worden sind, auch anderen Ländern zur Verfügung stellen. Und insofern bietet auch diese Konferenz heute in Bonn die Möglichkeit, dass man gute Beispiele austauscht.
Ostermann: Aber wie groß ist das politische Spannungsfeld in diesen Fragen, also inwiefern müssen Sie immer wieder feststellen: Jeder ist sich selbst der Nächste?
Eid: Ja, das ist richtig, es ist ja auch nicht so einfach. Bei eingespielten Produktionsweisen, bei eingespieltem Konsumverhalten ist es ganz schwierig, diese Dinge zu verändern. Der Ansatz ist aber, dass wir mehr herstellen mit weniger Materialeinsatz, also mehr mit weniger. Wir müssen Energie- und Wassereffizienz steigern, das heißt, in der Industrie. Wasserverbrauch jetzt in den neuen sich entwickelnden Volkswirtschaften steigt. Wir müssen auch in der Produktion dafür sorgen, dass eben mehr hergestellt wird mit weniger Wassereinsatz, und wie gesagt, wir müssen Abfälle als Rohstoffe betrachten.
Ostermann: Das ist ein Appell, aber noch mal die Frage nach dem politischen Spannungsfeld: Da dürfte es ja wirklich auch Länder geben, die noch einmal darauf hinweisen: Unsere Interessen sind wichtiger als die Interessen anderer Länder.
Eid: Ja, das können wir uns aber angesichts knapper werdender Ressourcen und steigender Nachfragen eigentlich gar nicht mehr leisten. Es ist auch nicht so, dass praktisch die Länder, also der Norden mit dem Süden und unbedingt in jedem Fall konkurrieren, denn Wasser ist ja zum Beispiel eher ein regionales Gut. Aber wir müssen einfach innovative Ansätze wie zum Beispiel erneuerbare Energien … Wenn wir Wasserentsalzungsanlagen irgendwo nutzen – wie Australien, die haben es gezeigt: Das kann man mit Windenergie machen, man braucht da nicht unbedingt Öl. Also hier gibt es weltweit durchaus gute Beispiele, und man muss es nicht als Konkurrenten sehen, sondern man muss sehen: Die Welt hat gemeinsam Probleme zu lösen und die müssen wir gemeinsam anpacken. Also da können … Egoismen, die können wir uns gar nicht mehr leisten.
Ostermann: Heute beginnt die Bonner Nexus-Konferenz. Ich sprach mit der früheren Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, mit Uschi Eid. Frau Eid, vielen Dank für das Gespräch!
Eid: Bitte schön, Herr Ostermann!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Informationen zur Nexus-Konferenz in Bonn