Schwimmende LNG-Terminals

Wie Deutschland den Gasnotstand verhindern will

06:40 Minuten
Luftaufnahme eines im Bau befindlichen schwimmenden LNG-Terminals in der Nähe von Wilhelmshaven.
Hier bei Wilhelmshaven soll das schwimmende LNG-Terminal anlegen. "Sie sehen ja die gerammten Pfähle, die sind alle schon in der Nordsee", sagt Uniper-Projektleiter Holger Kreetz. © Getty Images / David Hecker
Von Jörn Schaar |
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Eine sichere Energieversorgung ohne Gas aus Russland ist das Ziel: Deshalb hat die Bundesregierung den Bau von vier schwimmenden Importterminals für verflüssigtes Erdgas angekündigt. Zwei davon sollen schon Ende dieses Jahres ans Netz gehen.
Wilhelmshaven im Mai dieses Jahres. Symbolischer Baustart für das erste schwimmende Importterminal für verflüssigtes Erdgas in Deutschland. Umweltminister Robert Habeck ist dabei, es gibt Sekt und Häppchen, die Stimmung ist gelöst.
Bis heute ist dort noch nicht weitergebaut worden, denn bevor der Anleger für das schwimmende Terminal gebaut werden kann, müssen erst an Land die Gasleitungen geplant und verlegt werden, damit das verflüssigte Erdgas den Weg vom Tanker ins deutsche Gasnetz findet.

Erste Tanker schon zum Jahreswechsel

Auch wenn dort noch viel zu tun ist, sieht sich Uniper-Projektleiter Holger Kreetz voll im Zeitplan: „Wir sind im Prinzip an einer ganzen Reihe von Themen deutlich weitergekommen. Sie sehen ja die gerammten Pfähle, die sind alle schon in der Nordsee. Das heißt, die Anlandung des LNG-Schiffs ist deutlich vorangekommen, da wollen wir im November mit fertig werden.“
An diesem Anlieger soll ein Spezialschiff festmachen. Mit den Pumpen und Tanks auf diesem Schiff sollen schon zum Jahreswechsel Tanker entladen werden, die verflüssigtes Erdgas etwa aus Katar und anderen Ländern nach Deutschland bringen. Entsprechende Verträge hat die Bundesregierung bereits geschlossen.
Das zweite schwimmende Importterminal soll im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel entstehen. Dort wird Gasunie für die Anbindung des LNG-Terminals sorgen. Zunächst mit einem direkten Anschluss an das lokale Gasnetz, wie Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt erklärt.
„Wir sind mitten im Genehmigungsverfahren. Vor allem die Gasleitungen müssen genehmigt werden, die werden auch hier im Haus genehmigt, das sind zwei. Eine etwas kleinere Leitung, die an das Verteilnetz angeschlossen wird, die soll schon im September in Bau gehen, und dann wird noch eine längere Leitung gebaut, die den Standort auch an das Gas-Übertragungsnetz anschließen wird“, erklärt er.

Gas wird direkt ins Verteilernetz eingespeist

Dieses „Gas-Übertragungsnetz“ ist das System von Rohrleitungen und Pipelines, das das Erdgas auch über Brunsbüttel und Schleswig-Holstein hinaus verteilt. Diese Leitung hin zum überregionalen Gasnetz wird direkt etwas größer dimensioniert, hier denken die Planer auch schon in die Zukunft.
Denn in Brunsbüttel ist auch ein landgebundenes Importterminal geplant, das frühestens 2026 fertig werden wird. Eine feste Anlage an Land mit rund 165.000 Kubikmetern Speicherkapazität. Von hier aus sollen kleinere Schiffe und Züge das verflüssigte Erdgas dorthin transportieren, wo es gebraucht wird. Über die geplante Pipeline kann das Gas dann auch direkt in das überregionale Verteilernetz eingespeist werden.
Tobias Goldschmidt erläutert: „Beide Leitungen sind erforderlich, um das Gas von dem schwimmenden Terminal anzulanden und ins Netz zu bringen und auch zum Kunden zu bringen. Die Netzinfrastruktur, die da jetzt geplant und gebaut wird, wird aber ausreichen, um ein festes Terminal dann später auch anzubinden.“
In Brunsbüttel setzt sich der Geschäftsführer des dortigen Elbehafens, Frank Schnabel, seit gut zehn Jahren für den Bau eines LNG-Importterminals ein. Jahrelang scheiterten er und die Investoren an der Zurückhaltung der Bundesregierung, die lange auf zuverlässige Gaslieferungen aus Russland setzte und Importterminals für Flüssig-Erdgas für unnötig und zu teuer hielt.

Kursänderung nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine

Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den Sanktionen gegen das Land änderte sich der Kurs Deutschlands. Umweltminister Habeck kündigte im Frühjahr an, man werde nun schnell eine eigene Import-Infrastruktur für LNG schaffen.
Die Bundesregierung stieg über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, mit 50 Prozent in das Betreiberkonsortium des Brunsbütteler Importterminals ein, der niederländische Staatskonzern Gasunie hält 40 und die deutsche RWE zehn Prozent.
Für Planung und Bau dieses Terminals an Land rechnen die künftigen Betreiber mit mindestens vier Jahren. Zeit, die die Bundesregierung nicht hat, deswegen soll nun so schnell wie möglich ein schwimmendes Importterminal in Brunsbüttel entstehen.
Seit Habecks entsprechender Ankündigung arbeiten Frank Schnabel und sein Team fast durchgehend an der Umsetzung.
„Das bedeutet: viele Gespräche mit Genehmigungsbehörden, mit Verbänden, aber auch mit Bund und Land. Wir sind da wirklich täglich im intensiven Austausch, um das Ziel zu erreichen.“

Wir sind guter Dinge, aber es ist eine große Herausforderung, da wir immer noch deutsche Gesetze haben, die alle zu erfüllen sind. Sicherheitsanforderungen, die zu erfüllen sind, denn die wurden ja nicht außer Kraft gesetzt. Die müssen weiterhin gelten und denen müssen wir uns stellen.

Frank Schnabel, Geschäftsführer des Elbehafens Brunsbüttel

Flüssiggas soll ein Viertel der russischen Importe ersetzen

Geplant ist, zunächst ein schwimmendes Importterminal zu errichten. Die Arbeiten daran haben noch nicht begonnen, denn es gibt noch keine Baugenehmigung für den Liegeplatz für dieses Schiff – im Fachjargon Jetty genannt.
„Diese Jetty muss eben planfestgestellt werden, die muss genehmigt werden, wir brauchen dafür einen vorzeitigen Baubeginn, dafür muss man Unterlagen einreichen“, erklärt er. „Diese Unterlagen müssen erstellt werden, es müssen Planungen gemacht werden, es müssen Sicherheitsanalysen gemacht werden. All das passiert gerade, damit eben den deutschen Anforderungen, den deutschen Gesetzen Genüge getan wird.“
Je acht Prozent des deutschen Gasbedarfs sollen mit den beiden schwimmenden Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven importiert werden können, sagt Schleswig-Holsteins Umweltminister Goldschmidt. Insgesamt will die Bundesregierung vier solcher Terminals so schnell wie möglich bauen – damit wäre es möglich, bis zu einem Viertel der russischen Gasimporte zu ersetzen.

„Wir arbeiten Tag und Nacht – und an Wochenenden“

Im niedersächsischen Stade und in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern sollen sie bis Ende 2023 fertig sein. Die Anlagen in Brunsbüttel und Wilhelmshaven sollen schon Ende dieses Jahres ans Netz gehen. Ein sportlicher Zeitplan, wenn man bedenkt, dass solche Bauvorhaben sonst Jahre dauern.
Der Brunsbütteler Hafen-Chef Frank Schnabel hat Verständnis. „Es geht ja darum, dass wir im Winter russisches Gas ersetzen müssen. Das Ziel kann ich aus politischer Sicht völlig nachvollziehen und das müssen wir auch schaffen. Und ich glaube auch, dass Wilhelmshaven und Brunsbüttel da am weitesten sind.“
Er ist zuversichtlich: „Darum sind wir auch die beiden Standorte, die als erste im Winter so weit sein sollten und darum arbeiten wir wirklich Tag und Nacht und an Wochenenden daran, das umzusetzen. Wir hoffen, dass wir das gemeinsam mit den Partnern und Behörden dann auch hinbekommen, davon gehe ich derzeit weiterhin aus.“
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