Hajo Schumacher, geboren 1964 in Münster, arbeitete von 1990 bis 2000 beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Später leitete er die Redaktion des Lifestyle-Magazins „Max“. Heute ist er als freier Journalist und Autor für Tageszeitungen, Magazine, Hörfunk, Online-Medien und das Fernsehen tätig. Sein neues Buch heißt: „Kein Netz ! Geld, Zeit, Laune, Liebe – wie wir unser wirkliches Leben zurückerobern“.
Energiepakt mit Katar
Wirtschaftsminister Robert Habeck (l) in Katar. Als Folge des Ukraine-Kriegs will Deutschland seine Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern und bittet um Gas. © picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka
"Das hat Habeck nicht verursacht, aber er muss aufräumen"
08:44 Minuten
Dass Deutschland einen Energiepakt mit Katar schließen muss, sei Folge einer missglückten Energiepolitik der Merkel-Ära, meint Publizist Hajo Schumacher. Aber jetzt gebe es ein „Möglichkeitsfenster“, die Energiepolitik grundsätzlich zu ändern.
Wirtschaftsminister Robert Habeck verbeugt sich tief beim Besuch in Katar: Ein Bild, das in zahlreichen Zeitungen zu sehen ist und deutlich macht, wie es um die deutsche Energiepolitik bestellt ist.
„Vor vier Wochen hätten wir uns noch nicht vorstellen können, dass ein grüner Wirtschaftsminister nach Katar fährt, da den Kratzfuß beim Emir macht, um um Gas zu betteln“, sagt der Publizist Hajo Schumacher. „Das ist ein ganz neuer Abschnitt.“
Ergebnis einer missratenen Energiepolitik
„Dieser Bückling, der ist ein historisches Bild, aber auch das Ergebnis der letzten 20 Jahre Energiepolitik“, erläutert er. Erst der Kohleausstieg, dann der Atomausstieg, „ohne genügend regenerative Energie nachzubauen, und sich dann darauf verlassen: Ja, wir bauen jetzt ein paar Gaskraftwerke, woher das Gas kommt, das wird schon irgendwie funktionieren“, das sei eine Illusion gewesen, so Schumacher.
Denn: „Nein, es funktioniert nicht. Dieses kollektive Koma in der Komfortzone der Ära Merkel, das wird jetzt wirklich auf eine brutale Art beendet. Das hat Habeck nicht verursacht, sondern er muss letztendlich aufräumen, was ihm da an völlig missratener Energiepolitik vor die Füße gelegt wurde.“
"Ein verdammtes Dilemma"
Deutschland befinde sich derzeit in einer moralische Klemme, so Schumacher. „Wir wollen Putins Angriffskrieg nicht finanzieren. Aber die angeblich 6000 Toten auf den Baustellen für die WM, sind auch nicht ohne.“
Doch wer um Rohstoffe verhandele, komme in Gegenden, in denen er es mit „Kleptokratie, mafiösen Strukturen, Autokraten und Oligarchen" zu tun habe. „Das ist ein verdammtes Dilemma, aus dem man nicht einfach rauskommt.“
Der Ukraine-Krieg habe aber immerhin bewirkt, dass man sich nicht länger um solche Probleme "herummogeln" könne. "Und das haben wir jahrzehntelang getan", sagt Schumacher. "Wir haben jetzt die Chance, uns neu aufzustellen. Das ist das Gute. Es wäre jetzt ein Möglichkeitsfenster, weil alle denkenden Menschen in Deutschland kapiert haben, wo unsere Schwächen sind."
(lkn)