Englischer Film

Bündnis aus Bergarbeitern und Schwulen

Ein Demonstrant im März 1984 in Warwickshire wird von der Polizei festgenommen
Konflikte der demonstrierenden Bergarbeiter mit der Polizei waren 1984 an der Tagesordnung in England. © picture alliance / dpa
Von Christian Berndt |
In den 80er-Jahren protestierten in England eine Gruppe von Schwulen und Lesben und die Bewegung der Bergarbeiter gemeinsam gegen Zechenschließungen. Auch bei der "Pride"-Parade zogen sie zusammen durch London. Ein Film erinnert daran.
"In 10 Jahren könnt ihr zurückschauen und werdet feststellen, dass ihr 1984 in der stolzen Lage wart, am größten Kampf, den es je gab, beteiligt gewesen zu sein."
"Die Premierministerin verteidigte heute ihren Standpunkt:"
"Ich kann meinen Stil nicht ändern, es braucht einen starken Führungsstil."
England 1984: Die Ankündigung der Regierung Thatcher, 20 Zechen zu schließen, löst einen landesweiten Streik der Bergleute aus. Die Regierung bleibt hart, die Folge sind fast bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen. Der einjährige Streik spaltet das Land, und er führt dazu, dass nun die unterschiedlichsten Leute Stellung beziehen: Wie der Schwulen-Aktivist Mark, der mit seinen Freunden gerade die schwul-lesbische Pride-Parade mitorganisiert hat:
"War ne ziemlich gute Demo heute. Kaum Prügel und wenig Pöbeleien, wenige Benzinbomben oder Hakenkreuze. Täusch ich mich oder wird die Polizei soft?"
"Schon komisch, dass die nicht mehr vor unseren Clubs rumhängen, tja, warum wohl? Ich tippe mal, die sind woanders hingezogen."
"Ich fand den sehr schön und sehr wahr"
Das sind sie, die Polizei ist zur Streikbekämpfung abgezogen. Und das führt die Aktivisten zu der Einsicht, dass es den Bergleuten vielleicht gar nicht soviel anders geht als den drangsalierten Schwulen und Lesben:
"Während wir eine kleine Erholungspause haben, sind sie hier. Jetzt sind die armen Säcke dran, jetzt kriegen die ein paar auf die Fresse. Die kleinen Bergbaustädte werden mindestens so schikaniert wie wir, von der Polizei, von dem Brechmittel Boulevardpresse und von der Regierung. – Sollen wir sie mal ganz fest drücken?"
"Nein, was sie brauchen ist Geld!"
Es ist nicht leicht für Mark, seine Freunde zu überzeugen – denn sie sind oft genug von Arbeitern vermöbelt worden. Aber Mark kann sie zum Kampf gegen den gemeinsamen Feind bewegen: Daraus entsteht die Gruppe LGSM, die Geld für die Bergleute sammelt. Der britische Film "Pride" beruht auf einer wahren Begebenheit. Diese Bewegung gab es in den 80er-Jahren tatsächlich. Und die Situation ist im Film gut getroffen, wie der britische Journalist Geoffrey Whittaker meint, der in den Achtzigerjahren in England Aktivist der Schwulen- und Lesbenbewegung war und den Bergarbeiterstreik unterstützt hat:
"Ich fand den sehr schön und sehr wahr. Also, ich habe in der Zeit mein Coming Out gehabt und deswegen kann ich sehr identifizieren mit vielen von den Charakteren in dem Film. Also in vielen Details, von dem Umgang der Charaktere miteinander, mit der damaligen Politik, der Regierung, der Gesellschaft, diese Schwulenfeindlichkeit, das kam mir alles vertraut vor."
"Pride" schildert eine extrem polarisierte Situation, die dazu führt, dass Homosexuelle und Arbeiter langsam gemeinsame Interessen entdecken:
"Diese Zeit unter Margaret Thatcher empfand ich und empfanden viele Menschen, die ich damals kannte, als eine sehr schwierige und eine sehr schlimme Zeit. Man sieht in dem Film, wie es der Regierung gelegen war, die Bergarbeiter als gesellschaftliche Bewegung zu brechen, und das ist der konservativen Regierung damals gelungen, leider, und dann waren die Schwulen und Lesben an der Reihe."
Gewerkschaftsführung will keine Spendengelder von Homosexuellen
Tatsächlich brachten die Konservativen später ein Gesetz auf den Weg, dass eine positive Darstellung in der Öffentlichkeit von Homosexualität einschränkte. "Pride" erzählt von den Anfangsschwierigkeiten dieses Zusammentreffens von Homosexuellen und Arbeitern. Die Gewerkschaftsführung will keine Spendengelder von Homosexuellen annehmen. Deshalb beschließen die Aktivisten, das Geld persönlich in der Provinz vorbeizubringen – und stoßen zunächst auf wenig Gegenliebe:
"Wir wollen unseren Vereinssaal wiederhaben!"
"Keine Ahnung, wovon ihr sprecht."
"Von euren blöden Schwuchteln."
"Es gibt auch normale Leute, die hier was trinken wollen, klar!"
"Schwule Mistkerle!"
Aber langsam fasst man Vertrauen, und Mark und seine Freunde können den Bergleuten beweisen, wie ernst sie es meinen, und organisieren ein Benefizkonzert in London:
"Sieg für die Bergleute"
Regisseur Matthew Warchus erzählt in "Pride" weniger von den genauen historischen Hintergründen, sondern vielmehr von Menschen, die eine Solidarität entwickeln, die alle Gegensätze überwindet. Das ist zwar mitunter an der Klischee-Grenze inszeniert, rutscht aber nie ins Banale – und erinnert in seinem sozialen Realismus an Filme wie Billy Elliot. Warchus hat hauptsächlich Theater inszeniert und kann mühelos dieses vielköpfige Ensemble toller Darsteller führen. So wird aus diesem Hohelied auf die Solidarität nie Pathos, sondern mireißendes Kino:
"Die zentrale Botschaft des Films, das ist, dass wir gemeinsam stärker sind, ist für heute höchst aktuell und sehr bewegend, ich fand den Film sehr bewegend. Teilweise, weil ich persönlich damit identifizieren könnte, aber auch, weil ich fest daran glaube, dass man eine Gesellschaft gestalten muss, die Zusammenhalt hat. Und das ist für heute höchst aktuell, finde ich."
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