Zum 125. Geburtstag von Enid Blyton

Fünf Kilometer zu Fuß für „Fünf Freunde“

08:25 Minuten
Die britische Kinderbuchautorin Enid Blyton inmitten von Kindern bei einer Autogrammstunde in London 1953.
Die Bücher der Kinderbuchautorin Enid Blyton erfreuten sich über mehrere Generationen großer Beliebtheit, werden heute aber wegen ihrer Stereotype und Rollenzuschreibungen kritischer bewertet. © picture alliance / United Archives/ TopFoto
Kirsten Boie im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
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Als Kind musste Autorin Kirsten Boie lange Wege für die Bücher von Enid Blyton in Kauf nehmen. „Das war es mir wert.“ Dass Blyton wegen ihrer stereotypen Darstellung bestimmter Charaktere heute kritisiert wird, sei durchaus berechtigt.
"Hanni und Nanni" und "Fünf Freunde" waren nur einige der populären Kinderbücher der britischen Erfolgsautorin Enid Blyton. Heute wäre sie 125 Jahre alt geworden.
An den Büchern von Blyton habe sie vor allem die Spannung interessiert, erinnert sich Kirsten Boie, die ebenfalls mit Kinderbüchern wie "Der kleine Ritter Trenk" erfolgreich ist.
"In meiner Kindheit gab es noch nicht ansatzweise so viele Kinderbücher, wie es sie heute gibt", erinnert sich die 1950 geborene Autorin. Für Mädchenbücher habe sie sich weniger interessiert, aber spannende Bücher von Erich Kästner, Astrid Lindgren und Enid Blyton habe sie verschlungen. Es sei damals allerdings nicht so einfach gewesen, überhaupt daran zu kommen.
Die Kinderbuchautorin Kirsten Boie hält bei einer Veranstaltung in Hamburg ein Buch in den Händen.
Die Kinderbuchautorin Kirsten Boie hat in ihrer Jugend die Bücher von Enid Blyton verschlungen, grenzt sich aber in der Arbeitsweise deutlich ab. © picture alliance /dpa / Daniel Reinhardt
Die Bücher von Enid Blyton seien damals in der öffentlichen Bücherei in Hamburg nicht vertreten gewesen, sagt Boie. "Das hieß ganz generell Schmutz und Schund." Sie vermute heute, dass es damit zusammengehangen habe, dass die Blyton-Bücher literarisch nicht wirklich anspruchsvoll seien.
Die Charaktere seien stereotyp gezeichnet und durchliefen keine Entwicklung. Die Autorin habe sie immer nach demselben Muster geschrieben. Das habe damals schon gereicht, um solche Bücher nicht in öffentlichen Bibliotheken anzubieten.

Lange Wege für die Lektüre

Eine Freundin von ihr habe die "Fünf Freunde"-Bücher gehabt. Deshalb sei sie in den Ferien fünf Kilometer zu Fuß gelaufen, um sie lesen zu können. "Das war es mir aber wirklich wert", so Boie. Später habe sie das große Glück gehabt, mit 14 Jahren zum ersten Mal nach England zu gehen und bei ihrer dortigen Gastfamilie zahlreiche Enid-Blyton-Bücher lesen zu können.

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Trotz dieser Kindheitserlebnisse sieht sich Boie als Kinderbuchautorin keinesfalls in dieser Tradition. Enid Blyton habe rund 700 Kinderbücher geschrieben. "Das werde ich sicher nicht mehr schaffen in diesem Leben", sagt sie. "Das ist auch überhaupt nicht meine Absicht."
Blyton habe ihre Werke als Serien angelegt und einige Bücher in nur einer Woche geschrieben. Das sei für sie unvorstellbar, so Boie.
Sie brauche für die umfangreicheren Bücher zwischen vier bis sechs Monaten. Dabei sucht die Autorin gerade bei den Jugendromanen eine Herausforderung, wenn sie sich beispielsweise mit Krieg oder Nationalsozialismus beschäftigen. Sie könnte nicht immer das Gleiche schreiben, verdeutlicht Boie den Unterschied zu Blyton. "Das würde mich nicht reizen."

Kritik an Enid Blyton

In Großbritannien habe es schon relativ früh berechtigte Kritik an Blytons Kinderbüchern gegeben, so Boie. "Die Verbrecher haben immer dunkle Haare und dunkle Haut oder sind `Ausländer´, was auch immer das konkret sein soll."
Die Mädchen seien in der Regel eher ängstlich und zurückhaltend oder besonders burschikos wie George in "Fünf Freunde". Die Tochter einer Freundin habe die Bücher zum ersten Mal gelesen und gleich gesagt: "George ist Trans, oder?" Das zeige, wie anders heutige Kinder darauf schauten.
Bei der Lektüre habe sie sich in ihrer Jugend gerade mit Figuren wie George identifizieren können, sagt Boie. Das habe auch viel damit zu tun, dass damals im Alltag die Rollen noch viel stärker festgelegt gewesen seien als heute. Mädchen hätten noch Kleider tragen müssen. "Heute sagen wir, jeder darf alles, jeder kann alles."
(gem)
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