Entertainer und Schauspieler Harald Schmidt

"Ich wollte im System an die Spitze"

68:37 Minuten
Harald Schmidt trägt ein weißes Hemd und sitzt auf die Bühne blickend alleine im Parkett eines Theaters.
Harald Schmidt während eines Probengesprächs im Stadttheater Gmunden © Rudolf Gigler / imago-images
Moderation: Katrin Heise |
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Von Anbeginn will Harald Schmidt eines: nach oben. Zum Start ins neue Jahr sprechen wir mit dem Schauspieler und Entertainer über seine Karriere im TV und am Theater - und über das Ausloten von Grenzen.
Schon als Kind hat Harald Schmidt sein Publikum: Oma und Tante schauen zu, wenn er die katholische Messe nachspielt: als Priester im weißen Badetuch. Zu fünft lebt die Familie anfangs auf 57 Quadratmetern, Hausaufgaben werden am Wohnzimmertisch erledigt – oder gar nicht. "Bei uns wurde sehr viel ironisch gesprochen. Mein Vater war ein großer Parodist" – und der Onkel ebenso. Diese fehlende Hemmschwelle sei Teil seiner DNA, meint Schmidt. Das erleben auch seine Mitschüler und die geplagten Lehrer. "Wenn sich eine Gelegenheit bot, einen Witz zu machen oder irgendetwas reinzurufen in die Klasse, wurde die wahrgenommen. Und auf einer Schulausflugsfahrt, im Bus, gab es kein Entkommen."

Seine Theaterleidenschaft

Schon als Schüler rennt Harald Schmidt dreimal in der Woche ins Schauspiel in Stuttgart; einer seiner Heroen: Gert Voss. Schmidt absolviert eine Schauspielausbildung, sein erstes festes Engagement führt in ans Staatstheater in Augsburg. Durch sein kabarettistisches Talent landet er anschließend am legendären Düsseldorfer Kom(m)ödchen bei Lore Lorentz und avanciert vom Texteschreiber zum Solo-Kabarettisten. Die Basis für seine Show ist gelegt …

1995 Start der Harald Schmidt Show

In seiner "Harald Schmidt Show" reizt er bewusst Grenzen aus. Er verkauft sich als "Dirty Harry": Zynisch, bewusst politisch unkorrekt mit Polen- oder Frauenwitzen. Er kreiert das "Ekel-TV" und kotzt als "Migräne-Man" über die Brote in einer Bäckerei. Er ist eben Schmidt und kann es sich erlauben. "Was Sie nicht verbergen können, müssen Sie ausstellen. Es ist ja unbezahlbar, eine Marke zu sein. Ob Sie dann mit der Marke umgehen können, das ist Ihr Problem." Stolz ist der Entertainer, dass es in 20 Jahren "Late Night Show" niemals rechtliche Auseinandersetzungen über seine Äußerungen gegeben hat. "Ich bin immer für einen ganz klaren rechtlichen Rahmen, in dem möglichst wenig Leute umfallen können. Wenn das jemand moralisch zweifelhaft findet, habe ich überhaupt kein Problem. Für mich ist immer nur die Frage: Kann juristisch so dagegen vorgegangen werden, dass der Sender sagt, wir lassen es bleiben? Alles andere ist eine Definitionsfrage." Und er zitiert seinen langjährigen Showpartner aus "Schmidteinander", Herbert Feuerstein: "Ihn und mich verbindet der Hass auf die Menschheit und die Liebe zum Publikum. Und: Das Publikum lechzt danach überfordert zu werden."

"Ich wollte im System an die Spitze."

Von Anbeginn will Harald Schmidt eines: nach oben. "Ich habe nie rebelliert. Ich wollte das System nie verändern, ich wollte im System an die Spitze." Das hat er geschafft: Deutscher Fernsehpreis, der Goldene Löwe oder dreimal der Grimme Preis: Harald Schmidt hat nicht nur viele Auszeichnungen verliehen bekommen, er kann sie auch alle aus dem Stand aufzählen. "Wenn ich sehe, wer die heute alle kriegt, sind sie wertlos. Und als ich sie bekommen habe, waren die extrem wichtig, weil wir hatten ja nie Quote mit den Shows."

"The lights on me, please!"

Zurzeit ist Harald Schmidt mit einem Solo-Programm plus Promi-Gast im Schauspiel Stuttgart zu erleben. Erstmals nach 40 Jahren steht er wieder auf einer Theaterbühne: "Das Haus ist immer noch 'was Besonderes für mich." Viermal in der Woche kommentiert er das politische Zeitgeschehen in seiner Video-Kolumne auf "Spiegel Daily": "Es ist natürlich toll, wenn ich mein Bild sehen zwischen den großen Welterklärern, die sonst noch beim Spiegel beschäftigt werden." Und dann gibt es ja noch das "Herzkino" mit Auftritten in Rosamunde Pilcher-Filmen und dem "Traumschiff", mit Schmidt als Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle.
Und das alles frei nach dem Schmidtschen Motto: "The lights on me, please!"
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