Entwarnung aus Dresden: Heute kein Untergang
Der Generaldirektor der Sächsischen Landesbibliothek, Thomas Bürger, sieht im Weltuntergangs-Hype um den 21. Dezember eine Chance, die Maya-Kultur mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der Maya-Kalender habe "heute noch sehr viel zu sagen".
Christopher Ricke: Heute Abend wird es endgültig vorbei sein, und zwar auf jeden Fall. Entweder geht die Welt wirklich unter oder es endet zumindest der Weltuntergangs-Hype. Deutschlandradio Kultur begeht den Untergangstermin mit angemessener Würde: Wir übertragen live das Konzert zum Ende der Zeit aus der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Dresden muss es ja schon sein, denn schließlich ist der Dresdener Kodex eine von drei noch existierenden Maya-Handschriften weltweit und wird auch als einzige öffentlich gezeigt. Ich spreche mit Thomas Bürger, dem Generaldirektor der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Herr Bürger, es war jetzt ein langer, langer Run auf diesen Weltuntergangstag. Heute Abend ist dieses Rennen vorbei. Haben Sie noch Luft für den letzten Teil der Strecke?
Thomas Bürger: Ja, wir haben ein spannendes Jahr hinter uns mit sehr viel Besuchern. Aber wir werden den Abend würdig begehen. Wir werden diskutieren mit Peter Sloterdijk, und wir werden eben um 22:30 Uhr dieses Mexiko und Deutschland beziehungsweise die Maya-Länder und Deutschland verbindende Abendkonzert haben.
Ricke: Über das Konzert sprechen wir gleich. Vorher noch die Frage: Haben Sie sich denn für morgen was vorgenommen?
Bürger: Ja. Voller Terminplan, wie immer. Auch am Samstag muss man - ich muss ja auch ein bisschen was einkaufen für Weihnachten vielleicht. Natürlich volles Programm, voller Hoffnung, voller Aktivitäten. Wir wollen ja die Maya feiern, die Kultur, den Weltuntergang - das ist eine Sache mit Augenzwinkern. Für mich steht im Mittelpunkt dieser fantastische Kalender, dieses Hochkulturzeugnis. Und das ist so toll, so grandios, da lohnt es sich übrigens auch 2013 zu kommen und ihn sich anzuschauen. Mir geht es ehrlich gesagt mehr um die Inhalte dieses wunderbaren Maya-Buchs als um den Hype.
Ricke: Jetzt sind Sie ja ganz maßgeblich an dem Konzert heute Abend beteiligt. Die Dresdner Symphoniker wollen sich vor der uralten Maya-Kultur musikalisch verbeugen. Wie wird das gelingen?
Bürger: Ja. Wir haben natürlich überlegt, wie begeht man eine solche Nacht, wo alle fragen, was macht man am Weltuntergang. Wir haben in diesem Jahr Tausende Besucher gehabt, die sich die Handschrift angeschaut haben, und haben gefragt, was feiern wir den Abend: Machen wir eine Survival-Party - was können wir tun? Aber ich kann nicht mit Tausenden Menschen eine Survival-Party feiern. Deswegen haben wir dieses Konzert. Die Karten sind leider alle schon ausverkauft, und das wird live übertragen nach Mexiko und auch von Mexiko hier nach Deutschland. Wir wollen uns kulturell verbinden. Denn die Maya-Schrift ist ja ein Hochkulturzeugnis, das heute noch sehr viel zu sagen hat und das Völker verbindet. Und das wollen wir ganz würdig feiern. Der Botschafter wird ein Grußwort sprechen. Das wird bestimmt eine wunderbare Geschichte und eben auch live übertragen.
Ricke: Menschen, die nicht esoterisch oder hysterisch sind, hören ja auf die Stimme der Wissenschaft, und die sagt schon lange, der Maya-Kalender endet gar nicht. Kalender können nicht enden, es gibt keine Prophezeiungen in Richtung Ende der Zeit, auch keine besondere Konstellation am Himmel. Also der Weltuntergang wird aller Wahrscheinlichkeit nach spurlos an uns vorübergehen. War das Ganze für Sie jetzt ein unwissenschaftlicher, ja vielleicht sogar ärgerlicher und lästiger Vorgang?
Bürger: Na ja. Der Hype nach dem Film von Mel Gibson und Roland Emmerich hat natürlich noch mal sehr aufgewühlt. Es gibt übrigens auch Leute, die ernsthaft besorgt sind. Für uns war es eigentlich ein Anlass, möglichst viel seriöses Wissen zusammenzutragen. Wir haben zum Beispiel 24 Spezialisten aus vielen Ländern hier bei uns tagen lassen, die auch neue Ergebnisse herausgefunden haben. Ja, vielleicht ein bisschen lästig, aber vor allen Dingen doch auch eine Chance, auf diese Kultur in Mexiko, in Guatemala, in Belize hinzuweisen, wo ja eine nicht weniger wichtige Kultur als die ägyptische Kultur steht mit den wunderbaren Pyramiden, und die eben nur drei Schriftstücke hinterlassen hat, und das Einzige eben, das wir sehen können, ist dieser Dresdner Kodex, und der ist schon faszinierend. Und in der Tat stehen da auch Weltuntergangsängste drin beziehungsweise Naturkatastrophenängste. Darüber kann man ja heute neu nachdenken, nur man soll nicht so einen Hype pflegen. Einen datierten Weltuntergang gibt es da nicht in diesem Buch, sondern eben die Sorge, dass es eben Naturkatastrophen geben könne. Eine Sorge, die wir ja heute auch haben und die uns eigentlich nur nachdenklich machen sollte, wie wir mit uns und unserer Umwelt umgehen.
Ricke: Jetzt haben wir bei Deutschlandradio Kultur uns in den letzten Tagen sehr ausführlich mit unterschiedlichen Untergangsszenarien beschäftigt, religiöse wie naturwissenschaftlich geprägte. Spannende Debatten haben wir geführt, aber jetzt ist dann in der Nacht alles vorbei. Was nehmen Sie denn in der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden als Erfahrung aus den letzten Monaten mit in die neue Epoche, die jetzt laut Maya-Kalender beginnt?
Bürger: Wir werden weiterhin unsere Schatzkammer geöffnet halten. Es werden weiterhin Besucher aus aller Welt kommen und fasziniert vor diesem Original stehen. Es ist eine wunderbare Erinnerung an das, was unsere Vorfahren, auf welchen Kontinenten auch immer, geschaffen haben. Also, ich finde es auch ein Wiederaufleben von Hochkultur und Vergangenheit. Und wir haben ja die Informationen auf diesem Kodex digital ins Netz gestellt. Ich sehe eine große Zukunftschance, dass die Kulturen sich digital künftig vernetzen, und zum gegenseitigen Verständnis gehört eben auch das Wissen über die Geschichte, und wir sollten Hypes nicht übertreiben, aber uns neugierig der Vergangenheit und Zukunft zuwenden. Das können wir schon machen, und das können wir auch gut als Chance ins neue Jahr mitnehmen.
Ricke: Mal unter uns beiden: Haben Sie schon Studenten ins Archiv geschickt, das nächste Spektakulum suchen, damit die Aufmerksamkeit für Dresden erhalten bleibt?
Bürger: Ach, wir haben so viele Schätze. Nächstes Jahr ist Richard-Wagner-Jahr. Dann haben wir Dürers Skizzenbuch, da werden wir noch Forschungsprojekte machen. Es ist ja unglaublich, was in den Schatzhäusern enthalten ist, und wir müssen uns überhaupt keine Sorge machen. Die Vergangenheit ist so reich und die Zukunft hoffentlich so spannend. Also ich bin ganz frohgemut, und die Arbeit und die Freude an der Arbeit wird gar nicht ausgehen.
Ricke: Thomas Bürger, der Generaldirektor der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Vielen Dank, Herr Bürger, und einen angenehmen Untergangsabend!
Bürger: Ja, wir werden feiern, dass ein neues Jahr und eine neue Epoche der Maya-Zeit beginnt. Vielen Dank.
Ricke: Deutschlandradio Kultur begeht den Untergangstermin mit Würde - wir übertragen das Konzert zum Ende der Zeit live aus der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, heute Abend ab 22:30 Uhr.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Thomas Bürger: Ja, wir haben ein spannendes Jahr hinter uns mit sehr viel Besuchern. Aber wir werden den Abend würdig begehen. Wir werden diskutieren mit Peter Sloterdijk, und wir werden eben um 22:30 Uhr dieses Mexiko und Deutschland beziehungsweise die Maya-Länder und Deutschland verbindende Abendkonzert haben.
Ricke: Über das Konzert sprechen wir gleich. Vorher noch die Frage: Haben Sie sich denn für morgen was vorgenommen?
Bürger: Ja. Voller Terminplan, wie immer. Auch am Samstag muss man - ich muss ja auch ein bisschen was einkaufen für Weihnachten vielleicht. Natürlich volles Programm, voller Hoffnung, voller Aktivitäten. Wir wollen ja die Maya feiern, die Kultur, den Weltuntergang - das ist eine Sache mit Augenzwinkern. Für mich steht im Mittelpunkt dieser fantastische Kalender, dieses Hochkulturzeugnis. Und das ist so toll, so grandios, da lohnt es sich übrigens auch 2013 zu kommen und ihn sich anzuschauen. Mir geht es ehrlich gesagt mehr um die Inhalte dieses wunderbaren Maya-Buchs als um den Hype.
Ricke: Jetzt sind Sie ja ganz maßgeblich an dem Konzert heute Abend beteiligt. Die Dresdner Symphoniker wollen sich vor der uralten Maya-Kultur musikalisch verbeugen. Wie wird das gelingen?
Bürger: Ja. Wir haben natürlich überlegt, wie begeht man eine solche Nacht, wo alle fragen, was macht man am Weltuntergang. Wir haben in diesem Jahr Tausende Besucher gehabt, die sich die Handschrift angeschaut haben, und haben gefragt, was feiern wir den Abend: Machen wir eine Survival-Party - was können wir tun? Aber ich kann nicht mit Tausenden Menschen eine Survival-Party feiern. Deswegen haben wir dieses Konzert. Die Karten sind leider alle schon ausverkauft, und das wird live übertragen nach Mexiko und auch von Mexiko hier nach Deutschland. Wir wollen uns kulturell verbinden. Denn die Maya-Schrift ist ja ein Hochkulturzeugnis, das heute noch sehr viel zu sagen hat und das Völker verbindet. Und das wollen wir ganz würdig feiern. Der Botschafter wird ein Grußwort sprechen. Das wird bestimmt eine wunderbare Geschichte und eben auch live übertragen.
Ricke: Menschen, die nicht esoterisch oder hysterisch sind, hören ja auf die Stimme der Wissenschaft, und die sagt schon lange, der Maya-Kalender endet gar nicht. Kalender können nicht enden, es gibt keine Prophezeiungen in Richtung Ende der Zeit, auch keine besondere Konstellation am Himmel. Also der Weltuntergang wird aller Wahrscheinlichkeit nach spurlos an uns vorübergehen. War das Ganze für Sie jetzt ein unwissenschaftlicher, ja vielleicht sogar ärgerlicher und lästiger Vorgang?
Bürger: Na ja. Der Hype nach dem Film von Mel Gibson und Roland Emmerich hat natürlich noch mal sehr aufgewühlt. Es gibt übrigens auch Leute, die ernsthaft besorgt sind. Für uns war es eigentlich ein Anlass, möglichst viel seriöses Wissen zusammenzutragen. Wir haben zum Beispiel 24 Spezialisten aus vielen Ländern hier bei uns tagen lassen, die auch neue Ergebnisse herausgefunden haben. Ja, vielleicht ein bisschen lästig, aber vor allen Dingen doch auch eine Chance, auf diese Kultur in Mexiko, in Guatemala, in Belize hinzuweisen, wo ja eine nicht weniger wichtige Kultur als die ägyptische Kultur steht mit den wunderbaren Pyramiden, und die eben nur drei Schriftstücke hinterlassen hat, und das Einzige eben, das wir sehen können, ist dieser Dresdner Kodex, und der ist schon faszinierend. Und in der Tat stehen da auch Weltuntergangsängste drin beziehungsweise Naturkatastrophenängste. Darüber kann man ja heute neu nachdenken, nur man soll nicht so einen Hype pflegen. Einen datierten Weltuntergang gibt es da nicht in diesem Buch, sondern eben die Sorge, dass es eben Naturkatastrophen geben könne. Eine Sorge, die wir ja heute auch haben und die uns eigentlich nur nachdenklich machen sollte, wie wir mit uns und unserer Umwelt umgehen.
Ricke: Jetzt haben wir bei Deutschlandradio Kultur uns in den letzten Tagen sehr ausführlich mit unterschiedlichen Untergangsszenarien beschäftigt, religiöse wie naturwissenschaftlich geprägte. Spannende Debatten haben wir geführt, aber jetzt ist dann in der Nacht alles vorbei. Was nehmen Sie denn in der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden als Erfahrung aus den letzten Monaten mit in die neue Epoche, die jetzt laut Maya-Kalender beginnt?
Bürger: Wir werden weiterhin unsere Schatzkammer geöffnet halten. Es werden weiterhin Besucher aus aller Welt kommen und fasziniert vor diesem Original stehen. Es ist eine wunderbare Erinnerung an das, was unsere Vorfahren, auf welchen Kontinenten auch immer, geschaffen haben. Also, ich finde es auch ein Wiederaufleben von Hochkultur und Vergangenheit. Und wir haben ja die Informationen auf diesem Kodex digital ins Netz gestellt. Ich sehe eine große Zukunftschance, dass die Kulturen sich digital künftig vernetzen, und zum gegenseitigen Verständnis gehört eben auch das Wissen über die Geschichte, und wir sollten Hypes nicht übertreiben, aber uns neugierig der Vergangenheit und Zukunft zuwenden. Das können wir schon machen, und das können wir auch gut als Chance ins neue Jahr mitnehmen.
Ricke: Mal unter uns beiden: Haben Sie schon Studenten ins Archiv geschickt, das nächste Spektakulum suchen, damit die Aufmerksamkeit für Dresden erhalten bleibt?
Bürger: Ach, wir haben so viele Schätze. Nächstes Jahr ist Richard-Wagner-Jahr. Dann haben wir Dürers Skizzenbuch, da werden wir noch Forschungsprojekte machen. Es ist ja unglaublich, was in den Schatzhäusern enthalten ist, und wir müssen uns überhaupt keine Sorge machen. Die Vergangenheit ist so reich und die Zukunft hoffentlich so spannend. Also ich bin ganz frohgemut, und die Arbeit und die Freude an der Arbeit wird gar nicht ausgehen.
Ricke: Thomas Bürger, der Generaldirektor der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Vielen Dank, Herr Bürger, und einen angenehmen Untergangsabend!
Bürger: Ja, wir werden feiern, dass ein neues Jahr und eine neue Epoche der Maya-Zeit beginnt. Vielen Dank.
Ricke: Deutschlandradio Kultur begeht den Untergangstermin mit Würde - wir übertragen das Konzert zum Ende der Zeit live aus der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, heute Abend ab 22:30 Uhr.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.