Buchhändlerin Beate Scherzer: Die Umstellung auf Versandhandel verlief erfolgreich.
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Umsatz-Einbruch durch Corona
06:58 Minuten
Buchverlage beklagen einen Rückgang von durchschnittlich 50 Prozent bei ihren Verkaufszahlen infolge der Coronapandemie. Einige unabhängige Buchhandlungen konnten jedoch neue Kunden hinzu gewinnen.
Die Stimmung bei den Verlagen ist zurzeit "sehr mäßig", wie Lesart-Redakteur und Literaturkritiker Dirk Fuhrig berichtet. Dennoch bemühten sich die Verlagshäuser um einen gewissen "Zweck-Optimismus". Vor allem die großen Verlage hielten sich mit Äußerungen zu Umsatz-Rückgängen in ihrer Branche sehr zurück, sagt Fuhrig.
Absage von Lesungen trifft Verlage empfindlich
"Das ist für mich aber eher ein Indiz dafür, dass es sie mehr getroffen hat, als sie öffentlich bekunden wollen. Buchhandel und Verlagswesen hat auch immer sehr viel mit Stimmung zu tun. Da möchte man nicht allzu schwarz sehen. 50 Prozent Minus vom Umsatz, das ist ja eine Durchschnittszahl, die ist ganz gewaltig." Vor allem die Absage der Veranstaltungen zur Präsentation neuer Titel habe die Verlage empfindlich getroffen.
In den Buchhandlungen vor Ort stellt sich die Situation jedoch teilweise weniger düster dar. Die Buchhändlerin Beate Scherzer von der Buchhandlung "Proust" aus Essen etwa, kann von einer positiven Entwicklung berichten: "Vielleicht sind wir eine Ausnahme, aber bei uns gab es keinen Einbruch. Ganz im Gegenteil."
Kleine Buchläden lieferten per Fahrrad aus
Die Umstellung auf Versand-Buchhandel in den vergangenen vier Wochen sei sehr erfolgreich verlaufen. "Wir haben ganz viele neue Kunden bekommen", erzählt Scherzer. "Wir sind teilweise mit zwei Autos und zwei Fahrrädern in allen Stadtteilen herumgefahren."
Das bestätigen auch viele Verlage, die in den vergangenen Wochen die Bedeutung unabhängiger Buchhandlungen erlebt haben. "Viele Buchhandlungen waren sehr engagiert, neue Kunden zu gewinnen und Kunden zu beliefern", sagt Dirk Fuhrig.
Verlage entdecken die Nähe zur Kundschaft
"Das haben große Versandhäuser wie Amazon natürlich nicht gemacht. Da kam das Buch überhaupt nicht mehr an. Viele Verlage haben jetzt gemerkt, wie wichtig der Kontakt ist und dass sie den noch stärker pflegen müssen, um ihre Bücher zu verkaufen. Gerade dann, wenn es um anspruchsvolle Belletristik geht. Die braucht immer den Buchhändler, der etwas empfiehlt."
Buchhändler und Verlage sind gleichermaßen erleichtert, dass die Buchläden seit heute wieder für Kunden geöffnet haben. Beate Scherzer hofft, dass viele der neu gewonnenen Kunden ihrer Buchhandlung auch in Zukunft treu bleiben werden.
(ruk)