Enzensbergers Kursbuch
Man übertreibt nicht, wenn man sagt, dass diese Zeitschrift die bundesdeutsche 68er Bewegung orientierte, eine breite linke Leserschaft faszinierte und die internationalen Protestbewegungen koordinierte. Nach der Zeit im Suhrkamp Verlag erschien die Zeitschrift noch in drei weiteren Verlagen. Nun bringt der Hamburger Murmann Verlag die "Nummer 170" heraus.
"Die Avantgarde der Studenten im Internationalen Klassenkampf", "Ein Kranz für die Literatur", "Thesen zur antiautoritären Erziehung", "Die Zukunft des Kapitalismus", "Europäische Peripherie". So hießen die Artikel. Die einzelnen Ausgaben trugen Titel wie "Cuba", "Kritik der Zukunft" oder "Vermutungen über die Revolution - Kontroversen über den Protest".
Zu den Autoren zählten unter zahlreichen anderen Peter Schneider, Herbert Marcuse, Martin Walser, Samuel Beckett, Klaus Roehler, Claude Lévi-Strauss oder Tadeusz Różewicz. Sein erster Verleger war Siegfried Unseld, Leiter des Suhrkamp Verlags. Sein Redakteur Karl Markus Michel. Erster Herausgeber und Erfinder Hans Magnus Enzensberger. Die Rede ist natürlich vom Kursbuch.
Man übertreibt nicht, wenn man sagt, dass diese Zeitschrift die bundesdeutsche 68er Bewegung orientierte, eine breite linke Leserschaft faszinierte und die internationalen Protestbewegungen koordinierte. Das Kursbuch war so etwas wie ein Sammelbecken für die brennenden Themen und entscheidenden Intellektuellen seiner Zeit.
Von der Gründung der Zeitschrift 1965 bis zu ihrer Trennung vom Suhrkamp Verlag 1970 begleitete sie Aufstieg und Zerfall der bundesdeutschen 68er Bewegung. Das Kursbuch war kein Bewegungsorgan, aber die Bewegung reflektierte sich in ihm. Kein Wunder, wenn man Revue passieren lässt, um welche Themen es in ihm ging: Es gab Berichte über die internationalen Protest- und Befreiungsbewegungen, und es gab Texte der globalen Protestakteure selbst.
Es ging um Selbstbestimmung und die Frage nach der richtigen Transformationsstrategie. Transformation wurde aber nicht nur auf der Ebene der Gesellschaftsordnung angestrebt, sondern auch im Kleinen: In der Familie und beim Individuum selbst. Beides gehörte für die Neue Linke zusammen: Veränderung des Selbst zielte auf Transformation der Gesellschaft.
Im Kursbuch wurde die Frage nach dem revolutionären Subjekt in der Dritten Welt und in den Industriemetropolen gestellt und gefragt, wie beide miteinander zu verbinden seien. Enzensberger und Michel publizierten neue und unbekannte Literatur, es wurden aber auch Positionen über Literatur miteinander konfrontiert.
Einige Autoren, darunter die beiden Zeitschriftenmacher selbst, reflektierten über die Wirkung von Literatur und bekamen zu hören, sie hätten diese dadurch getötet. Intellektuelle dachten im Kursbuch über die Rolle von Intellektuellen nach, aber nie zum Selbstzweck, sondern stets auf ein Ziel gerichtet: Und das hieß, je nach Standpunkt, Bewahrung bzw. Schaffung von Demokratie.
Man darf nicht den Schock vergessen, der bei vielen einsetzte, als in Berlin im Juni 1967 ein Student von einem Polizisten erschossen wurde. Die Zeitschrift reagierte mit einer Sondernummer, die unter dem Titel "Der nicht erklärte Notstand" im April 1968 erschien, im Monat des Attentats auf einen weiteren, diesmal sehr bekannten Studenten.
Dass die Zeitschrift stets eine radikal internationale Perspektive einnahm, nicht nur in der Wahl der Themen oder Beiträge, sondern auch in dem Versuch, so etwas wie eine Weltwahrnehmung zu etablieren, lag an ihrem Herausgeber.
Denn es war Hans Magnus Enzensberger, der von Beginn seiner Laufbahn als Essayist, Herausgeber, Schriftsteller, Literaturvermittler und Intellektueller darauf aus war, die Republik wenn nicht über den nationalen Tellerrand zu schubsen, so doch zumindest ihr den Blick darüber hinweg zu ermöglichen. Er war weniger in der Frankfurter Redaktionsstube als auf Reisen: Immer auf der Suche nach neuen Autoren, Texten und Themen.
Diese Freiheit ermöglichte ihm sein kongenialer Redakteur Karl Markus Michel, der derweil die Arbeit aus Frankfurt erledigte. Die beiden schafften es, eine Grundstruktur im Kursbuch zu etablieren, die gegen jegliche ideologische Erstarrung gefeit war. Egal ob zu Kuba oder zur Frage nach dem richtigen Protest: Häufig wurden in einer Ausgabe zu einem Thema mehrere Positionen präsentiert. Auf die Reden Fidel Castros etwa folgte Enzensbergers Abrechnung mit der Kommunistischen Partei Kubas.
Nach der Zeit im Suhrkamp Verlag erschien die Zeitschrift im Kursbuch Verlag, im Rotbuch Verlag, bei Rowohlt und im Zeit Verlag. Nummer 170 kommt jetzt, nach einer Pause von über dreieinhalb Jahren, im Hamburger Murmann Verlag heraus.
Zu den Autoren zählten unter zahlreichen anderen Peter Schneider, Herbert Marcuse, Martin Walser, Samuel Beckett, Klaus Roehler, Claude Lévi-Strauss oder Tadeusz Różewicz. Sein erster Verleger war Siegfried Unseld, Leiter des Suhrkamp Verlags. Sein Redakteur Karl Markus Michel. Erster Herausgeber und Erfinder Hans Magnus Enzensberger. Die Rede ist natürlich vom Kursbuch.
Man übertreibt nicht, wenn man sagt, dass diese Zeitschrift die bundesdeutsche 68er Bewegung orientierte, eine breite linke Leserschaft faszinierte und die internationalen Protestbewegungen koordinierte. Das Kursbuch war so etwas wie ein Sammelbecken für die brennenden Themen und entscheidenden Intellektuellen seiner Zeit.
Von der Gründung der Zeitschrift 1965 bis zu ihrer Trennung vom Suhrkamp Verlag 1970 begleitete sie Aufstieg und Zerfall der bundesdeutschen 68er Bewegung. Das Kursbuch war kein Bewegungsorgan, aber die Bewegung reflektierte sich in ihm. Kein Wunder, wenn man Revue passieren lässt, um welche Themen es in ihm ging: Es gab Berichte über die internationalen Protest- und Befreiungsbewegungen, und es gab Texte der globalen Protestakteure selbst.
Es ging um Selbstbestimmung und die Frage nach der richtigen Transformationsstrategie. Transformation wurde aber nicht nur auf der Ebene der Gesellschaftsordnung angestrebt, sondern auch im Kleinen: In der Familie und beim Individuum selbst. Beides gehörte für die Neue Linke zusammen: Veränderung des Selbst zielte auf Transformation der Gesellschaft.
Im Kursbuch wurde die Frage nach dem revolutionären Subjekt in der Dritten Welt und in den Industriemetropolen gestellt und gefragt, wie beide miteinander zu verbinden seien. Enzensberger und Michel publizierten neue und unbekannte Literatur, es wurden aber auch Positionen über Literatur miteinander konfrontiert.
Einige Autoren, darunter die beiden Zeitschriftenmacher selbst, reflektierten über die Wirkung von Literatur und bekamen zu hören, sie hätten diese dadurch getötet. Intellektuelle dachten im Kursbuch über die Rolle von Intellektuellen nach, aber nie zum Selbstzweck, sondern stets auf ein Ziel gerichtet: Und das hieß, je nach Standpunkt, Bewahrung bzw. Schaffung von Demokratie.
Man darf nicht den Schock vergessen, der bei vielen einsetzte, als in Berlin im Juni 1967 ein Student von einem Polizisten erschossen wurde. Die Zeitschrift reagierte mit einer Sondernummer, die unter dem Titel "Der nicht erklärte Notstand" im April 1968 erschien, im Monat des Attentats auf einen weiteren, diesmal sehr bekannten Studenten.
Dass die Zeitschrift stets eine radikal internationale Perspektive einnahm, nicht nur in der Wahl der Themen oder Beiträge, sondern auch in dem Versuch, so etwas wie eine Weltwahrnehmung zu etablieren, lag an ihrem Herausgeber.
Denn es war Hans Magnus Enzensberger, der von Beginn seiner Laufbahn als Essayist, Herausgeber, Schriftsteller, Literaturvermittler und Intellektueller darauf aus war, die Republik wenn nicht über den nationalen Tellerrand zu schubsen, so doch zumindest ihr den Blick darüber hinweg zu ermöglichen. Er war weniger in der Frankfurter Redaktionsstube als auf Reisen: Immer auf der Suche nach neuen Autoren, Texten und Themen.
Diese Freiheit ermöglichte ihm sein kongenialer Redakteur Karl Markus Michel, der derweil die Arbeit aus Frankfurt erledigte. Die beiden schafften es, eine Grundstruktur im Kursbuch zu etablieren, die gegen jegliche ideologische Erstarrung gefeit war. Egal ob zu Kuba oder zur Frage nach dem richtigen Protest: Häufig wurden in einer Ausgabe zu einem Thema mehrere Positionen präsentiert. Auf die Reden Fidel Castros etwa folgte Enzensbergers Abrechnung mit der Kommunistischen Partei Kubas.
Nach der Zeit im Suhrkamp Verlag erschien die Zeitschrift im Kursbuch Verlag, im Rotbuch Verlag, bei Rowohlt und im Zeit Verlag. Nummer 170 kommt jetzt, nach einer Pause von über dreieinhalb Jahren, im Hamburger Murmann Verlag heraus.