"Toller PR-Kniff von interessierter Seite"
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Die angebliche Lohnlücke von 20 Prozent ist heikel, findet der Journalist Nikolaus Blome. Denn die Berechnung beziehe auch mit ein, dass mehr Frauen in Teilzeit arbeiten als Männer. Das Problem liegt für Blome eher in der Bezahlung nach Dienstalter.
Der Journalist Nikolaus Blome hält den Equal Pay Day für einen "tollen PR-Kniff der interessierten Seite, die Stimmung machen möchte für eine veränderte Lohnentwicklung". Die oft zitierte Lohnlücke von 20 Prozent sei heikel, denn die Berechnung beruhe darauf, dass mehr Frauen Teilzeit arbeiten als Männer. Sie integriere zudem "auch den Umstand, dass Frauen – warum auch immer – in Berufen landen, in denen schlechter bezahlt wird." Das könne man gesellschaftlich versuchen zu ändern, aber das habe zunächst nichts mit dem Geschlecht der Angestellten zu tun.
Für Blome liegt das Problem eher daran, dass sich die Bezahlung oftmals am Dienstalter orientiere. "Und wer hat natürlich weniger Dienstjahre auf der Uhr? Das sind Frauen, weil sie ausgestiegen sind, um Kinder zu kriegen."
Blome sieht Tarifparteien in der Pflicht
Er finde es grotesk, dass Leute, die dieselbe Arbeit machen und nur unterschiedlich alt sind, automatisch unterschiedlich viel verdienen. "Das finde ich, sollte man dringend ändern. Das könnten die Tarifpartner jederzeit machen, sie müssten nur ihre Tarifverträge entsprechend anpassen." Dass in einer Gesellschaft verschiedene Gruppen unterschiedlich viel verdienen, das finde er a priori nicht verwerflich.
Blome kritisierte die Bundesregierung für ihre Gesetzgebung zur gleichen Bezahlung. "Mehr Show und heiße Luft geht eigentlich nicht, weil der Staat daran fast nichts ändern kann. Das müssten die Tarifparteien tun. Die könnten es – und verstecken sich hinter diesem Gesetz."
Frauen für besser bezahlte Berufe begeistern
Außerdem müsste man Frauen für andere, besser bezahlte Berufe begeistern. Maschinenbauer etwa verdienten blendend, egal ob es sich um Frauen oder Männer handelt. "Es sind nur verdammt wenige Frauen offenkundig bereit, willens oder haben das Interesse, Maschinenbau zu studieren. Und warum das so ist, das weiß ich auch nicht."
Das unterschiedliche Verhalten von Frauen und Männern bei der Berufswahl habe nun einmal Folgen, so der frühere stellvertretende Chefredakteur der Bild-Zeitung. Man müsse also vorne anfangen und den Frauen raten, sich anders zu verhalten. Dann würden auch die Folgen anders ausfallen. "Wenn sie an den Folgen etwas verändern ohne vorne am Verhalten etwas geändert zu haben, das kann nicht funktionieren", so Blome.
Trotzdem könne die Lohnlücke verkleinert werden, sagt Blome. "Jeder deutsche Tarifvertrag könnte sofort sagen: Dienstjahre sind nicht mehr ausschlaggebend für die Höhe der Bezüge, sondern Qualität." Tatsächlich sei es aber so, dass eine Frau, die drei Jahre ausgestiegen ist, bei ihrer Rückkehr weniger verdient als ein Mann, der am Arbeitsplatz geblieben sei. "Das ist ungerecht und das könnte man ändern – nur der Staat kann es halt nicht."
(mak)