"Er würde es möglicherweise lebend nicht wieder verlassen"
Ex-Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye hat dunkelhäutigen WM-Touristen geraten, bestimmte Regionen Brandenburgs zu meiden. Dies könnte lebensgefährlich sein, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland".
Jörg Degenhardt: Deutschland möchte als Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft eine gute Figur machen. Gar nicht so einfach. In italienischen Zeitungen war die letzten Tage vom Rassismusalarm in Berlin die Rede, von Nazis, die die WM zerstören wollten. Anlass für diese Schlagzeilen: der Überfall auf einen italienischen Eisverkäufer. Die Umstände der Tat werden noch geklärt. Aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass Neonazis zuschlagen. "Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland" ist ein Verein, der von Uwe-Karsten Heye, Paul Spiegel und Michel Friedman im August 2000 gegründet wurde, um gegen rechte Gewalt aktiv zu werden und für ein weltoffenes Deutschland einzutreten. Und der ehemalige Sprecher der Regierung Schröder, Uwe-Karsten Heye ist jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Heye.
Uwe-Karsten Heye: Ich grüße Sie herzlich, Herr Degenhardt.
Degenhardt: Sind wir denn letztendlich hilflos gegen Übergriffe von rechtsaußen, die ein ganzes Land in Verruf bringen?
Heye: Nein, wir sind nicht hilflos. Allerdings müssen wir uns darauf besinnen, dass wir die Arbeit zu leisten haben, die ja zu leisten ist gegen das Aufflammen von Neonazismus und nicht, dass wir es den Opfern überlassen, darüber nachzudenken, wie sie sich zur Wehr setzen können. Etwa der Afrikarat, der deutlich gemacht hat, dass es offenbar ganz bestimmte Gegenden, nicht nur in Brandenburg, auch in Sachsen gäbe es sie und auch anderswo, wo sich ein Schwarzafrikaner oder Afroeuropäer nicht hintrauen sollte und man ihm auch nicht raten kann, hinzugehen.
Degenhardt: Haben denn nach ihren Beobachtungen fremdenfeindliche Übergriffe zugenommen?
Heye: Die Bereitschaft wegzusehen hat zugenommen. Und damit macht man es den Tätern leichter. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir, was die Politik angeht, endlich aufhören müssen, diese Vorgänge zu bagatellisieren, klein zu reden, am Ende den Opfern auch noch die Schuld zu geben, dass sie durchgeprügelt oder schwer verletzt worden sind. Ich glaube, dass es notwendig ist, lokale Bündnisse zu schließen, an denen Kirchen, Schulen, Polizei und vor allen Dingen die Eltern beteiligt sind. Denn Elternarbeit scheint mir das Wichtige zu sein, oder mindestens so wichtig zu sein, wie die Arbeit mit den jungen Schülerinnen und Schülern. Denn es wird keiner als Neonazi geboren. Der wird dazu gemacht und ganz offenkundig haben Eltern hier auch einen Anteil, den sie erkennen müssen und den man gemeinsam erkennen muss.
Degenhardt: Aber diese lokalen Bündnisse, von denen Sie gesprochen haben Herr Heye, die gibt es doch schon seit geraumer Zeit, auch gerade, um ein Beispiel zu nennen, in Brandenburg. Warum zeitigen diese Aktionen bisher so relativ wenig Erfolg?
Heye: Ich glaube nicht, dass sie weniger Erfolg zeigen, sondern sie zeigen Erfolg, aber wir sind damit ja nicht schon am Ziel unserer Möglichkeiten und Wünsche. Ich erinnere, dass in Brandenburg kürzlich eine Untersuchung aufgelegt worden ist aus dem zuständigen Ministerium, in dem deutlich gemacht worden ist, dass die Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund an Schulen zurückgegangen sind. Wir haben als "Gesicht zeigen!" an den Brandenburger Schulen mitgearbeitet, das zu erreichen, indem wir beispielsweise Projekte gemacht haben wie "Besuche im anderen Leben".
Wir haben an bestimmte Schulen Brandenburgs das erste Mal "einen Ausländer" den staunenden Schülern gezeigt, der hier die deutsche Staatsangehörigkeit hat aber einen Hintergrund, der aus einer anderen Kultur kam. Und dann haben wir diese Schülerinnen und Schüler eingeladen, nach Berlin zu kommen, wo der Betreffende arbeitet und sein Leben macht. Und auf diese Weise sich gegenseitig kennen zu lernen, das heißt aus diesen theoretischen Begrifflichkeiten herauszukommen und Menschen zu zeigen und mit Menschen umzugehen und Menschen zu erinnern, wenn es darum geht, dass ein Schüler mit der Frage konfrontiert wird, gehe ich gegen Ausländer vor oder nicht. Ich glaube er ist immunisierter, wenn er eine Vorstellung davon hat, gegen wen er eigentlich vorgeht.
Degenhardt: Dann machen wir es zum Schluss noch mal ganz praktisch. Herr Heye, was raten Sie einem Fußballtouristen zum Beispiel aus Togo oder der Elfenbeinküste, sollen die bestimmte Gegenden in Deutschland einfach meiden?
Heye: Jedenfalls sollten sie sich da keinem Experiment aussetzten. Ich glaube, es gibt kleinere und mittlere Städte in Brandenburg und auch anderswo, wo ich keinem raten würde, der eine andere Hautfarbe hat, hinzugehen. Er würde es möglicherweise lebend nicht wieder verlassen.
Degenhardt: Uwe-Karsten Heye war das im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Er ist Mitbegründer der Aktion "Gesicht zeigen!". Ich bedanke mich für das Gespräch.
Uwe-Karsten Heye: Ich grüße Sie herzlich, Herr Degenhardt.
Degenhardt: Sind wir denn letztendlich hilflos gegen Übergriffe von rechtsaußen, die ein ganzes Land in Verruf bringen?
Heye: Nein, wir sind nicht hilflos. Allerdings müssen wir uns darauf besinnen, dass wir die Arbeit zu leisten haben, die ja zu leisten ist gegen das Aufflammen von Neonazismus und nicht, dass wir es den Opfern überlassen, darüber nachzudenken, wie sie sich zur Wehr setzen können. Etwa der Afrikarat, der deutlich gemacht hat, dass es offenbar ganz bestimmte Gegenden, nicht nur in Brandenburg, auch in Sachsen gäbe es sie und auch anderswo, wo sich ein Schwarzafrikaner oder Afroeuropäer nicht hintrauen sollte und man ihm auch nicht raten kann, hinzugehen.
Degenhardt: Haben denn nach ihren Beobachtungen fremdenfeindliche Übergriffe zugenommen?
Heye: Die Bereitschaft wegzusehen hat zugenommen. Und damit macht man es den Tätern leichter. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir, was die Politik angeht, endlich aufhören müssen, diese Vorgänge zu bagatellisieren, klein zu reden, am Ende den Opfern auch noch die Schuld zu geben, dass sie durchgeprügelt oder schwer verletzt worden sind. Ich glaube, dass es notwendig ist, lokale Bündnisse zu schließen, an denen Kirchen, Schulen, Polizei und vor allen Dingen die Eltern beteiligt sind. Denn Elternarbeit scheint mir das Wichtige zu sein, oder mindestens so wichtig zu sein, wie die Arbeit mit den jungen Schülerinnen und Schülern. Denn es wird keiner als Neonazi geboren. Der wird dazu gemacht und ganz offenkundig haben Eltern hier auch einen Anteil, den sie erkennen müssen und den man gemeinsam erkennen muss.
Degenhardt: Aber diese lokalen Bündnisse, von denen Sie gesprochen haben Herr Heye, die gibt es doch schon seit geraumer Zeit, auch gerade, um ein Beispiel zu nennen, in Brandenburg. Warum zeitigen diese Aktionen bisher so relativ wenig Erfolg?
Heye: Ich glaube nicht, dass sie weniger Erfolg zeigen, sondern sie zeigen Erfolg, aber wir sind damit ja nicht schon am Ziel unserer Möglichkeiten und Wünsche. Ich erinnere, dass in Brandenburg kürzlich eine Untersuchung aufgelegt worden ist aus dem zuständigen Ministerium, in dem deutlich gemacht worden ist, dass die Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund an Schulen zurückgegangen sind. Wir haben als "Gesicht zeigen!" an den Brandenburger Schulen mitgearbeitet, das zu erreichen, indem wir beispielsweise Projekte gemacht haben wie "Besuche im anderen Leben".
Wir haben an bestimmte Schulen Brandenburgs das erste Mal "einen Ausländer" den staunenden Schülern gezeigt, der hier die deutsche Staatsangehörigkeit hat aber einen Hintergrund, der aus einer anderen Kultur kam. Und dann haben wir diese Schülerinnen und Schüler eingeladen, nach Berlin zu kommen, wo der Betreffende arbeitet und sein Leben macht. Und auf diese Weise sich gegenseitig kennen zu lernen, das heißt aus diesen theoretischen Begrifflichkeiten herauszukommen und Menschen zu zeigen und mit Menschen umzugehen und Menschen zu erinnern, wenn es darum geht, dass ein Schüler mit der Frage konfrontiert wird, gehe ich gegen Ausländer vor oder nicht. Ich glaube er ist immunisierter, wenn er eine Vorstellung davon hat, gegen wen er eigentlich vorgeht.
Degenhardt: Dann machen wir es zum Schluss noch mal ganz praktisch. Herr Heye, was raten Sie einem Fußballtouristen zum Beispiel aus Togo oder der Elfenbeinküste, sollen die bestimmte Gegenden in Deutschland einfach meiden?
Heye: Jedenfalls sollten sie sich da keinem Experiment aussetzten. Ich glaube, es gibt kleinere und mittlere Städte in Brandenburg und auch anderswo, wo ich keinem raten würde, der eine andere Hautfarbe hat, hinzugehen. Er würde es möglicherweise lebend nicht wieder verlassen.
Degenhardt: Uwe-Karsten Heye war das im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Er ist Mitbegründer der Aktion "Gesicht zeigen!". Ich bedanke mich für das Gespräch.