Grimme-Preis trotz Strafanzeigen
Für sein Erdogan-Schmähgedicht erntet TV-Moderator Jan Böhmermann Strafanzeigen. Die Staatsanwaltschaft Mainz hat Ermittlungen aufgenommen. Davon unberührt bleibt die Entscheidung des Grimme-Instituts, ihn für die Stinkefinger-Persiflage auszuzeichnen.
Der Streit um die Erdogan-Satire von Jan Böhmermann geht weiter. Bei der Staatsanwaltschaft Mainz sind nach eigenen Angaben rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen aus Deutschland eingegangen. Die Behörde hat Ermittlungen aufgenommen. Es gehe um den möglichen Verstoß gegen Paragraf 103 des Strafgesetzbuches, Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten.
Die Staatsanwaltschaft werde zur Beweissicherung einen Mitschnitt des in der Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragenen Schmähgedichts anfordern, sagte Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler der Nachrichtenagentur AFP. Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe geahndet werden, bei verleumderischer Absicht sogar mit bis zu fünf Jahren Haft.
Am Donnerstag gingen außerdem auch Anzeigen gegen Verantwortliche des ZDF eing. Diese würden ebenfalls geprüft, bestätigte die Staatsanwaltschaft Mainz.
Auch in der Türkei hat der Satiriker offenbar einige Reaktionen hervorgerufen. Nach Angaben mehrerer Medien haben einige Menschen Eier auf das Studio des Senders in Istanbul geworfen.
Twitter-Reaktionen auf die Satire
Der ZDF-Moderator hatte sich in seiner Senduung "Neo Magazin Royale" über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan lustig gemacht. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich in die Debatte eingemischt und Böhmermanns Äußerungen "bewusst verletzend" genannt.
Allerdings gab es auch Kritik an der Entscheidung des ZDF, Böhmermanns Beitrag aus der Mediathek zu löschen. Der medienpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Harald Petzold, kündigte in der "Welt" an, eine förmliche Beschwerde beim ZDF einzulegen: "Wir werden nachfragen und gegen die Löschung des Beitrags protestieren."
Der Satiriker Martin Sonneborn bezeichnete es als bezeichnend für den Umgang mit Satire, dass Böhmermanns Beitrag in der Mediathek gelöscht worden sei. Er habe sich "vergleichsweise harmlos mit Erdogan beschäftigt", sagte der frühere Chefredakteur von "Titanic", der mittlerweile als Abgeordneter im EU-Parlament sitzt.
Grimme-Institut ändert seine Entscheidung nicht
Während der Erdogan-Aufreger Böhmermann Kritik beschert, wird er für einen anderen Aufreger ausgezeichnet. Für seinen satirischen Umgang mit dem angeblich gefälschten Mittelfinger des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis wird er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Das Grimme-Institut in Marl erklärte, es werde an seiner Einladung zur Preisverleihung festhalten.
mau