Erfahrungen einer Kassiererin

Das tägliche MeToo im Supermarkt

06:52 Minuten
Die Mitarbeiterin eines Biomarktes trägt an der Kasse einen Mund-Nasen-Schutz, hat aber trotzdem am Tag sehr viele Kontakte.
Eine Kassiererin an einer Supermarktkasse: Viele Frauen wüssten nicht, wie sie sich wehren können, da die Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes groß sei, sagt Maurike Maßen. © picture alliance / dpa / Frank Molter
Maurike Maaßen im Gespräche mit Nicole Dittmer |
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Sexuelle Belästigung ist für viele Beschäftigte im Supermarkt Alltag. Oft würde das totgeschwiegen, sagt Kassiererin und Betriebsrätin Maurike Maaßen. Es brauche endlich Aufklärungsarbeit, fordert sie.
Senta Berger kritisierte in einem Interview mit der Wochenzeitung "Zeit", dass die MeToo-Debatte zu sehr in intellektuellen Kreisen geführt würde. Ihr fehle der Bezug zur Wirklichkeit. Es werde zu viel über Schauspielerinnen gesprochen und "zu wenig über Putzfrauen oder Busfahrerinnen", so die Schauspielerin.
Maurike Maaßen arbeitet bei Netto in Altenessen als Kassiererin und ist Betriebsrätin. Sie gibt Senta Berger Recht. Im Arbeitsalltag von Kassiererinnen spiele sexuelle Belästigung und das Ausnutzen von Machtverhältnissen immer wieder eine Rolle. Viele Kolleginnen würden sich aus Angst um den Arbeitsplatz nicht trauen, sich zu wehren.

Bewusstsein für Übergriffe schaffen

"Wir Kassiererin sind neuerdings relativ gut geschützt, dadurch dass wir in diesen Kästen sitzen. Aber wir haben bei uns natürlich relativ viele Kollegen, die auch auf der Fläche arbeiten und Regale räumen. Da kommt es schon immer wieder zu Übergriffen", berichtet Maaßen. Auch nehme die Aggressivität der Kunden zu.
"Letztens hat eine Kollegin Regale gepackt. Da hat ein Kunde, anstatt zu sagen: 'Können Sie bitte mal kurz an die Seite gehen. Ich möchte an das Regal' - sich regelrecht an sie gedrückt und sich dann von oben was aus dem Regal gegriffen." Auch Witze über Sexualität müssten sich Kassiererinnen von Kunden oft anhören. So etwas sei kein Versehen.

Es braucht Aufklärungsarbeit

"Bei mir an der Kasse macht das keiner", so Maaßen. Sie trete anders auf und wehre sich verbal. "Es ist mein Leben, das ich mir nicht kaputtmachen lasse - von niemandem. Ich werde mich mit Sicherheit auch nicht von irgendjemandem anmachen lassen." Aber es gebe auch viele Kolleginnen, die nicht wüssten, was sie tun sollen.
Deswegen brauche es Aufklärungsarbeit, fordert Maaßen, auch unter ihren Kolleginnen. Man müsse Frauen bewusst machen, wo ein Übergriff beginne, auch wenn er nur verbal sei. Denn oft würden verbale Angriffe kleingeredet.
"Dann muss man die Kollegen auch dahingehend schulen, dass sie wissen, wie sie sich wehren können und dürfen, ohne Angst um ihren Arbeitsplatz haben zu müssen", fordert Maaßen.
Aktuell würden Übergriffe immer noch totgeschwiegen. "Es müsste eigentlich noch viel mehr drüber gesprochen werden. Es müsste auch viel mehr gehandelt werden. Es müsste auch aus Richtung der Politik gehandelt werden, wo überhaupt nichts kommt."
(nho)
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