Das Saxofon brachte ihm Ruhm und Missgunst
Kein anderes Instrument kommt der menschlichen Stimme so nahe wie das Saxofon. Adolphe Sax hat es Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt - und kurzerhand nach sich selbst benannt. Geboren wurde der belgische Erfinder vor 200 Jahren.
"Nach meiner Ansicht beruht der besondere Wert [der Saxofone] in der verschiedenartigen Schönheit ihres Ausdrucks: bald feierlich-ernst und ruhig, bald leidenschaftlich, dann träumerisch oder melancholisch wie ein abklingendes Echo oder wie die unbestimmten Klagen des Wehens im Walde [...]. Kein anderes mir bekannte Musikinstrument besitzt diesen seltsamen Klang, der bis an die Grenzen der Stille geht."
So der Komponist Hector Berlioz über das Saxofon, die Erfindung eines jungen Belgiers namens Adolphe Sax. Bei dem Versuch die Klarinette zu optimieren, hatte er dieses völlig neue Instrument geschaffen:
"Ein Instrument, das im Charakter seiner Stimme den Streichinstrumenten nahekommt, aber mehr Kraft und Intensität besitzt als diese",
hieß es in Sax' Patentantrag von 1846.
Mehrere Unfälle überlebt
Adolphe Sax wurde am 6. November 1814 im belgischen Dinant als Sohn eines Blasinstrumentenbauers geboren. "Den Unsterblichen" tauften ihn die Nachbarn, weil er als Kind eine ungewöhnliche Folge von Unfällen überlebt hatte: Er stürzte schwer im Treppenhaus, verschluckte eine Stecknadel, wäre fast im Fluss ertrunken, an einem Schluck Vitriol gestorben und in den Dämpfen der väterlichen Werkstatt erstickt. Seine Lebenskraft und Entdeckerfreude konnte dies jedoch nicht mindern. Schon in seiner Jugend ein begnadeter Klarinettist, setzte er bald alles daran, die Tonqualität vieler Instrumente zu verbessern.
Mehr als 30 Erfindungen ließ er im Laufe seines Lebens patentieren: darunter sogar eine Dampforgel, eine Signalanlage für die Eisenbahn, eine (Super-)Kanone und einen Apparat zur Lungengymnastik. All das ist längst vergessen - bis auf das Saxofon. In Paris suchte er damit sein Glück zu finden.
1845 empfahl Sax sein Instrument der königlichen Familie zur Aufnahme in die Militärorchester. Daraufhin rief König Louis Philippe einen Wettstreit zwischen einer herkömmlichen und einer mit Sax-Instrumenten ausgestatteten Militärkapelle aus. Ein gewaltiges Spektakel auf dem Champ de Mars, dem 25.000 Besucher beiwohnten.
Das Saxofon konnte sich nicht nur besser gegen die Trompeten und Posaunen behaupten als die leiseren Holzblasinstrumente wie Oboe und Fagott. Mit seinem Metallkorpus erwies es sich auch als robuster gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen als seine wetterfühligen Kollegen aus Holz. Das Saxofon bekam fortan einen festen Platz in der Militärmusik und sein Erfinder Sax das Monopol auf dessen Bau. Doch der Erfolg seiner Firma brachte die Neider auf den Plan:
"Ich beklage, dass ich nur einige Stunden des Friedens in einem von Sorge verschlungenen Leben erreichen konnte",
schrieb Sax 1867, 20 Jahre vor seinem Tod.
Verarmt und nahezu vergessen starb er in Paris
Immer wieder musste er sich vor Gericht als Erfinder behaupten. Abtrünnige Angestellte verrieten seine Werkstatt-Geheimnisse an die Konkurrenz. Und einige Pariser Instrumentenbauer bildeten gar einen Verein mit dem Ziel der systematischen Verfolgung von Adolphe Sax. Auf dem Höhepunkt ihrer Aktivitäten brachten sie sogar seinen Diener um, der das Pech hatte, seinem Herrn ähnlich zu sehen. Die Orchestermusiker, ebenfalls angestachelt von der Konkurrenz, weigerten sich, seine Instrumente zu spielen. Politische Wirren und der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 leiteten schließlich den Konkurs seiner Firma ein. Bis zu seinem Tod am 7. Februar 1894 in Paris lebte Sax verarmt und nahezu vergessen von einer kleinen Gnaden-Pension.
Es dauerte noch einige Jahrzehnte, bis seine Erfindung weltweit die Musik mit neuen Tönen erfüllen sollte und der Siegeszug des Saxofons begann.