"In Therapie" – Hilft das Reden gegen alles?
45:44 Minuten
Die französische TV-Serie „In Therapie“ bearbeitet in 35 Sitzungen gesellschaftliche Traumata. Wäre solch ein fiktionales Format über Psychotherapie in Deutschland auch denkbar? Wir sprechen mit den Drehbuchautoren Stefan Stuckmann und Lena Krumkamp.
Die israelische Serie "BeTipul" aus dem Jahr 2005 hat schon viele Nachahmer-Formate hervorgebracht. In einigen Ländern ist das simple Format erfolgreich adaptiert worden, das immer dem gleichen Schema folgt: Ein Psychotherapeut oder Analytiker hört den Geschichten der Patientinnen und Patienten zu.
So jetzt auch in Frankreich, wo sich in der Serie "In Therapie" Menschen an den Psychoanalytiker Philippe Dayan (dargestellt von Frédéric Pierrot) wenden. Menschen, in deren Schicksalen sich nicht nur eine persönliche Dimension findet, sondern die sich auch immer wieder um die Erfahrungen nach den islamistischen Anschlägen im November 2015 in Paris erweitern lässt.
Trauma-Erfahrungen auf der Couch
Dass ein großes gesellschaftliches Trauma auf diese Art und Weise aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird – die Chirurgin, der Polizist oder auch der Therapeut selbst geraten wieder und wieder in den Sog der schockierenden Erfahrungen und von dort direkt zu großen Lebensfragen – ist das eigentlich Interessante an dieser Adaption.
Die Gespräche, zwischen Sofa mit Patient drauf und Sessel mit ernst blickendem Therapeuten drin, erzählen von den kleinen Details und Erschütterungen eines Lebens nach den Anschlägen, die neben den großen sichtbaren Dramen meist eher unbeachtet bleiben. Der umfassende kollektive Schmerz, der für eine gewisse Zeit wie ein Magnet alles Erzählen und alle Lebensperspektiven auf sich zieht, ist auch trotz des fiktionalen Erzählens in dieser Serie spürbar.
Therapie in deutschen Serien?
Dass die 35-teilige Serie auf ARTE läuft, bedeutet: Wir können sie auch anschauen. Aber wie ist das eigentlich mit deutschen Serien und dem Thema "Therapie"? Gibt’s da was – und interessiert das überhaupt? Wir werfen mal die These auf, dass es schon einen Zusammenhang gibt zwischen dem eher – im Vergleich mit den USA beispielsweise – immer noch verhaltenen Umgang mit dem Thema Therapie.
Und das könnte sich dann auch auf die Serien-Produktion auswirken oder sich in ihr spiegeln. Deutsche Therapie-Serien sind wenn dann eher spaßig und überspitzt. Ändert die Pandemie etwas daran? Und auch die Tatsache, dass nun, nach bald einem Jahr, doch vermehrt auch auf mögliche psychische Folgen der diversen Lockdown-artigen Situationen hingewiesen wird? Wird die Pandemie auch das Verhältnis der Menschen zu psychischen Erkrankungen und Zweifeln verändern?
Therapierte Drehbücher
Die Drehbuchautorin Lena Krumkamp hat "Komm‘ schon" geschrieben, eine Miniserie über eine Sexualtherapeutin und sitzt derzeit tatsächlich an einem neuen Konzept für eine Therapie-Serie. Der Drehbuchautor Stefan Stuckmann kann uns über die ebenso interessante Figur des "Therapeuten" in der Serien-Geschichte aufklären – und beide wissen, wie eine Therapie auch das eigene Schreiben verändert.