Erfurt

Schwieriger Bau einer Moschee

Suleyman Malik
Suleyman Malik, Sprecher der Erfurter Ahmadiyya-Gemeinde, während einer Bürgerversammlung im Juni 2016 zum geplanten Bau einer Moschee in Erfurt-Marbach. © dpa/picture alliance/Foto: arifoto UG
Von Bernhard Henry |
In Erfurt plant die Ahmadiyya-Gemeinde den Bau einer Moschee. Das Vorhaben ist stark umstritten. Die Proteste der AfD haben die Pläne für den Moschee-Bau bundesweit bekannt gemacht. Die Ahmadiyya-Gemeinde begegnet den Gegenprotesten mit Bürgerversammlungen.
Ibrahim Malik steht auf einem kleinen Teppich. Hinter ihm, auf einem weißen Laken, seine zwei Söhne und ein Student aus Jena. Malik ist der Vorbeter beim Freitagsgebet der Ahmadiyya-Gemeinde in Erfurt. Der Ort: Maliks Wohnzimmer in einem Plattenbau. Im Hintergrund, in der Sofaecke, spielen Maliks Enkel leise mit Lego. Die Frauen beten im Kinderzimmer. Nicht immer ist es so leer in dem kleinen Wohnzimmer. An manchen Freitagen platzt die Wohnung aus allen Nähten, erzählt Ibrahim Maliks Sohn Suleman Malik:
"Wir beten seit fast 20 Jahren im Wohnzimmer unserer Eltern. Ich bin auch hier groß geworden. Das nutzen wir weiterhin, als Gemeinderaum, als Treffpunkt. Und Mittag essen wir dann zusammen, wenn sich einmal die Gemeindemitglieder treffen. Und sie sehen: Die Kapazität, es ist einfach nicht mehr vorhanden, wir brauchen mehr Räumlichkeit, wir brauchen mehr Räume. Deshalb haben wir auch eine Bauvoranfrage gestellt, damit wir eine eigene Moschee bauen können und dort die Aktivitäten, die im Privatraum stattfindet, auch dort stattfindet und die Öffentlichkeit auch davon erfährt, wie Muslime halt leben."
Sie wollen eine Moschee bauen, am Rande von Erfurt, am Rande eines Vororts, im Gewerbegebiet zwischen Technischem Hilfswerk und Feuerwehr, an der Schnellstraße.
"Wir Muslime haben halt ein bisschen Schwierigkeit, wenn es um die Räumlichkeiten und Grundstücke geht. Das ist genauso schwer wie wenn man ein Atomkraftwerk bauen soll!"

Verfolgt in Pakistan

Suleman Malik ist der Sprecher der kleinen Thüringer Ahmadiyya-Gemeinde: 70 Muslime, die nicht alle in Erfurt wohnen. Er sucht die Öffentlichkeit, redet mit jedem, auch mit der AfD, führt Interessierte über die anvisierte Baustelle, gibt Interviews. Vor 16 Jahren ist er mit seiner Mutter aus Pakistan nach Erfurt gekommen. Der Vater hat sie nachgeholt, er musste seine Heimat schon 1989 verlassen, weil die Ahmadiyyas in Pakistan nicht als Moslems anerkannt sind und verfolgt werden.
"Und wir sind schon längst da, es ist unsere Heimat und wir sind hier angekommen; und eine Moschee ist ein Zeichen der Toleranz!"
"Diese Toleranz brauchen wir in Thüringen nicht; diese Toleranz werden wir in Thüringen nicht akzeptieren, liebe Freunde! – Heute tolerant und morgen fremd im eignen Land! Nicht mit uns!"
Auch wenn es ein Slogan des NPD ist – in Erfurt rief ihn Björn Höcke, Landesvorsitzender und Rechtsaußen-Vorposten der AfD, auf einer Demonstration seiner Partei auf dem Erfurter Domplatz, eine Woche nachdem die Ahmadiyya-Gemeinde ihre Baupläne öffentlich gemacht hatte.
"Nein zu Moscheen mit Kuppel und Minarett. Entweder der Islam entschärft sich in Europa oder er wird aus Europa verabschiedet."

Widerstand gegen die Moschee

Wie man eine Religion verabschiedet, erklärt Höcke nicht. Auch nicht auf Nachfrage. Die Moscheebaupläne fast vor der Haustür sind für ihn ein gefundenes Fressen. Im Widerstand gegen die Mosche konkretisiert sich der Kampf der AfD gegen den Islam, der im Osten mangels Muslime oft genug sehr abstrakt ist.
Aber auch abseits parteipolitischer Interessen ist der Widerstand gegen den Moscheebau erheblich. Zu einer Bürgerversammlung, zu der die Ahmadiyya-Gemeinde aufgerufen hatte, kamen Hunderte Einwohner Marbachs, an dessen Rand die Moschee einst stehen soll. In der Diskussion geht es hart auf hart, aber immerhin: Es wird geredet, gestritten. Viele Bürger melden sich zu Wort.
"Ich würde gerne mal die Herren der Ahmadiyya-Gemeinde fragen, wo ihre Frauen sind!? – Ich frage mich nur, warum Menschen aus islamischen und muslimischen Ländern in ein christliches Land flüchten, wenn sie dort verfolgt werden, um hier ihre Sitten und Gebräuche und Kopftücher und Burka mit hierher zu bringen, um dasselbe wieder hier zu erleben!? Denn wenn das verschiedene muslimische Gemeinden sind wie hier diese Scharia-Gemeinde oder Ash… – weiß ich nicht, wie man die ausspricht. Wenn das verschiedene muslimische Gemeinden sind, wenn dann jeder seine Moschee hier baut – haben wir den Krieg der Islamisten dann wieder hier? – Warum, warum befragt man nicht das Volk und lässt das Volk abstimmen, ob es in ihrer Nähe eine Moschee haben will oder nicht!? So, wie es in der Schweiz üblich ist! Dort befragt man das Volk!"
"Grundsätzlich bin ich ein Befürworter solcher plebiszitären Elemente. Ich denke, wir haben viel zu wenige in Deutschland."
Ebenfalls bei der Bürgerversammlung war Professor Harald Dörig. Er wohnt seit 24 Jahren in Marbach und ist Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, zuständig für Asylsachen.
"Allerdings dürfen durch solche Volksabstimmungen Grundrechte nicht ausgehebelt oder beeinträchtigt werden. Also die Mehrheit kann sich nicht durch solche Abstimmungen über die Rechte von Minderheiten hinwegsetzen."

Ahmadiyyas gehören zu den friedlichsten Moslems überhaupt

Am Bundesverwaltungsgericht hat sich Dörig vor zwei Jahren genauer mit der Ahmadiyya-Gemeinschaft und deren Verfolgung beschäftigt. Seine Analyse ergab: Die Ahmadiyyas gehören zu den friedlichsten Moslems überhaupt, ihre Verfolgung ist schwerwiegend. Deshalb begrüßt er, dass gerade sie eine Moschee in Erfurt bauen wollen. Das hat er auch auf der Bürgerversammlung gesagt.
"Ja, auch das gehört zur Religionsfreiheit, dass man seinen Glauben gemeinschaftlich in einem Gebetshaus ausüben kann. Und man muss auch das Recht haben, für seinen Glauben öffentlich zu werben."
"Ich möchte sagen, ich erlebe diese Diskussion als etwas typisch Ostdeutsches. – Ja, Leute, ihr könnt doch nicht die Mauer weg haben wollen und euch dann wundern, dass auch Leute mit muslimischen Glauben zu uns kommen! Das ist doch normal!"
Inzwischen hat sich die die Stimmung etwas abgekühlt. Noch hat die Stadt Erfurt nicht über die Bauvoranfrage entschieden. Aber Suleman Malik, der Gemeindesprecher, wurde vier Tage nach unserem letzten Gespräch in Erfurt auf offener Straße von einem jungen Mann tätlich angegriffen und beschimpft. Er hätte kein Recht hier zu leben und man müsse ihn aufhängen.
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