Der Vater der Raupe Nimmersatt wird 90
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Alle 30 Sekunden wird irgendwo auf der Welt ein Exemplar der "Kleinen Raupe Nimmersatt" verkauft. Erfunden und gezeichnet wurde sie 1969 von dem Deutsch-Amerikaner Eric Carle. Der wird heute 90 Jahre alt – und ist doch immer ein Kind geblieben.
Er liebt die Farben. Die Welt, seine Welt soll leuchten, strahlen, soll Kinderaugen in Farben tauchen lassen. Eric Carle, der Mann, der der Kinderwelt und den erwachsenen Kindern die kleine Raupe Nimmersatt schenkte, er, der Farben so liebt, ärgert sich nur über eines: die Begrenztheit des menschlichen Auges, nicht noch mehr Farben sehen zu können.
Die kleine Raupe Nimmersatt, jene gefräßige Raupe, die sich durch die Buchseiten frisst, Löcher, kinderfingergroße Löcher hinterlässt, um am Ende ein wunderschöner Schmetterling zu werden. Auch so ein Farbspektakel des Mannes, der 1935 als Kind mit seinen deutschstämmigen Eltern aus dem Staat New York zurück ins graubraune Nazideutschland zog. Ein Land, das ihm, dem Kind, damals die Farben aus dem Kopf trieb.
"Ein Buch der Hoffnung"
Die bunte Raupe Nimmersatt - für Eric Carle ein Buch, das Hoffnung geben sollte:
"Neben der Geschichte, den Bildern, der versteckten Pädagogik darin, ist es ein Buch der Hoffnung. Du kannst alles erreichen. Fliegen lernen. Nutze deine Talente", sagte der heute 90-Jährige einst dem amerikanischen Nachrichtensender NPR.
Er nutzte seine Talente. Als Gymnasiast in Stuttgart zeigt ihm ein Lehrer heimlich die von den Nazis verbotenen Bilder von Paul Klee, von anderen sogenannten entarteten Künstlern. Der Beginn seiner Leidenschaft für Kunst. Die Raupe Nimmersatt, die vor 50 Jahren entstand, ein Kunstwerk, auf das er stolz ist.
Übersetzt in über 45 Sprachen. Alle 30 Sekunden wird auf der Welt das Buch seiner berühmtesten Kreatur verkauft. Dabei sollte die Raupe ursprünglich ein dicker fetter Bücherwurm sein: Willy, der Wurm.
"The first version of 'The Very Hungry Caterpillar' was A Week with Willy the Worm'."
Bis heute ist er Kind geblieben
Der Lektorin gefiel der Wurm nicht. Sie schlug eine Raupe vor.
Ein Schmetterling. Gelb übrigens seine Lieblingsfarbe. Sie mache Hoffnung, sagte er mal, sie sei die Sonne. Die bei ihm übrigens wie bei jeder Kinderzeichnung auch stets ein Gesicht bekommt. Carle sagt, seine Bücher seien Mutmacher für Kinder, kleine und erwachsene. Denn erwachsen zu werden, könne ganz schön schwierig sein.
1952 kehrte er nach New York zurück, war Grafiker bei der "New York Times", bevor er seine Liebe zu Kinderbüchern entdeckte. Bis heute ist er Kind geblieben, auch weil er nie vergessen hat, dass er als Kind dachte, niemals erwachsen sein zu können.
Er aber hat es dann irgendwie doch geschafft. Ein erwachsenes Kind zu werden und zu bleiben. Heute wird das Kind Eric Carle 90 Jahre alt.