Der Mann, der Frankreichs Rechte spalten könnte
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Der wortmächtige, rechte Publizist Eric Zemmour schickt sich offenbar an, bei den französischen Präsidentschaftswahlen anzutreten. Seine Ambitionen könnten für ein Erdbeben im rechten Lager sorgen und Marine Le Pen viele Stimmen kosten.
Marine Le Pen in Bedrängnis: Erst verlor die Anführerin der rechten Nationalen Sammlungsbewegung (Rassemblement National) kürzlich die Regionalwahlen, und nun sitzt ihr auch noch ein Konkurrent im Nacken. Knapp ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen bringt sich in Frankreich ein Publizist in Stellung, der sich das hohe Amt offenbar zutraut und dessen Stimme im rechten Spektrum Gewicht hat: Eric Zemmour, Kolumnist der konservativen Zeitung "Le Figaro".
Zemmour sorgt im Frankreich gerade für Schlagzeilen. Der Verlag Albin Michel hat sich von ihm getrennt, die ihn betreuende Lektorin ist zurückgetreten. Zemmour selbst hat noch nicht eindeutig gesagt, dass er Präsident werden will, doch dann tauchten plötzlich und über Nacht Wahlplakate mit seinem Konterfei auf - "angeblich ohne sein Wissen von einer Vereinigung der Freunde von Eric Zemmour geklebt, um ihn dazu zu drängen, seine Kandidatur zu erklären", berichtet der Journalist Dirk Fuhrig, der Politik und Kulturszene in Frankreich beobachtet.
Der Verlag habe dann unter anderem diese Geschichte zum Anlass genommen, um die Zusammenarbeit zu beenden. Begründung: Zemmour sei kein Autor und Schriftsteller mehr, sondern ein Politiker, und das widerspreche der Verlagslinie. "Man kann sagen: Der Verlag hat im letzten Moment die Reißleine gezogen. Es gab wohl intern schon seit Jahren große Proteste gegen ihn", sagt Fuhrig.
In einfachen Verhältnissen aufgewachsen
Zemmour stammt aus einer jüdisch-algerischen Familie und ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Er sei sehr eloquent, könne gut argumentieren und treffe oft den "populistischen Punkt", betont Fuhrig. Zemmour, der rechte, elegante und wortmächtige Essayist, hat außerdem viele einflussreiche Freunde, zum Beispiel Michel Houellebecq, der sich auch direkt auf das Werk von Zemmour bezieht und aus dessen Bestseller "Der französische Selbstmord" zitiert, in dem der Journalist die Einwanderung problematisiert hatte. "Die beiden werden oft in einem Atemzug genannt, sie stehen sich in vielen Punkten nah", sagt Fuhrig.
Noch hat Zemmour seine Ambitionen nicht öffentlich gemacht. Die Plakate mit der Aufschrift "Zemmour Président" wirkten unfreiwillig komisch oder auch "gruselig", wie Fuhrig meint. Zemmour sehe darauf "dämonisch" aus: "Das ist eher abschreckend, als hätten sich Gegner von ihm einen Spaß erlaubt." Doch unterschätzen sollte Marine Le Pen den Mann auf keinen Fall. Wenn er für die Präsidentschaft kandidiere, werde er die Rechte in Frankreich wohl spalten, meint Fuhrig.
Gesprächspartner Audio: Dirk Fuhrig
Text: ahe
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