Erinnerung an die "Liquidatoren" von Tschernobyl

"Ein menschlicher Wahnsinn"

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Eine historische schwarz-weiß-Aufnahme zeigt eine Grupper sogenannter Liquidatoren während der Aufräumarbeiten nach der Katastrophe von Tschernobyl.
Keine richtige Schutzkleidung, aber von der Staatsmacht zu "Helden" erklärt: die Liquidatoren von Tschernobyl. © Imago Images / Eastnews / Russia
Andreas Mühe im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl kommandierte die Sowjetunion Tausende zu Aufräumarbeiten an den Unglücksort ab. Die meisten starben später an Verstrahlung. Der Fotograf Andreas Mühe widmet diesen Menschen nun eine besondere Ausstellung.
Sie waren die ersten, die den Unglücksort in Tschernobyl betraten – jene Menschen, die als so genannte Liquidatoren damit beginnen sollten, die Trümmer der Reaktorkatastrophe vom 26. April 1986 aufzuräumen. Tausende Männer und Frauen wurden von der sowjetischen Staatsmacht dazu beordert, die meisten starben später an den Folgen der massiven Verstrahlung. Der Fotograf Andreas Mühe erinnert an sie mit seiner Ausstellung "Hagiographie Biorobotica" in Berlin.

Lederschürzen und Gummianzüge

Eine "merkwürdige Mensch gewordene Maschine oder eine Maschine gewordener Mensch" sei so ein Liquidator gewesen, sagt Mühe über die Helfer vor Ort. Ausgestattet mit "ein bisschen Blei auf dem Hinterkopf, ein bisschen Blei an den Knien, Lederschürzen und Gummianzügen" musste sie im Sekundentakt an die Arbeit.
Obwohl schnell klar gewesen sei, dass diese dürftige Ausrüstung keinen ausreichenden Schutz vor der nuklearen Strahlung bietet, hat die Staatsmacht sie sogleich zu Helden erklärt, "man musste natürlich den Leuten auch ein gutes Gefühl geben". Insgesamt sei das alles "ein menschlicher Wahnsinn" gewesen.

Stilisierte Aufnahmen der ehemaligen Liquidatoren

In seiner Ausstellung zeigt der Fotograf stilisierte Aufnahmen von Figuren, die mit Hilfe einer Kostümbildnerin so gekleidet wurden wie die damaligen Liquidatoren. Die meisten Schutzanzüge kamen von der Armee kamen, so Mühe. Deshalb seien die Farben auf den Fotografien sehr reduziert.
In gewisser Hinsicht gebe es auch Parallelen zwischen der der Situation damals und dem heutigen Kampf gegen Corona, sagt der Fotograf. "Beide kämpfen gegen eine blinde Gefahr. Es gibt ja in der Strahlung als auch bei Corona keinen klaren Feind."
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