Erinnerung wach halten

Von Margarete Limberg |
In Berlin ist das Ständige Sekretariat der Holocaust Task Force eröffnet worden. Die "Task Force for International Cooperation, Remembrance and Research" setzt sich aus derzeit 25 Mitgliedstaaten, Regierungen und Organisationen zusammen. Ihr Ziel ist es, die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten.
Dass Deutschland unter den 25 Mitgliedstaaten der Internationalen Task Force für die Zusammenarbeit im Bereich des Holocaust-Gedenkens als Standort für das Ständige Sekretariat ausgewählt wurde, war zwar unumstritten, selbstverständlich war es nicht. Der Direktor der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, Avner Shalev hob die symbolische Bedeutung dieser Entscheidung hervor.

Schließlich sei Anfang 1942 nicht weit vom Auswärtigen Amt am Wannsee die sogenannte Endlösung, das heißt die systematische Ermordung der Juden, beschlossen worden. Das sei wohl jedem bewusst, der jetzt an der Eröffnung des Ständigen Sekretariats teilnehme.

Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, bei der das Ständige Sekretariat angesiedelt ist, sieht darin eine Anerkennung der bisher in Deutschland geleisteten Erinnerungs- und Gedenkarbeit:

"Dass das Generalsekretariat in Berlin seinen ständigen Sitz hat, zeigt, wie sehr jenes Epizentrum des Bösen zwischen 1933 und 1945 heute zu einem Zentrum von Toleranz und Aufklärung geworden ist."

Für den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier ergibt sich aus der Errichtung des Büros in Berlin eine ganz besondere Verantwortung:

"Politiker, Wissenschaft und gesellschaftliche Institutionen, ich denke auch Kirchen, vor allem die Bürger wollen auch und gerade durch Zusammenarbeit mit dem ITF unsere Verantwortung annehmen."

Mit der Einrichtung eines Ständigen Sekretariats ist für die Internationale Holocaust Task Force, die vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde, eine institutionelle Absicherung garantiert. Das bedeutet auch, dass das Thema noch auf lange Zeit nicht abgeschlossen werden kann.

Eher ist das Gegenteil der Fall, weil vor allem in einigen Ländern des früheren Ostblocks der Holocaust bisher kaum thematisiert, der Mord an den Juden kaum zur Kenntnis genommen wurde. Die besondere Bedeutung des gerade eröffneten Sekretariats erläutert die Leiterin Kathrin Meyer, die zuvor im OSZE-Büro für Menschenrechte in Warschau einschlägige Erfahrungen sammeln konnte:

"Ich denke, es ist wichtig, dass man das Büro im internationalen Zusammenhang sieht. Es ist die Erinnerungs- und die Erziehungsarbeit im Bereich des Holocaust-Gedenkens in Deutschland sehr viel weiter fortgeschritten als in anderen Ländern und Sinn und Zweck der Organisation ist, das zu ändern, und Unterstützung in dem Bereich zu geben auf internationaler Ebene. Und von daher denke ich schon, dass das Gastland Deutschland mit seiner reichen Kultur diesbezüglich der richtige Standort ist, von wo aus auch internationale Kooperation ausgehen kann."

Die neue Institution kommt mit erstaunlicher Bescheidenheit daher. Das Ständige Sekretariat besteht aus der Leiterin und einer Mitarbeiterin, die Bundesrepublik steuert 150.000 Euro pro Jahr bei, das ist rund die Hälfte der Kosten. Koordinierung der Projektförderung, das Knüpfen von Kontakten und Netzwerken, die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen, die ohne die Hilfe der Task Force auf verlorenem Posten stünden . das sind Schwerpunkte der Aufgaben, die mit einem extrem geringen bürokratischen Aufwand erledigt werden sollen. Es geht in der Regel um kleine und kleinste Projekte. Von oben verordnetes Holocaust- Gedenken sei nicht der richtige Weg, meint Kathrin Meyer:

"Ich denke, es ist wichtig, dass es wirklich auch in den Herzen der Menschen ankommt, und vor allem kleine Initiativen sind näher an den Menschen dran. Von daher ist es wichtig, dass Initiativen, da wo sie existieren, unterstützt werden, und das ist oft in einem sehr kleinen Rahmen. Da ist sehr effektive Arbeit möglich."

Bundesaußenminister Steinmeier, der die deutsche Bewerbung erfolgreich betrieben hat, machte bei der Eröffnung vor allem eines deutlich: dass gemeinsame Erinnerung niemals Relativierung der deutschen Schuld bedeuten kann. Er spricht von einer neuen Erinnerungskultur:

"… indem wir uns vergegenwärtigen, dass in der bitteren Erinnerung an das erlittene Leid ein Moment von Gemeinsamkeit liegen kann. Uns trennt allerdings die Schuld."

Seinmeier machte deutlich, dass auch diese Institution des Holocaust -Gedenkens vor großen neuen Herauforderungen steht: neuen Formen des Antisemitismus in einer Ressentiment geladenen oder islamistischen Ausprägung zu begegnen und neue Formen und Wege der Erinnerungs- und Bildungsarbeit zu finden in einer Zeit, da die unmittelbaren Zeitzeugen immer weniger werden.