Erklärreihe

Die jüdische Orthodoxie

Ultra-Orthodoxe Juden auf dem Olivenberg in der südöstlichen Altstadt von Jerusalem
Ultra-Orthodoxe Juden auf dem Olivenberg in der südöstlichen Altstadt von Jerusalem © picture alliance / dpa / Foto: epa Jim Hollander
Von Yael Kornblum |
Ob modern oder ultra-orthodox - bis zum 18. Jahrhundert gab es gar keine Auswahlmöglichkeiten der jüdischen Religiosität. Das wortgetreue Befolgen der Torah sowie aller überlieferten jüdischen Gesetze einte die Gläubigen.
Die jüdische Orthodoxie ist keine einheitliche religiöse Strömung, denn zu ihr gehören neben der modernen auch die ultra-orthodoxe sowie die chassidische Bewegung. Darüber hinaus gibt es auch essenzielle Unterschiede zwischen aschkenasischen, also osteuropäisch geprägten, und sephardischen, also orientalischen, Orthodoxen. Ihnen allen gemein sind jedoch einige Prinzipien. Der Grad an Observanz ist stets ähnlich, unterschiedlich sind jeweils Fragen zu bestimmten Details. Das wortgetreue Befolgen der Torah sowie aller überlieferten jüdischen Gesetze eint sie, während insbesondere das Verhältnis zur säkularen Umwelt sowie zum Staat Israel große Unterschiede aufweisen.
Warten auf den Messias
Die Essenz der Orthodoxie wird in den 13 Glaubensartikeln des Maimonides zusammengefasst und hat sich seitdem nicht verändert. Danach ist die mündliche und schriftliche Torah wörtlich wahr. Sie ist g'ttlichen Ursprungs und wurde Moses am Berg Sinai überreicht. Der Schöpfer weiß um all unsere Vorhaben und Taten. Die Guten wird er belohnen, die Schlechten wird er strafen. Die Ankunft des Messias wird täglich erwartet. An diesen Prinzipien scheiden sich die Geister des Judentums. Ist die Torah wörtlich zu verstehen und zu befolgen? Es ist gleichsam die "Abendmahlsfrage" der Juden, deren Antwort festlegt, zu welcher religiösen Strömung man gehört.
Historisch gesehen gibt es keine Orthodoxie
Der Begriff der Orthodoxie zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Religiosität unter Juden ist relativ neu. Historisch gesehen gibt es keine Orthodoxie. In den vergangenen Jahrtausenden konnte man entweder mehr oder weniger observant sein. Aber "orthodox", also auf althergebrachte Art und Weise sein Judentum zu praktizieren, gab es nicht. Es gab schlicht keine Auswahlmöglichkeiten, denn diese entstanden allesamt erst im 18. und 19. Jahrhundert. In diese Zeit fällt der erste Gebrauch des Terminus "orthodox" als Differenzierung von anderen neuen Strömungen. Diejenigen, die sich nun als orthodox bezeichneten, drückten damit aus: Wir machen einfach so weiter wie bisher!
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