"Keine illegalen Geheimnisse schützen"
Das Recherchenetzwerk Correctiv hat den CumEx-Skandal aufgedeckt. Jetzt ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen den Correctiv-Chefredakteur wegen Verrat von Geschäftsgeheimnissen. Der Vorwurf sei absurd, sagt Journalist und Jurist Heribert Prantl.
Der Journalist und Jurist Heribert Prantl geht davon aus, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen das Recherchezentrum Correctiv einstellen wird wegen unzureichender Anhaltspunkte. "Es dürfen keine Ermittlungsmaßnahmen gegen den Chefredakteur und es dürfen keine Durchsuchungen stattfinden", sagt Prantl.
Correctiv: "Dieser Vorwurf ist absurd"
Die Correctiv-Redaktion hatte zuvor in einem Offenen Brief mitgeteilt, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen ihren Chefredakteur Oliver Schröm ermittelt wegen des Verdachts auf Anstiftung zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen.
"Dieser Vorwurf ist absurd: Oliver Schröm hat seine Arbeit als Journalist gemacht und einen erheblichen Misstand in unserer Gesellschaft aufgedeckt", heißt es in dem Brief. Schröm hatte die Correctiv-Recherchen zu den sogenannten Cum-Ex-Geschäften geleitet, die in diesem Oktober veröffentlicht worden waren. Das Recherchezentrum deckte auf, dass mit Aktiendeals und Steuertricks dem Fiskus in Deutschland und weiteren Ländern ein Schaden entstand von mehr als 55 Milliarden Euro.
"Es geht nicht an, dass illegale Geheimnisse vom Staat und vom Recht geschützt werden", sagt Prantl. "Die Cum-Ex-Geheimnisse sind verbrecherische Geheimnisse." Dennoch sei derzeit keine Gefährdung der Pressefreiheit zu erkennen. Denn die Staatsanwaltschaft Hamburg habe lediglich ein Ermittlungsverfahren aus der Schweiz übernommen. Das sei ein routinemäßiger Vorgang. Prantl sagt: "Ich gehe davon aus, dass die vernünftige Prüfung der Sach- und Rechtslage jetzt stattfindet."
Prantl: "Das wäre ein Schaden für das Gemeinwesen"
Doch allein dass die Hamburger Staatsanwaltschaft nun ermittelt, könnte als Einschüchterungsversuch gesehen werden, sagt Prantl. "Es geht darum, dass Recherchekollektive wie Correctiv Whistleblower brauchen. Also Informanten, die ihnen Tipps geben. Wenn diese Informanten befürchten müssen, dass sie auf die Art und Weise aufgedeckt werden, dann werden sie keine heiklen Informationen mehr an Journalisten weitergeben. Das wäre ein Schaden für das Gemeinwesen."
Unterdessen will der Bundestag am Mittwoch über ein neues Geschäftsgeheimnisgesetz beraten. Das könnte den Informantenschutz künftig beeinträchtigen.
"Es kann nicht sein, dass ich mit einem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen die Pressefreiheit attackiere oder kleiner mache", sagt Prantl. "Es kann nicht sein, dass mit einem solchen Gesetz nach zukünftiger Rechtslage illegale Geheimnisse geschützt werden. Es wäre pervers, wenn die Rechtsordnung mit der linken Hand etwas schützt, was sie mit der rechten verfolgt."