Wo ist die Leiche von Emanuela Orlandi?
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"Sucht, wohin der Engel schaut!" Nach einem anonymen Hinweis werden heute auf einem Friedhof im Vatikan zwei Gräber geöffnet. Man hofft, dort Überreste der 1983 verschwundenen Tochter eines Papst-Dieners zu finden.
Am 22. Juni 1983 ging die damals 15-jährige Emanuela Orlandi in Rom zum Musikunterricht. Danach verliert sich jede Spur von ihr – bis heute.
Da das Mädchen die Tochter eines der Diener des damaligen Papstes Johannes Paul II. war, ranken sich wilde Spekulationen um ihr Verschwinden. So sollte Emanuela einem Gerücht zufolge von Kriminellen entführt worden sein, um den Papst-Attentäter Ali Agca freizupressen. Oder es hieß, die Mafia habe ihre Hände im Spiel gehabt.
"Viele Gerüchte, viele Behauptungen, keine Beweise", fasst unser Korrespondent Jörg Seisselberg den Sachstand zusammen.
Ein anonymer Hinweis veranlasste die Graböffnung
Jetzt vermutet man die sterblichen Überreste von Emanuela Orlandi offenbar auf dem deutschen Pilgerfriedhof im Vatikan. Hintergrund ist ein anonymer Hinweis, der bei der Familie der Verschwundenen eingegangen ist, berichtet Seisselberg. "Und in diesem Brief ist ein Hinweis enthalten auf eine Marmorstatue auf dem Campo Santo Teutonico, also dem deutschen Friedhof direkt neben dem Petersdom. Und darin auch der Satz: 'Schaut, wohin der Engel schaut!'"
Das Grab, auf dem der Marmorengel steht und das benachbarte sollen am heutigen Donnerstag nun geöffnet werden – in der Hoffnung, dort sterbliche Überreste von Emanuela Orlandi zu finden.
Eine "unrealistische Hoffnung"
Dass diese Hoffnung sich erfüllt, ist nach Ansicht unseres Korrespondenten allerdings unrealistisch: "Es ist absolut unplausibel, warum in einem wirklich gut bewachten Friedhof auf dem Vatikangelände mögliche Entführer, mögliche Mörder von Emanuela Orlandi Überreste von ihr hinterlegt haben sollen", sagt er. "Dafür spricht nichts. Es wäre eine große Überraschung, wenn die heutige Graböffnung wirklich eine neue Spur ergeben sollte."
Immerhin deutet die Graböffnung aber darauf hin, dass Papst Franziskus mit dem Fall offener umgeht als seine Vorgänger. "Er will da keinen weiteren Stoff liefern dafür, dass es Vorwürfe gibt gegen den Vatikan, er würde hier blocken", sagt Seisselberg.
(uko)