Erntedank

Zwischen Glyphosat und Kükenschreddern

Dem (Bio)-Bauern sei Erntedank!
Dem (Bio)-Bauern sei Erntedank! © picture-alliance / dpa / Tobias Hase
Von Dieter Bub · 14.10.2016
Es sieht so aus, als stünden uns in weiten Teilen Deutschlands ein paar Tage "Goldener Oktober" bevor. Für viele ist das Gelegenheit, den Garten winterfest zu machen und die letzte Ernte einzufahren. Dieter Bub dagegen erinnert an den - fast vergessenen - Erntedank.
Der Oktober wird in vielen Dörfern, auf Gütern und in Gartenkolonien mit Herbst und Erntefesten und bereits zu Beginn des Monats mit Dankgottesdiensten gefeiert. Die Früchte des Feldes, der Obstplantagen und der Weinberge sind geerntet, auch wenn es ein schwieriges Jahr mit hohen Verlusten durch Dauerregen und es Probleme wegen eines Milchpreis gab, der bis heute im Keller ist und die Existenz vieler Bauern nur durch Subventionen gesichert werden konnte.
Bei allen Problemen: Die Natur hat wie eh und je den Rhythmus des Jahres bestimmt. Nebenerwerbslandwirte und Kleingärtner haben Marmelade eingekocht, Gurken eingelegt, Sauerkraut hergestellt, Kartoffeln und Äpfel gelagert, wie zuvor bereits ihre Eltern und Großeltern.
Für die sich nicht selbst versorgen und für viele Stadtbewohner, die gerade von der Bundesregierung dazu aufgefordert wurden, sich für den Katastrophenfall zu verproviantieren, ist es schwierig sich zu orientieren. Die Verbraucher haben die Qual der Wahl in der Fülle eines Angebots von Lebensmitteln, deren Herkunft problematisch, wenn nicht sogar zweifelhaft ist.

Mit Glyophosat abgefunden

Die meisten von uns haben sich damit abgefunden, dass Glyphosat als Gift auf die Felder gebracht wird und nur "vielleicht" für den Menschen völlig harmlos ist. Wir leben damit, dass die Äcker mit Gülle berieselt und
Schweine-, Hähnchen- und Rindfleisch aus Massenproduktion hergestellt werden. Sind diese Tiere noch Geschöpfe der Natur oder gequälte künstlich erzeugte Kreaturen, von denen der Überschuss als unnötiges Material getötet oder geschreddert wird?
Mein Jammern ist nicht neu und trotzdem sollte man die organisierte Unverantwortlichkeit immer wieder mal beklagen. Etwa die Engstirnigkeit des Brandenburgischen Landwirtschaftsministers, der verkündet, Massentierhaltung sei erforderlich weil der Kunde nun einmal nach solchen Fleischmengen verlange. Wir haben Kenntnis von der Skrupellosigkeit einiger Landwirtschaftsfunktionäre und Bundestagsabgeordneter in deren Mastställen katastrophale Zustände herrschen.

Tierfabriken haben nicht mir Landwirtschaft zu tun

Den Beweis dafür liefern heimlich aufgenommene Videos bei deren Anblick wir uns ekeln. Wir sind entsetzt, wenn männliche Ferkel gegen Beton geschlagen und wenn Küken geschreddert werden, wenn tausende Tiere elend krepieren.
Solche Bilder, in Medien verbreitet und sozialen Netzwerken millionenfach gepostet, klagen vor allem die Schweine – und Geflügelbarone an. Sie sind längst keine Bauern mehr, ihre Tierfabriken haben mit Landwirtschaft nichts mehr zu tun.

Es gibt Bestrebungen, die Auswüchse zu mildern

Haben wir uns abgefunden, sind wir abgestumpft, meinen wir es handle sich hier ja nicht mehr um Geschöpfe sondern um irgendwelche Produkte, die mit uns nichts mehr zu schaffen haben? Künstliches Menschenfutter.
Immerhin in der Politik gibt es erste Bestrebungen die Auswüchse dieser Form von Missbrauch zu mildern. Unser Dank zur Ernte in diesem Herbst gilt ausdrücklich nicht jenen Produzenten, die ihre Erfolge in hunderttausenden oder Millionen Stück Nutzvieh zählen, Wesen mit Hormonen im Schnellverfahren erzeugt, die Natur fern entstehen, künstlich und ohne Licht.
Unser Dank gilt nicht Politikern und Lobbyisten in Brüssel und Berlin, die solchen Wahnsinn subventionieren oder selbst Mittäter sind.
Unser Dank gilt auch nicht dem Bayer-Konzern, der jetzt Glysophat herstellt und Monsanto übernommen hat, eine Firma die zehntausende indische Kleinbauern in den Ruin und viele in den Tod getrieben hat.
Unser Dank gilt Bauern, die ihre Betriebe trotz großer Hemmnisse auf eine alternative Landwirtschaft umgestellt haben – und damit erfolgreich sind.
Gott sei Dank!
Dieter Bub, Publizist und Buchautor, verbrachte seine Kindheit und Jugend in der DDR. Zwischen 1979 und 1983 war Korrespondent des "Stern" in Ostberlin. Nach 1990 realisierte er für den NDR und den MDR große Dokumentationen zur Geschichte der DDR.
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