Am 1. Mai eröffnet "Holzmarkt25" in der Holzmarktstrasse 25 in Berlin mit einem ganztägigen Programm.
Den Hippie im Herzen
Am Spreeufer in Berlin, wo früher tagelang in der legendären Bar 25 gefeiert wurde, entsteht der Holzmarkt: Eine Art Dorf mitten in der Hauptstadt. Dasselbe Kollektiv von einst steckt dahinter - und es versucht, seine sozialen Ideale umzusetzen.
An der Wand eine Postkarte: Tick, Trick und Track streiten sich um Süßigkeiten. Ansonsten wirkt Sarah Klausens neue Backstube noch rein funktional. Im Regal stehen schon die ersten Zutaten: Haselnüsse, Schokolade, Marzipan.
Ein Handwerker montiert Klausen die Spüle, damit sie klebrige Karamell- und Butterreste von ihren Kuchenformen schrubben kann. Pünktlich zur Einweihungsparty des Holzmarkts eröffnet sie hier eine Patisserie.
"Das ist auf jeden Fall mein kleines schönes Reich, Patisserie-Werkstatt. Hier oben ist so ’ne Lampenkonstruktion, wo auch alles Mögliche an Gerätschaften hängt, die man so zum Arbeiten braucht: Schneebesen, Pinsel, Kuchenformen, eine Waage gleich griffbereit. Genau. Drunter ein Arbeitstisch..."
Ein neues Zuhause für das Kollektiv
Fast überall auf dem Holzmarkt-Areal bohren und schrauben die Handwerker noch. Studios und Proberäume für Künstler wird es geben, Büros, einen Bäcker und auch einen Weinladen. Es entsteht ein Dorf in der Stadt mit Wochenmarkt und Uferweg entlang der Spree. Kita und Restaurant sind schon in Betrieb – der Holzmarkt-eigene Club Kater Blau sowieso. Denn die Genossenschaft, die hinter dem Projekt Holzmarkt steht, ist aus dem Team der mythenumwobenen Bar 25 entstanden. Mit dem Holzmarkt schaffen sie sich quasi ein neues Zuhause:
"...dass wir als Familie, die sich da zusammengefunden hat, miteinander gearbeitet, gefeiert, gewohnt haben, dass diese Familie eine neue Heimat hat, dass die zusammen in einem Dorf arbeitet und Kultur erschafft."
Juval Dieziger ist seit den Anfangstagen der Bar dabei und Vorsitzender der Genossenschaft. Die Gruppe hat sich das Gelände, das sie einst von der Berliner Stadtreinigung gemietet hatte, in einem Bieterverfahren zurückerobert – plus einige Quadratmeter mehr. Die Macher wollen sich hier ihren eigenen Traum erfüllen und gleichzeitig der Stadt etwas geben – diesmal mehr als nur einen Club. Zum Beispiel das Eckwerk, eine Mischung aus Gründerzentrum und Wohnen auf Zeit für circa 500 Menschen mit bezahlbaren Mieten. Was das genau heißt? Da möchte Dieziger noch keine konkreten Zahlen nennen.
"Das kann ich nicht sagen. Das kann man auch erst sagen, wenn das Haus steht. Es ist ein Experiment. Es soll das größte Holzhaus Deutschlands werden. Das ist noch nicht klar, wo das am Ende landet."
Auch Hippies müssen Rechnungen zahlen
Das Ziel sei aber nicht Gewinnmaximierung, sondern Kostendeckung – soziales und eben auch nachhaltiges Wirtschaften. "Business-Hippies" hat Dieziger das Holzmarkt-Team mal genannt und meint damit wohl: Den Hippie im Herzen tragen und sich gleichzeitig mit dem Kapitalismus arrangieren:
"Man muss, wenn man zu diesem System 'ja' sagt, die Mittel des Systems nehmen und dann sozusagen nicht egoistisch nur für sich, sondern für viele etwas erschaffen. Und das haben wir, glaube ich, hier geschafft."
Nicht nur für sich, sondern für viele. Das heißt auch: Man unterstützt diejenigen, die sich auf dem Holzmarkt einmieten, Sarah Klausen mit ihrer Patisserie zum Beispiel:
"Denen sagen wir: Hey, wir kaufen in Zukunft unsere Patisserie und euer Brot kaufen wir bei euch ein. Und nicht mehr woanders."
Am Ende muss die Bilanz aber stimmen: Auch Hippies müssen Mieten, Rechnungen und Zinsen bezahlen. Solange das klappt, ist auch Sarah Klausen zufrieden. Hauptsache, sie kann weiter backen.
"Ich will jetzt nicht hochgestochen irgendwie ein großartiges Gehalt verdienen, sondern ich will einfach glücklich sein mit der Arbeit, die ich mache."