Erschrecken über USA-Russland-Streit in der Syrien-Frage
Auch wenn sich die USA und Rußlang in vielen Fragen über das Vorgehen in Syrien nicht einig sind, sollten sie schnell einen Weg finden, um die gemeinsamen Interessen zu definieren. Nach Einschätzung des ehemaligen Diplomaten der Bundesregierung, Jürgen Chrobog, müssten beide Länder zumindest ein Interesse daran haben, die syrischen C-Waffen unter Kontrolle zu bringen.
Nana Brink: Seit Wochen berichten wir nun darüber: Wird es einen Militärschlag in Syrien geben nach dem Giftgaseinsatz? Werden die USA das Signal setzen? Werden sie es allein tun? Und was ist mit den Vereinten Nationen? Nun saßen die letzten beiden Tage die wichtigsten 20 Nationen zusammen in Sankt Petersburg beim G20-Gipfel, und das Ergebnis ist: Es gibt kein Ergebnis. Es gibt natürlich ein Abschlusspaper, aber es gibt keine Einigkeit darüber, ob ein Militärschlag gegen das Regime in Damaskus kommen soll oder nicht. Die Gründe kennen wir auch alle, die USA sehen die rote Linie überschritten, Russland und China pochen weiter auf Beweise. Jürgen Chrobog, Nahost-Experte, war deutscher Botschafter in den USA und Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Schönen guten Morgen, Herr Chrobog!
Jürgen Chrobog: Guten Morgen, Frau Brink!
Brink: Wieder eine Chance vertan, wieder nur Zerstrittenheit, heute treffen sich die europäischen Außenminister mit ihrem amerikanischen Kollegen Kerry in Vilnius und es scheint nicht so, als ob man irgendeine Einigung finden würde. Ist die Diplomatie am Ende?
Chrobog: Nein, die Diplomatie ist nie am Ende. Selbst wenn es einen Militärschlag gäbe, wäre immer noch die Diplomatie gefragt hinterher, um die Aufräumungsarbeiten zu machen und um weitere politische Festlegungen zu erreichen. Diplomatie ist nicht am Ende, aber es sieht im Augenblick schlecht aus, vor allen Dingen die Diplomatie zwischen Russland und den Vereinigten Staaten ist in schwere Gewässer geraten und die Sprachlosigkeit zwischen Putin und Obama ist natürlich schon erschreckend. Und hier liegt die Schuld auf beiden Seiten auch. Ich meine, dieser Herr Snowden, die Affäre mit Snowden, dem Whistleblower, hat auch auf amerikanischer Seite zu einer bestimmten Verhärtung geführt und den Gesprächskontakt abbrechen lassen. Also es ist schon schwierig geworden, man muss ins Gespräch kommen, und gefragt sind im Grunde die beiden Großmächte, die müssen hier einen gemeinsamen Weg finden und vor allen Dingen auch versuchen, gemeinsame Interessen zu definieren, die gibt es ja auch immer noch in diesem Konflikt.
Brink: Wo sind die denn gerade, wenn Sie die beiden großen Mächte … Sie haben ja gesagt, USA und Russland, das sind die Player, also die Spieler, die das eigentlich nach vorne treiben müssen!
"Die Höflichkeitsformen sind zwar gewahrt worden, aber es hat keine Einigung gegeben"
Chrobog: Ich meine, die ganze Welt hat ein großes Interesse, dass Chemiewaffen nicht unkontrolliert in falsche Hände kommen oder eingesetzt werden. Hier hätte man ansetzen sollen schon sehr viel früher, um zu versuchen – und das ist ja auch das russische Interesse –, zu versuchen, eine gemeinsame Linie zu finden, wie man die Sicherung der C-Waffen herstellen kann in Syrien. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, hier 'mal gemeinsam zu versuchen, dass die Amerikaner oder die Russen diese C-Waffen unter ihre Kontrolle bringen, vielleicht in Verhandlung mit Syrien sogar sicherstellen, dass sie nicht eingesetzt werden können. Das wäre zum Beispiel ein diplomatischer Ansatz.
Brink: Aber was sagt denn dieses G20-Treffen dann wirklich aus über das Verhältnis zwischen den USA und Putin? Händeschütteln, ja, es sah so aus, als müssten die beiden sich wirklich zutiefst überwinden!
Chrobog: Ja gut, das ist schon richtig, die Höflichkeitsformen sind zwar gewahrt worden, aber es hat keine Einigung gegeben. Die Russen haben natürlich auch schon ihre eigene Geschichte mit den Amerikanern, erinnern wir uns an die Libyen-Resolution, die ist damals ausgeweitet worden gegen die ganz klare Absprache, ist eben Gaddafi gestürzt worden, was nicht Thema der Sicherheitsresolution war. Hier haben die Russen sich natürlich völlig überrannt gefühlt und sind jetzt sehr viel vorsichtiger. Die Beweislage ist natürlich nicht 100-prozentig sicher, keiner kann mit absoluter Sicherheit behaupten, dass die syrische Regierung diese C-Waffen eingesetzt hat. Alles spricht dafür, wir glauben alle daran, aber Russland möchte andere Beweise haben, Russland verweist vor allen Dingen auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, wie übrigens ja auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen. Also, hier hat Russland wirklich auch ein paar Argumente ins Spiel gebracht, die man nicht ganz beiseiteschieben kann. Dennoch: Die Amerikaner folgen natürlich auch dem Ruf der Weltöffentlichkeit, die schreit ja geradezu nach einem Eingreifen nach dem, was in Syrien passiert ist.
Brink: Aber keiner will doch die USA als Weltpolizist mehr, hat man zumindest den Eindruck!
Chrobog: Nein, auch die USA sieht sich selbst nicht mehr als Weltpolizist, das entspricht auch nicht mehr der Stimmung im Lande. Aber die USA haben diese Rolle wieder eingenommen, sie haben selbst die rote Linie gesetzt. Was gefährlich war, denn ein Regime, was am Ende ist, ist natürlich immer geneigt, am Ende auch diese rote Linie zu unterschreiten. Und das haben die Syrer auch getan. Und sie haben sich eben einseitig festgelegt, können da auch nicht mehr runter, der Kongress wird es jetzt entscheiden, so oder so, Obama wird dann eingreifen müssen, er kann gar nicht mehr zurück. Das ist natürlich eine verfahrene Situation, was diesen Militärschlag angeht, der sich jetzt abzeichnet.
Brink: Und die natürlich auch die Diplomatie ins Hintertreffen kommen lässt. Gucken wir mal auf die deutsche Position: Die Bundeskanzlerin, wir wissen ja, ist gestern von Tür zu Tür gelaufen, genutzt hat es wenig, auch Deutschland hat das Papier ja nicht unterzeichnet, als einzige europäische Macht, also das Papier, das erklärt, dass das syrische Regime einen Chemiewaffeneinsatz unternommen hat. Ja, was kann denn Deutschland überhaupt bewirken, kann es überhaupt etwas bewirken mit solch einer Position?
Chrobog: Deutschland kann wenig bewirken, aber Deutschland hat den Versuch gemacht, noch mal aufgrund seiner guten Beziehungen auch zu allen Beteiligten, auch gerade zu Russland, irgendwo zu helfen, dass noch eine Verständigung erreicht wird. Frau Merkel hat sehr klar gesagt, sie wolle keine Vorfestlegung im Hinblick auf das Außenministertreffen zusammen mit Kerry in Vilnius, das gerade läuft. Ich verspreche mir nicht mehr sehr viel, dass sie dort 'was verändern kann und dass es überhaupt noch eine gemeinsame europäische Haltung gibt. Das ist alles sehr, sehr schwierig, deswegen fährt der Zug jetzt vermutlich in die Richtung Militärschlag.
Brink: Und keiner nimmt ja anscheinend die deutsche Diplomatie auch ernst. Die "New York Times": Ein Kommentator sprach schon vom "Gespenst", Deutschland als Gespenst der internationalen Politik.
Chrobog: Ja, das ist übertrieben. Deutschland hat im Grunde immer, bei all den Konflikten, beim Bosnien-Konflikt früher, dem Balkan-Konflikt eine große, wichtige Rolle gespielt. Dort ist man gehört worden, in Libyen haben wir uns herausgehalten. Hier ist auch eine Beteiligung an der militärischen Aktion nicht beabsichtigt, zu Recht ja auch nicht, das würde auch völlig den Interessen Deutschlands und dem Willen der deutschen Bevölkerung widersprechen. Wir sind in einer schwierigen Lage, aber wir müssen jetzt abwarten, wie die Sachen weitergehen. Wir werden uns nicht gegen die Amerikaner stellen mit Sicherheit, aber wir werden eben uns an dem Militärschlag nicht beteiligen, das war auch immer die Haltung Deutschlands.
"Die EU-Außenminister, da wird es keine Einigung geben"
Brink: Was kann denn noch – Sie sind so erfahren im diplomatischen Geschäft –, was kann denn jetzt überhaupt noch passieren? Geben Sie uns irgendein Szenario!
Chrobog: Es ist schwierig. Ich vermute, dass die Ergebnisse in Vilnius nicht ausreichen werden, um einen Militärschlag zu verhindern.
Brink: Also das Treffen der EU-Außenminister mit Kerry.
Chrobog: Die EU-Außenminister, da wird es keine Einigung geben, nicht mal innerhalb der Europäischen Union, auch die Europäische Union ist ja gespalten, wenn man mal England ansieht, was ja mitmachen wollte, aber nicht mehr kann, und Frankreich, was mitmachen will und es auch tun wird im Zweifelsfall. Hier sehe ich keine großen Möglichkeiten mehr. Die Sache wird jetzt so weiter laufen. Aber das Umfeld ist ja ungeheuer kritisch. Nehmen wir mal Iran, wo es jetzt gerade Bewegungen gibt auch zum Besseren in irgendeiner Form, zumindest verbal hat sich Rohani ja, der neue Präsident, sehr viel positiver geäußert. Hier werden natürlich auch Chancen verspielt durch so einen Militärschlag, es ist bedauerlich, wenn er kommt. Aber ich fürchte, er ist unabwendbar.
Brink: Also, wir starren jetzt darauf, dass der Militärschlag kommt?
Chrobog: Wir starren nicht darauf, wir müssen ihn erwarten. Noch hat der Kongress ja auch nicht entschieden und so sicher ist es ja auch im Kongress in Amerika noch nicht, dass man sich dafür aussprechen wird. Aber wenn er dieses tut, dann ist mit Sicherheit der Punkt erreicht, wo es stattfinden wird. Aber es wird ein Militärschlag sein, der hoffentlich nicht so viel Verwerfungen auslösen wird, es wird ein begrenzter Militärschlag sein. Trotzdem: Alles sehr gefährlich, sehr gefährlich für die Region, sehr gefährlich für den Iran und wegen sonstiger Reaktionen im Libanon, im Iran selbst. Also, es ist eine hoch gefährliche Geschichte. Es ist bedauerlich, dass es so kommt, aber es wird sich nicht vermeiden lassen.
Brink: Jürgen Chrobog, Nahost-Experte und ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt, schönen Dank, Herr Chrobog, für Ihre Einschätzungen des Konfliktes um und in Syrien!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Chrobog: Nein, die Diplomatie ist nie am Ende. Selbst wenn es einen Militärschlag gäbe, wäre immer noch die Diplomatie gefragt hinterher, um die Aufräumungsarbeiten zu machen und um weitere politische Festlegungen zu erreichen. Diplomatie ist nicht am Ende, aber es sieht im Augenblick schlecht aus, vor allen Dingen die Diplomatie zwischen Russland und den Vereinigten Staaten ist in schwere Gewässer geraten und die Sprachlosigkeit zwischen Putin und Obama ist natürlich schon erschreckend. Und hier liegt die Schuld auf beiden Seiten auch. Ich meine, dieser Herr Snowden, die Affäre mit Snowden, dem Whistleblower, hat auch auf amerikanischer Seite zu einer bestimmten Verhärtung geführt und den Gesprächskontakt abbrechen lassen. Also es ist schon schwierig geworden, man muss ins Gespräch kommen, und gefragt sind im Grunde die beiden Großmächte, die müssen hier einen gemeinsamen Weg finden und vor allen Dingen auch versuchen, gemeinsame Interessen zu definieren, die gibt es ja auch immer noch in diesem Konflikt.
Brink: Wo sind die denn gerade, wenn Sie die beiden großen Mächte … Sie haben ja gesagt, USA und Russland, das sind die Player, also die Spieler, die das eigentlich nach vorne treiben müssen!
"Die Höflichkeitsformen sind zwar gewahrt worden, aber es hat keine Einigung gegeben"
Chrobog: Ich meine, die ganze Welt hat ein großes Interesse, dass Chemiewaffen nicht unkontrolliert in falsche Hände kommen oder eingesetzt werden. Hier hätte man ansetzen sollen schon sehr viel früher, um zu versuchen – und das ist ja auch das russische Interesse –, zu versuchen, eine gemeinsame Linie zu finden, wie man die Sicherung der C-Waffen herstellen kann in Syrien. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, hier 'mal gemeinsam zu versuchen, dass die Amerikaner oder die Russen diese C-Waffen unter ihre Kontrolle bringen, vielleicht in Verhandlung mit Syrien sogar sicherstellen, dass sie nicht eingesetzt werden können. Das wäre zum Beispiel ein diplomatischer Ansatz.
Brink: Aber was sagt denn dieses G20-Treffen dann wirklich aus über das Verhältnis zwischen den USA und Putin? Händeschütteln, ja, es sah so aus, als müssten die beiden sich wirklich zutiefst überwinden!
Chrobog: Ja gut, das ist schon richtig, die Höflichkeitsformen sind zwar gewahrt worden, aber es hat keine Einigung gegeben. Die Russen haben natürlich auch schon ihre eigene Geschichte mit den Amerikanern, erinnern wir uns an die Libyen-Resolution, die ist damals ausgeweitet worden gegen die ganz klare Absprache, ist eben Gaddafi gestürzt worden, was nicht Thema der Sicherheitsresolution war. Hier haben die Russen sich natürlich völlig überrannt gefühlt und sind jetzt sehr viel vorsichtiger. Die Beweislage ist natürlich nicht 100-prozentig sicher, keiner kann mit absoluter Sicherheit behaupten, dass die syrische Regierung diese C-Waffen eingesetzt hat. Alles spricht dafür, wir glauben alle daran, aber Russland möchte andere Beweise haben, Russland verweist vor allen Dingen auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, wie übrigens ja auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen. Also, hier hat Russland wirklich auch ein paar Argumente ins Spiel gebracht, die man nicht ganz beiseiteschieben kann. Dennoch: Die Amerikaner folgen natürlich auch dem Ruf der Weltöffentlichkeit, die schreit ja geradezu nach einem Eingreifen nach dem, was in Syrien passiert ist.
Brink: Aber keiner will doch die USA als Weltpolizist mehr, hat man zumindest den Eindruck!
Chrobog: Nein, auch die USA sieht sich selbst nicht mehr als Weltpolizist, das entspricht auch nicht mehr der Stimmung im Lande. Aber die USA haben diese Rolle wieder eingenommen, sie haben selbst die rote Linie gesetzt. Was gefährlich war, denn ein Regime, was am Ende ist, ist natürlich immer geneigt, am Ende auch diese rote Linie zu unterschreiten. Und das haben die Syrer auch getan. Und sie haben sich eben einseitig festgelegt, können da auch nicht mehr runter, der Kongress wird es jetzt entscheiden, so oder so, Obama wird dann eingreifen müssen, er kann gar nicht mehr zurück. Das ist natürlich eine verfahrene Situation, was diesen Militärschlag angeht, der sich jetzt abzeichnet.
Brink: Und die natürlich auch die Diplomatie ins Hintertreffen kommen lässt. Gucken wir mal auf die deutsche Position: Die Bundeskanzlerin, wir wissen ja, ist gestern von Tür zu Tür gelaufen, genutzt hat es wenig, auch Deutschland hat das Papier ja nicht unterzeichnet, als einzige europäische Macht, also das Papier, das erklärt, dass das syrische Regime einen Chemiewaffeneinsatz unternommen hat. Ja, was kann denn Deutschland überhaupt bewirken, kann es überhaupt etwas bewirken mit solch einer Position?
Chrobog: Deutschland kann wenig bewirken, aber Deutschland hat den Versuch gemacht, noch mal aufgrund seiner guten Beziehungen auch zu allen Beteiligten, auch gerade zu Russland, irgendwo zu helfen, dass noch eine Verständigung erreicht wird. Frau Merkel hat sehr klar gesagt, sie wolle keine Vorfestlegung im Hinblick auf das Außenministertreffen zusammen mit Kerry in Vilnius, das gerade läuft. Ich verspreche mir nicht mehr sehr viel, dass sie dort 'was verändern kann und dass es überhaupt noch eine gemeinsame europäische Haltung gibt. Das ist alles sehr, sehr schwierig, deswegen fährt der Zug jetzt vermutlich in die Richtung Militärschlag.
Brink: Und keiner nimmt ja anscheinend die deutsche Diplomatie auch ernst. Die "New York Times": Ein Kommentator sprach schon vom "Gespenst", Deutschland als Gespenst der internationalen Politik.
Chrobog: Ja, das ist übertrieben. Deutschland hat im Grunde immer, bei all den Konflikten, beim Bosnien-Konflikt früher, dem Balkan-Konflikt eine große, wichtige Rolle gespielt. Dort ist man gehört worden, in Libyen haben wir uns herausgehalten. Hier ist auch eine Beteiligung an der militärischen Aktion nicht beabsichtigt, zu Recht ja auch nicht, das würde auch völlig den Interessen Deutschlands und dem Willen der deutschen Bevölkerung widersprechen. Wir sind in einer schwierigen Lage, aber wir müssen jetzt abwarten, wie die Sachen weitergehen. Wir werden uns nicht gegen die Amerikaner stellen mit Sicherheit, aber wir werden eben uns an dem Militärschlag nicht beteiligen, das war auch immer die Haltung Deutschlands.
"Die EU-Außenminister, da wird es keine Einigung geben"
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Chrobog: Es ist schwierig. Ich vermute, dass die Ergebnisse in Vilnius nicht ausreichen werden, um einen Militärschlag zu verhindern.
Brink: Also das Treffen der EU-Außenminister mit Kerry.
Chrobog: Die EU-Außenminister, da wird es keine Einigung geben, nicht mal innerhalb der Europäischen Union, auch die Europäische Union ist ja gespalten, wenn man mal England ansieht, was ja mitmachen wollte, aber nicht mehr kann, und Frankreich, was mitmachen will und es auch tun wird im Zweifelsfall. Hier sehe ich keine großen Möglichkeiten mehr. Die Sache wird jetzt so weiter laufen. Aber das Umfeld ist ja ungeheuer kritisch. Nehmen wir mal Iran, wo es jetzt gerade Bewegungen gibt auch zum Besseren in irgendeiner Form, zumindest verbal hat sich Rohani ja, der neue Präsident, sehr viel positiver geäußert. Hier werden natürlich auch Chancen verspielt durch so einen Militärschlag, es ist bedauerlich, wenn er kommt. Aber ich fürchte, er ist unabwendbar.
Brink: Also, wir starren jetzt darauf, dass der Militärschlag kommt?
Chrobog: Wir starren nicht darauf, wir müssen ihn erwarten. Noch hat der Kongress ja auch nicht entschieden und so sicher ist es ja auch im Kongress in Amerika noch nicht, dass man sich dafür aussprechen wird. Aber wenn er dieses tut, dann ist mit Sicherheit der Punkt erreicht, wo es stattfinden wird. Aber es wird ein Militärschlag sein, der hoffentlich nicht so viel Verwerfungen auslösen wird, es wird ein begrenzter Militärschlag sein. Trotzdem: Alles sehr gefährlich, sehr gefährlich für die Region, sehr gefährlich für den Iran und wegen sonstiger Reaktionen im Libanon, im Iran selbst. Also, es ist eine hoch gefährliche Geschichte. Es ist bedauerlich, dass es so kommt, aber es wird sich nicht vermeiden lassen.
Brink: Jürgen Chrobog, Nahost-Experte und ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt, schönen Dank, Herr Chrobog, für Ihre Einschätzungen des Konfliktes um und in Syrien!
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