Erst die Wissenschaft, dann die Standorte

Von Christel Blanke, Hauptstadtstudio |
Es ist nur ein erster Schritt. Aber ein großer. Zum ersten Mal haben sich Bund und Länder zusammen gesetzt, um darüber zu sprechen, wie die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Abfall in Deutschland aussehen soll.
Zum ersten Mal haben damit alle 16 Bundesländer dokumentiert: Nicht nur der Bund, sondern wir alle sind verantwortlich für den strahlenden Müll. Keiner kann sich jetzt mehr hinstellen und so tun, als gehe ihn das Problem nichts an. Denn egal wie man zur Atomkraft steht, der Abfall ist da und muss sicher entsorgt werden.

Und zwar in Deutschland. Die Verantwortung darf nicht ins Ausland abgeschoben werden und sie soll es nach Vorstellung von Bund und Ländern auch nicht. Das hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen heute klar gestellt.

Wichtig ist es nun, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Einiges spricht dafür, dass der Salzstock in Gorleben aus politischen Gründen ausgesucht wurde und nicht nach wissenschaftlichen Kriterien. Deshalb ist es richtig, jetzt einen Prozess in Gang zu setzen, in dem zuerst einmal die Wissenschaft das Sagen hat.

Welches Wirtsgestein bietet die besten Voraussetzungen für ein unterirdisches Endlager? Infrage kommen Ton, Granit oder Salz. Soll der Müll für immer und ewig eingeschlossen werden oder doch besser so, dass er jederzeit wieder zurück geholt werden kann? Das sind Fragen, die zu klären sind, bevor Standorte benannt werden können, die dann gründlich untersucht werden müssen.

Bundesumweltminister Röttgen verspricht einen Neustart der Endlagersuche mit einer weißen Landkarte. Die hat allerdings von vornherein einen Flecken. Denn Gorleben ist gesetzt. Die Forderung von Umweltverbänden und Oppositionspolitikern, auf die Weitererkundung des Salzstockes zu verzichten, fand bei Bund und Ländern kein Gehör.

Für die Kritiker ist der Standort verbrannt. Aus geologischen wie auch aus politischen Gründen. Nur ohne Gorleben, so ihr Argument, könne es einen wirklichen Neuanfang geben. Da ist einiges dran. Deshalb wäre es das Mindeste, die Arbeiten in Gorleben so lange einzustellen, bis klar ist, welche Standorte nach Einschätzung der Experten erkundet werden sollten.

Ist Gorleben dabei, wäre schon einiges an Vorarbeiten geleistet. Wird Gorleben ausgeschlossen, wäre nicht noch mehr Geld verbuddelt worden. Immerhin hat die Erkundung schon bis heute mehr als anderthalb Milliarden Euro gekostet.

Ebenso wichtig wie die wissenschaftliche Expertise für die Standortsuche ist die Beteiligung der Bevölkerung. Bund und Länder wollen ein transparentes, ergebnisoffenes Verfahren. Dafür muss alles auf den Tisch. Argumente für einen Standort ebenso wie die, die dagegen sprechen. Es muss einen echten Dialog geben. Nur wenn die Menschen in den betroffenen Gebieten sich mit ihren Sorgen und Bedenken ernst genommen fühlen, kann am Ende der nationale Konsens, den die Politik nun in der Endlagerfrage anstrebt, tatsächlich erreicht werden.
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