In diesem Alex-Treff hab ich Leute kennengelernt, die Punks waren, eine ganz andere Bewegung, wie eine Widerstandsbewegung. Das war für mich wie die Offenbarung. Ich habe mir ganz enge Hosen geholt, Lederjacken, Sicherheitsnadeln überall, die Haare abrasiert.
Eine Liebe über die Berliner Mauer hinweg
"Ich hab mir ganz enge Hosen geholt, Lederjacken, Sicherheitsnadeln überall", erzählt Antje von Bergen. © Sven Marquardt
"Wie ein fernes Paradies"
30:42 Minuten
Antje von Bergen ist 17 Jahre und läuft in der DDR als Punk Sturm gegen das System. Als sie sich Hals über Kopf in einen Westberliner verliebt, will sie ihr Land verlassen - und entscheidet sich für eine waghalsige Flucht.
Ostberlin, Mitte der Achtziger: Antje van Bergen wächst als Tochter eines Funktionärs und einer Hausfrau auf. Als Teenager ist Antje offen, neugierig, lebenslustig. Ihre Schulnoten sind hervorragend, doch sie merkt bald, dass es nicht leicht wird zwischen ihr und dem System.
Sie hat keine Lust sich in der FDJ zu engagieren und liest stattdessen Salingers “Fänger im Roggen” und schleicht sich nachts in eine Disco am Alexanderplatz.
Damit ist sie in den Augen des Systems schon „auf der schiefen Bahn“: Von Funktionärskindern wird erwartet, dass sie eine Vorbildfunktion einnehmen und absolut linientreu funktionieren. Als sie zur Strafe nicht zum Abitur zugelassen wird, entschließt sie sich, das Land zu verlassen. Sie träumt von Freiheit im Westen.
Dieser Westen war ja auf jeden Fall was Glitzerndes, Goldenes. Es wäre einfach schön, da mal zu enden. Das war wie ein fernes Paradies.
Ein Scheinehemann ist bald gefunden: Der “schöne Gruber”, ein Bekannter ihrer Freunde, ist bereit zu helfen. Er ist Balletttänzer und Jahre zuvor über einen Ausreiseantrag nach Westberlin ausgereist.
Antje und Gruber telefonieren heimlich nachts und verabreden sich schließlich in Karlsbad in der damaligen Tschechoslowakei, um letzte Formalitäten zu klären. Als sie sich treffen, verlieben sie sich Hals über Kopf – die abenteuerliche Geschichte nimmt ihren Lauf.
Die Filmemacherin und Malerin Luise Makarov erzählt in dieser Ausgabe von "Plus Eins" die Geschichte ihrer Freundin Antje van Bergen: Die Geschichte einer jungen Frau, die früh schon weiß, wer sie ist und was sie will. Die sich nicht verbiegen lassen will und die bereit ist, für ihre Träume ein Wagnis einzugehen. Eine Fluchtgeschichte, eine Liebesgeschichte – und eine Geschichte über Mut.