"Es geht nicht um Trauerarbeit"

Moderation: Waltraud Tschirner |
Stefan Ruzowitzky will dem Publikum mit seinem Werk "Die Fälscher" nach eigenen Angaben keinen "Geschichtsunterricht" erteilen. Vielmehr habe ihn das Aufeinanderprallen eines Idealisten mit einem Pragmatiker in einem dramatischen, existentiellen Rahmen interessiert, sagte der Regisseur des ersten deutschen Films im Wettbewerb der Berlinale. Der Film erzählt von einer Fälscherwerkstatt der Nazis.
Auszug aus dem Gespräch:

Waltraud Tschirner: Herr Ruzowitzky Neben der wahren und der unglaublichen Zeitgeschichte, diesen Abschnitt, erzählt Ihr Film überwiegend ein Psychodrama. Denn in der extremen Situation, der die Menschen ausgesetzt sind, entstehen Konflikte. Innere Konflikte, äußere Konflikte, es prallen Weltanschauungen aufeinander. War es genau das, was sie veranlasst hat, den Film zu machen?

Stefan Ruzowitzky: Es ging schon von Anfang an darum, jetzt nicht dem Publikum Geschichtsunterricht zu erteilen und auch sie nicht zu eineinhalb Stunden Trauerarbeit zu vergattern. Das ist glaube ich schon ein Unterschied zu früheren oder vielen anderen Filmen zu der Thematik. Sondern es geht nicht nur darum, dass man sagt: So war es, ich klage an. Das ist natürlich immer auch im Hintergrund, dass man von diesen Dingen erzählen soll. Aber für mich das Interessante war natürlich diese universelle Geschichte, dieses Aufeinanderprallen von dem Idealisten und dem Pragmatiker in eben so einem unwahrscheinlich dramatischen, existentiellen Rahmen, wie es eben diese Fälscherwerkstatt war.

Tschirner: Für mich haben sie da – genau durch diese Konstellation, die Sie wählen, ich erkläre sie gleich noch ein bisschen - einen ziemlichen Trick angewandt: Da gibt es einerseits den Idealisten, die Figur des Adolf Bohrer, der die Geschichte geschrieben hat, dargestellt von August Diehl: Ihm geht’s um die Sache … Er sagt, wenn wir das Geld fälschen, dann wird das System länger überleben. Das möchte ich nicht, also sabotiere ich eure Arbeit.

Sein Gegenspieler ist der Fälscherkönig Sorowitsch, der erstens ein Gauner ist, wie er selbst immer sagt, und dem es ein bisschen auch ums Sportive geht. Er will gerne diese britischen Noten fälschen, das ist jetzt offenbar bisher die Herausforderung. Natürlich will er auch ganz banal sein Leben retten. Und natürlich wollen die anderen den Saboteur aus dem Weg schaffen. Aber auch da ist der Gauner, von dem alle sagen, das ist der einzige Kriminelle hier, kriegt der auf einmal so menschliche Züge. So jetzt komme ich zu dem Trick, der für mich so funktioniert hat: Sie beziehen überhaupt keine Partei, sie lassen alle leben, und man kann bei jedem seine Argumente nachvollziehen. Und schon hat sozusagen der Zuschauer den Schwarzen Peter in der Hand.

Ruzowitzky: Das war die selbstgestellte Herausforderung, dass man sagt: Die haben alle irgendwie recht, und man kann denen, so unterschiedlich die Positionen sind, man kann jedem zustimmen, wenn er das sagt.