"Es geht um das Wie"
Der Architekturkritiker Nikolaus Bernau sieht in wichtigen Details der Humboldt-Forum-Pläne "Krupselzeugs". Für Klaas Ruitenbeek, Direktor des Museums für Asiatische Kunst, macht die zukünftige kulturelle Nutzung des wiederaufgebauten Stadtschlosses die Berliner Museumsinsel noch einzigartiger.
Joachim Scholl: Was soll an Kunst hinein? Welche Kulturen sollen sich darin spiegeln, und auf welche Art? Im größten und mit geschätzten 550 Millionen Euro teuersten Kulturprojekt unseres Landes im wiederaufgebauten Berliner Stadtschloss, das einmal das Berliner Humboldt-Forum beherbergen soll. Gestern trafen sich vor allem die Freunde historischer Schlösser, als der Architekt Franco Stella seine endgültigen Baupläne vorstellte. Über die inhaltliche Ausrichtung des Humboldt-Forums wurde nicht gestritten, wie sonst. Carsten Probst über den derzeitigen Stand der Planung.
Wie soll das zukünftige Humboldt-Forum aussehen, und gestaltet werden. Carsten Probst hat die gegenwärtige Planung zusammengefasst. Im Studio begrüße ich jetzt den Architekturkritiker Nikolaus Bernau sowie Klaas Ruitenbeek, Direktor des Museums für Asiatische Kunst. Guten Morgen, die Herren.
Nikolaus Bernau: Morgen!
Scholl: Herr Ruitenbeek, auch Ihr Haus der Asiatischen Kunst wird im Humboldt-Forum einziehen, werden denn Ihre Schätze einen angemessenen Platz finden? Sie kennen die Zweifel.
Klaas Ruitenbeek: Ja, ja, das geht schon. Wir kriegen etwas mehr Platz, als wir jetzt haben. Und eigentlich reicht das aus. Es geht jetzt nicht um den Platz, es geht um das Wie.
Scholl: Nikolaus Bernau, Sie haben wiederholt Ihre Kritik an der Konzeption – an der Gesamtkonzeption – für das Humboldt-Forum öffentlich gemacht. Warum geht es Ihrer Meinung nach nicht auf?
Bernau: Nun, ich denke, das Zentrale ist, dass es bis jetzt überhaupt viel zu wenig öffentliche Debatte über die Inhalte des Humboldt-Forums gegeben hat. Das konnte man gestern auf dieser Veranstaltung auch mal wieder sehen, dort gab es Franziska Franziska Bohlig-Eichstädt (Anmerkung der Redaktion: Der richtige Name ist Eichstädt-Bohlig), Abgeordnete in Berlin, und die hat dann doch mal gesagt: Hallo, wir müssen auch mal darüber debattieren, wollen wir nicht Europa dort mitrepräsentiert sehen? Europa gehört zur Welt! Es ist nicht irgendwie ein Teil – diese Trennung zwischen Außer-Europa und Europa, die ist eine kulturhistorisch überhaupt nicht mehr konstruierbare.
Und man muss darüber fragen: Soll nicht der Islam insgesamt vereinigt werden im Humboldt-Forum? Daraufhin gab es einen wüsten Ausbruch: Wie können Sie überhaupt darüber debattieren wollen? Das wäre ja völlig unwichtig, man will über die Fassaden reden. Ich glaube, es ist zentral, wir müssen überhaupt endlich mal anfangen, über die Inhalte zu reden. Und dann muss man eben auch fragen: Nun, ist die Konstruktion, die dort gewählt wurde, wirklich die richtige?
Scholl: Nehmen wir das Stichwort, Herr Bernau, die Islamische Kunst – das ist ein konkreter Streitpunkt. Die steht gesammelt erst mal auf der Museumsinsel, im Museum für Islamische Kunst auf der ... im Pergamonmuseum, sozusagen vis-à-vis. Im Humboldt-Forum soll dann die Abteilung des Ethnologischen Museums für islamisch geprägte Kulturen residieren.
Da monieren jetzt Kritiker, man wolle die Kunst vor der kunsthistorischen Vereinnahmung schützen, vor ihrer auch ethnischen Kontextualisierung. Was halten Sie, Herr Ruitenbeek, dem entgegen?
Ruitenbeek: Ich glaube nicht, dass es diese Furcht gibt, bei meinem Kollegen Herrn Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst. Ich möchte aber etwas zur ganzen Konstellation sagen: Man sollte das Humboldt-Forum nicht als ein Museum auf sich alleine betrachten. Wir sind eben die Museumsinsel. Wenn man ins Britische Museum geht, wenn man ins Metropolitan-Museum geht, findet man dort Kunst, Archäologie, Kunstgewerbe aus der ganzen Welt unter einem Dach. Das ist schön, aber auch etwas ermüdend, so ein Riesenmuseum.
Wir haben die Museumsinsel, da sind fünf Dächer, und darin wird gezeigt die Kunst hauptsächlich Europas, die Archäologie Ägyptens, Vorderasiens, was eben fehlt, ist das sechste Dach, das Dach für die Kunst von außerhalb Europas für die Kulturen, die Zivilisationen von außerhalb Europas. Und das wird jetzt zugefügt. Man sollte dieses Ensemble, dieses einzigartige Ensemble von sechs, zukünftig sechs Museen auf der Insel als Ganzes betrachten.
Scholl: Was wäre denn Ihrer Meinung nach der Vorteil, diese Islamische Kunst – jetzt also, wenn wir bei dem Beispiel bleiben – zusammenzuführen.
Bernau: Nun, die zentrale Sache ist die, es gibt verschiedene Überlegungen dazu. Die zentrale Idee ist die, dass man sagt, diese Trennung zwischen Kultur und Kunstgeschichte, die in Deutschland besonders stark etabliert ist, auch in der akademischen Forschung, die international auch sich sehr weit durchgesetzt hat – das muss man ganz klar sehen, amerikanische Museen sind meistens Kunstmuseen, beispielsweise – aber diese Trennung ist in der Wissenschaft inzwischen völlig aufgeweicht.
Also, ob Nofretete jetzt nur – nehmen wir mal ein ganz klassisches Beispiel – ob es eben nur ein kunstgeschichtliches Objekt ist, was sehr schön ist, oder ob es nicht schlichtweg auch ein Studienobjekt ist für zum Beispiel die Herstellung von Bildhauertechniken, das ist heute nicht mehr so sauber zu unterscheiden. Und diese Sache sollte sich – unbedingt, finde ich – in den künftigen Museumsplanungen niederschlagen.
Und da ist eben das Museum für Islamische Kunst und die Islamische Sammlung des ethnologischen Museums ein Paradebeispiel für, einfach deswegen, weil sie zusammengenommen etwas erzählen können, was kein anderes Museum sonst erzählen kann. Beispielsweise ist es so, es ist das einzige – es wäre, wenn es ins Humboldt-Forum überführt würde, was eben der Vorschlag war, der schon seit langer Zeit in den Museen debattiert wird – und dort ein bisschen so als Angstperspektive – wenn es überführt würden wäre, es wäre die einzige Sammlung, die tatsächlich zur alten Museumsinsel – muss man in diesem Falle ja sagen – Sie haben ja vollkommen Recht, Herr Ruitenbeek, dass die neue Museumsinsel viel größer wird, aber das eben zur alten Museumsinsel rüberreichen würde, weil der Islam auch eine spät-antike Kultur ist. Das ist eine wichtige Angelegenheit!
Scholl: Wir haben auch heute früh die Meinung von Herrmann Parzinger zu eben diesem Punkt zum Thema eingeholt, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und prägender Geist natürlich dieses Projekts, er hat also diesen Vorschlag, den Sie jetzt machen, Herr Bernau, wie folgt pariert:
Herrmann Parzinger: Der große Wurf unserer Altvorderen, Wilhelms von Bode vor allem, im frühen 20. Jahrhundert, war ja, den Islam und die Präsentation Islamischer Kunst und Kultur eben als Fortsetzung der Antike und als Teil der europäischen Kultur zu sehen und deshalb auf der Museumsinsel zu präsentieren. Das ist für damals – und immer noch heute – ein ungemein moderner und wichtiger Ansatz, grade jetzt, wo der Islam Teil unserer Gesellschaft ist.
Und ich denke, der entscheidende Punkt ist, dass der Islam eben die Klammer sein kann – die Klammer zwischen Museumsinsel, wo er als Fortsetzung der Antike zu präsentieren ist, und eben auch im Humboldt-Forum, wo er Teil ganz anderer Welten ist, und ich glaube, das ist das faszinierende.
Man darf nicht immer Humboldt-Forum und Museumsinsel getrennt sehen. Das ist ein großer kultureller Komplex, ein Zentrum der Weltkulturen, und die Verbindungslinien, die wir auch noch an ganz anderen Beispielen aufzeigen können, die müssen wir natürlich stärken und die müssen wir natürlich auch aufzeigen.
Scholl: Herrmann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hier im Deutschlandradio Kultur, das ausführliche Interview können Sie noch im Laufe dieser Sendung um zehn vor zwölf hören. Nikolaus Bernau, Klaas Ruitenbeek, ein Kritikpunkt ist schon gefallen vorhin: Der Gegensatz zwischen europäischer und außereuropäischer Kultur. Hier werde etwas, hier werde ein Gegensatz dadurch erzeugt, durch das Humboldt-Forum, der eigentlich nicht mehr zeitgemäß sei. Was sagen Sie, Herr Ruitenbeek?
Ruitenbeek: Ich bin damit gar nicht einverstanden. Wir haben mit der Museumsinsel ein Weltmuseum, ein Riesenmuseum unter jetzt zukünftig sechs Dächern. Und das Islamische Museum, dass das jetzt nicht in das Humboldt-Forum ziehen kann, das ist aus Platzgründen, das ist eher zufällig. Das Islamische Museum ist einfach eine Exklave des Humboldt-Forums, ein Trojanisches Pferd auf der alten Museumsinsel, so sehe ich das.
Bernau: Ich würde das ... also, das ist erst mal richtig. Derzeit ist es eine Exklave, nur die neuen Planungen des Museums für Islamische Kunst sehen eben nicht vor, dort die Kulturgeschichte zu integrieren. Und sozusagen das einfache Material aus dem Ethnologischen Museum – das sogenannte einfache – und das hat Herr Parzinger ja eben auch wunderbar gesagt, auf dem Humboldt-Forum soll der Islam als ein Teil der anderen Welten dargestellt werden. Und das finde ich ein großes Problem, das muss ich zugeben.
Ich weiß nicht, warum Bosnien – Berlin hat zufälligerweise eine ganz interessante Bosniensammlung – warum Bosnien ein Teil anderer Welten ist; das ist direkt um die Ecke! Das gehört längst zu uns! Und ich finde eben, man sollte da viel größer planen, viel integrierter, nicht zuletzt natürlich deswegen, man muss es auch ganz deutlich sagen, die derzeitigen Planungen für das Pergamonmuseum sind hochproblematisch – denkmalpflegerisch. Im Humboldt-Forum gibt es diese Probleme alle nicht.
Man könnte endlich einen herrlichen Saal für die Mschatta-Fassade machen. Die Mschatta-Fassade ist das herausragende Objekt aller Museen, die sich mit Islamischer Kunst beschäftigen. Derzeitig sind alle Planungen Krupselzeugs. Im Humboldt-Forum könnte man wirklich was Ordentliches machen, und warum nicht dort zum Beispiel den Platz nutzen, der da ist.
Es gibt diese gigantische Eingangshalle, bei der man sich fragt: Okay, da können jetzt 1.500 Leute sich versammeln. Es gibt den Raum, der für die Bibliotheken vorgesehen ist, et cetera. Platz ist eine Entscheidungsfrage, ist vorhanden, man muss bloß wollen!
Scholl: Herr Ruitenbeek, Krupselzeug, das können Sie nicht auf sich sitzen lassen. Krupselzeug seien die Planungen.
Bernau: ... für die Mschatta-Fassade, nichts sonst!
Ruitenbeek: Ja, ja. Nein, nein, die Mschatta-Fassade ist, also, was Wunderbares! Aber was mich wundert, ist jetzt, warum muss jetzt die islamische Kultur, wie wichtig sie auch ist, auf einmal so hervorgehoben werden? Chinesen gibt es auch überall in der Welt. Und eben China, Indien, Japan, Korea, das sind die neuen Weltmächte – und an erster Stelle Indien und China! Und es ist ganz, ganz wichtig, dass deren Kultur und Kunst - und eben das ist ein Kontinuum von Kunst zu mehr Populärkultur, das sehe ich genau so wie Sie.
Das ist ganz altmodisch, das so streng zu trennen, Kunst, Populärkultur oder Ethnologie. Aber ich glaube, die islamische Kultur ist sehr wichtig, aber eben, das kann auch aus praktischen Gründen verteilt sein auf mehrere Gebäude der Insel. Aber es ist schon ganz wichtig, und da bin ich mit Ihnen einverstanden, dass die islamische Kultur einschließlich der Kunst im Humboldt-Forum angemessen gezeigt wird, und da muss es eine Kooperation geben.
Scholl: Der Streit um das Humboldt-Forum geht weiter. Das war Klaas Ruitenbeek, er leitet das Museum für Asiatische Kunst in Berlin, und Nikolaus Bernau, Architekturkritiker. Ich danke Ihnen für Ihren Besuch.
Wie soll das zukünftige Humboldt-Forum aussehen, und gestaltet werden. Carsten Probst hat die gegenwärtige Planung zusammengefasst. Im Studio begrüße ich jetzt den Architekturkritiker Nikolaus Bernau sowie Klaas Ruitenbeek, Direktor des Museums für Asiatische Kunst. Guten Morgen, die Herren.
Nikolaus Bernau: Morgen!
Scholl: Herr Ruitenbeek, auch Ihr Haus der Asiatischen Kunst wird im Humboldt-Forum einziehen, werden denn Ihre Schätze einen angemessenen Platz finden? Sie kennen die Zweifel.
Klaas Ruitenbeek: Ja, ja, das geht schon. Wir kriegen etwas mehr Platz, als wir jetzt haben. Und eigentlich reicht das aus. Es geht jetzt nicht um den Platz, es geht um das Wie.
Scholl: Nikolaus Bernau, Sie haben wiederholt Ihre Kritik an der Konzeption – an der Gesamtkonzeption – für das Humboldt-Forum öffentlich gemacht. Warum geht es Ihrer Meinung nach nicht auf?
Bernau: Nun, ich denke, das Zentrale ist, dass es bis jetzt überhaupt viel zu wenig öffentliche Debatte über die Inhalte des Humboldt-Forums gegeben hat. Das konnte man gestern auf dieser Veranstaltung auch mal wieder sehen, dort gab es Franziska Franziska Bohlig-Eichstädt (Anmerkung der Redaktion: Der richtige Name ist Eichstädt-Bohlig), Abgeordnete in Berlin, und die hat dann doch mal gesagt: Hallo, wir müssen auch mal darüber debattieren, wollen wir nicht Europa dort mitrepräsentiert sehen? Europa gehört zur Welt! Es ist nicht irgendwie ein Teil – diese Trennung zwischen Außer-Europa und Europa, die ist eine kulturhistorisch überhaupt nicht mehr konstruierbare.
Und man muss darüber fragen: Soll nicht der Islam insgesamt vereinigt werden im Humboldt-Forum? Daraufhin gab es einen wüsten Ausbruch: Wie können Sie überhaupt darüber debattieren wollen? Das wäre ja völlig unwichtig, man will über die Fassaden reden. Ich glaube, es ist zentral, wir müssen überhaupt endlich mal anfangen, über die Inhalte zu reden. Und dann muss man eben auch fragen: Nun, ist die Konstruktion, die dort gewählt wurde, wirklich die richtige?
Scholl: Nehmen wir das Stichwort, Herr Bernau, die Islamische Kunst – das ist ein konkreter Streitpunkt. Die steht gesammelt erst mal auf der Museumsinsel, im Museum für Islamische Kunst auf der ... im Pergamonmuseum, sozusagen vis-à-vis. Im Humboldt-Forum soll dann die Abteilung des Ethnologischen Museums für islamisch geprägte Kulturen residieren.
Da monieren jetzt Kritiker, man wolle die Kunst vor der kunsthistorischen Vereinnahmung schützen, vor ihrer auch ethnischen Kontextualisierung. Was halten Sie, Herr Ruitenbeek, dem entgegen?
Ruitenbeek: Ich glaube nicht, dass es diese Furcht gibt, bei meinem Kollegen Herrn Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst. Ich möchte aber etwas zur ganzen Konstellation sagen: Man sollte das Humboldt-Forum nicht als ein Museum auf sich alleine betrachten. Wir sind eben die Museumsinsel. Wenn man ins Britische Museum geht, wenn man ins Metropolitan-Museum geht, findet man dort Kunst, Archäologie, Kunstgewerbe aus der ganzen Welt unter einem Dach. Das ist schön, aber auch etwas ermüdend, so ein Riesenmuseum.
Wir haben die Museumsinsel, da sind fünf Dächer, und darin wird gezeigt die Kunst hauptsächlich Europas, die Archäologie Ägyptens, Vorderasiens, was eben fehlt, ist das sechste Dach, das Dach für die Kunst von außerhalb Europas für die Kulturen, die Zivilisationen von außerhalb Europas. Und das wird jetzt zugefügt. Man sollte dieses Ensemble, dieses einzigartige Ensemble von sechs, zukünftig sechs Museen auf der Insel als Ganzes betrachten.
Scholl: Was wäre denn Ihrer Meinung nach der Vorteil, diese Islamische Kunst – jetzt also, wenn wir bei dem Beispiel bleiben – zusammenzuführen.
Bernau: Nun, die zentrale Sache ist die, es gibt verschiedene Überlegungen dazu. Die zentrale Idee ist die, dass man sagt, diese Trennung zwischen Kultur und Kunstgeschichte, die in Deutschland besonders stark etabliert ist, auch in der akademischen Forschung, die international auch sich sehr weit durchgesetzt hat – das muss man ganz klar sehen, amerikanische Museen sind meistens Kunstmuseen, beispielsweise – aber diese Trennung ist in der Wissenschaft inzwischen völlig aufgeweicht.
Also, ob Nofretete jetzt nur – nehmen wir mal ein ganz klassisches Beispiel – ob es eben nur ein kunstgeschichtliches Objekt ist, was sehr schön ist, oder ob es nicht schlichtweg auch ein Studienobjekt ist für zum Beispiel die Herstellung von Bildhauertechniken, das ist heute nicht mehr so sauber zu unterscheiden. Und diese Sache sollte sich – unbedingt, finde ich – in den künftigen Museumsplanungen niederschlagen.
Und da ist eben das Museum für Islamische Kunst und die Islamische Sammlung des ethnologischen Museums ein Paradebeispiel für, einfach deswegen, weil sie zusammengenommen etwas erzählen können, was kein anderes Museum sonst erzählen kann. Beispielsweise ist es so, es ist das einzige – es wäre, wenn es ins Humboldt-Forum überführt würde, was eben der Vorschlag war, der schon seit langer Zeit in den Museen debattiert wird – und dort ein bisschen so als Angstperspektive – wenn es überführt würden wäre, es wäre die einzige Sammlung, die tatsächlich zur alten Museumsinsel – muss man in diesem Falle ja sagen – Sie haben ja vollkommen Recht, Herr Ruitenbeek, dass die neue Museumsinsel viel größer wird, aber das eben zur alten Museumsinsel rüberreichen würde, weil der Islam auch eine spät-antike Kultur ist. Das ist eine wichtige Angelegenheit!
Scholl: Wir haben auch heute früh die Meinung von Herrmann Parzinger zu eben diesem Punkt zum Thema eingeholt, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und prägender Geist natürlich dieses Projekts, er hat also diesen Vorschlag, den Sie jetzt machen, Herr Bernau, wie folgt pariert:
Herrmann Parzinger: Der große Wurf unserer Altvorderen, Wilhelms von Bode vor allem, im frühen 20. Jahrhundert, war ja, den Islam und die Präsentation Islamischer Kunst und Kultur eben als Fortsetzung der Antike und als Teil der europäischen Kultur zu sehen und deshalb auf der Museumsinsel zu präsentieren. Das ist für damals – und immer noch heute – ein ungemein moderner und wichtiger Ansatz, grade jetzt, wo der Islam Teil unserer Gesellschaft ist.
Und ich denke, der entscheidende Punkt ist, dass der Islam eben die Klammer sein kann – die Klammer zwischen Museumsinsel, wo er als Fortsetzung der Antike zu präsentieren ist, und eben auch im Humboldt-Forum, wo er Teil ganz anderer Welten ist, und ich glaube, das ist das faszinierende.
Man darf nicht immer Humboldt-Forum und Museumsinsel getrennt sehen. Das ist ein großer kultureller Komplex, ein Zentrum der Weltkulturen, und die Verbindungslinien, die wir auch noch an ganz anderen Beispielen aufzeigen können, die müssen wir natürlich stärken und die müssen wir natürlich auch aufzeigen.
Scholl: Herrmann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hier im Deutschlandradio Kultur, das ausführliche Interview können Sie noch im Laufe dieser Sendung um zehn vor zwölf hören. Nikolaus Bernau, Klaas Ruitenbeek, ein Kritikpunkt ist schon gefallen vorhin: Der Gegensatz zwischen europäischer und außereuropäischer Kultur. Hier werde etwas, hier werde ein Gegensatz dadurch erzeugt, durch das Humboldt-Forum, der eigentlich nicht mehr zeitgemäß sei. Was sagen Sie, Herr Ruitenbeek?
Ruitenbeek: Ich bin damit gar nicht einverstanden. Wir haben mit der Museumsinsel ein Weltmuseum, ein Riesenmuseum unter jetzt zukünftig sechs Dächern. Und das Islamische Museum, dass das jetzt nicht in das Humboldt-Forum ziehen kann, das ist aus Platzgründen, das ist eher zufällig. Das Islamische Museum ist einfach eine Exklave des Humboldt-Forums, ein Trojanisches Pferd auf der alten Museumsinsel, so sehe ich das.
Bernau: Ich würde das ... also, das ist erst mal richtig. Derzeit ist es eine Exklave, nur die neuen Planungen des Museums für Islamische Kunst sehen eben nicht vor, dort die Kulturgeschichte zu integrieren. Und sozusagen das einfache Material aus dem Ethnologischen Museum – das sogenannte einfache – und das hat Herr Parzinger ja eben auch wunderbar gesagt, auf dem Humboldt-Forum soll der Islam als ein Teil der anderen Welten dargestellt werden. Und das finde ich ein großes Problem, das muss ich zugeben.
Ich weiß nicht, warum Bosnien – Berlin hat zufälligerweise eine ganz interessante Bosniensammlung – warum Bosnien ein Teil anderer Welten ist; das ist direkt um die Ecke! Das gehört längst zu uns! Und ich finde eben, man sollte da viel größer planen, viel integrierter, nicht zuletzt natürlich deswegen, man muss es auch ganz deutlich sagen, die derzeitigen Planungen für das Pergamonmuseum sind hochproblematisch – denkmalpflegerisch. Im Humboldt-Forum gibt es diese Probleme alle nicht.
Man könnte endlich einen herrlichen Saal für die Mschatta-Fassade machen. Die Mschatta-Fassade ist das herausragende Objekt aller Museen, die sich mit Islamischer Kunst beschäftigen. Derzeitig sind alle Planungen Krupselzeugs. Im Humboldt-Forum könnte man wirklich was Ordentliches machen, und warum nicht dort zum Beispiel den Platz nutzen, der da ist.
Es gibt diese gigantische Eingangshalle, bei der man sich fragt: Okay, da können jetzt 1.500 Leute sich versammeln. Es gibt den Raum, der für die Bibliotheken vorgesehen ist, et cetera. Platz ist eine Entscheidungsfrage, ist vorhanden, man muss bloß wollen!
Scholl: Herr Ruitenbeek, Krupselzeug, das können Sie nicht auf sich sitzen lassen. Krupselzeug seien die Planungen.
Bernau: ... für die Mschatta-Fassade, nichts sonst!
Ruitenbeek: Ja, ja. Nein, nein, die Mschatta-Fassade ist, also, was Wunderbares! Aber was mich wundert, ist jetzt, warum muss jetzt die islamische Kultur, wie wichtig sie auch ist, auf einmal so hervorgehoben werden? Chinesen gibt es auch überall in der Welt. Und eben China, Indien, Japan, Korea, das sind die neuen Weltmächte – und an erster Stelle Indien und China! Und es ist ganz, ganz wichtig, dass deren Kultur und Kunst - und eben das ist ein Kontinuum von Kunst zu mehr Populärkultur, das sehe ich genau so wie Sie.
Das ist ganz altmodisch, das so streng zu trennen, Kunst, Populärkultur oder Ethnologie. Aber ich glaube, die islamische Kultur ist sehr wichtig, aber eben, das kann auch aus praktischen Gründen verteilt sein auf mehrere Gebäude der Insel. Aber es ist schon ganz wichtig, und da bin ich mit Ihnen einverstanden, dass die islamische Kultur einschließlich der Kunst im Humboldt-Forum angemessen gezeigt wird, und da muss es eine Kooperation geben.
Scholl: Der Streit um das Humboldt-Forum geht weiter. Das war Klaas Ruitenbeek, er leitet das Museum für Asiatische Kunst in Berlin, und Nikolaus Bernau, Architekturkritiker. Ich danke Ihnen für Ihren Besuch.