Es gibt einen Ausweg!
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muss man es aber vorwärts. So sagte es der Dänische Philosoph Sören Kierkegaard im 19. Jahrhundert. So ist es auch mit der Europäischen Union. Im Nachhinein ist jeder weiser und klüger. Man hätte dieses und jenes nicht tun sollen. Das Lehrgeld hat man gezahlt. In der Tat: Man zahlt es immer noch und mit jedem Tag wird die Rechnung höher.
Aber hat man was gelernt? Ich bezweifle das.
Aus der europäischen Freihandelszone wurde eine Wirtschaftsgemeinschaft, dann ein gemeinsamer Binnenmarkt und schließlich für einige der EU-Länder eine Währungsunion. Vor 10 Jahren feierte man den Euro – heute reißt man sich die Haare aus: Wirtschaftskrise, steigende Arbeitslosigkeit, Länder gehen pleite. Ob Deutschland es sich wünscht oder nicht, es muss die Führungsrolle übernehmen. Und was immer auch Deutschland tut, man wird ihm nicht dankbar sein.
Diese Krise ist tiefer und weitgehender als die Politiker bereit sind zuzugeben. Die Scheuklappen sitzen fest - sowohl auf der britischen Insel als auch auf dem Festland.
Hätte man Griechenland überhaupt in die Eurozone aufnehmen sollen? Hat man dem Land nicht geholfen, die Aufnahmebedingungen zu umgehen? Man schuf sich ein Wolkenkuckucksheim. Oder Italien? Wir wussten doch alle, dass irgendwas schief war.
Die Deutschen und die Franzosen waren sich noch nie – und sind sich auch jetzt nicht einig über die Rolle der Europäischen Zentralbank. Die Bürokraten in Brüssel wollen der griechischen Regierung aufzwingen, was sie tun oder zu lassen hat. Man spricht davon, dass das größte Problem der Politiker sei, vom Willen der Wähler abzuhängen. Deshalb brauche man starke Bürokraten.
Ist es nicht entsetzlich, dass Länder, die sich zur Demokratie bekennen, plötzlich davon sprechen, den Wählern die Mitsprache zu verweigern, weil die Lage so schwierig sei. Die Wähler sind für diese Krise nicht verantwortlich. Wir befinden uns auch nicht in Kriegszeiten, im Ausnahmezustand.
Das Problem sind Blindheit und Arroganz der politischen Führung. Jahrzehnte lang tat man so, als ob politischer Wille wichtiger wäre als wirtschaftliche Realität. Auch Vogel Strauß kann seinen Kopf nicht ewig in den Sand stecken. Die Briten sind froh, dass sie nicht den Euro eingeführt haben, aber sie wissen, dass der Zusammenbruch der Eurozone auch für sie Folgen hat.
Man sagt, ein "starker und stabiler" Euro wäre im Interesse Großbritanniens. Ich bezweifle, dass so etwas möglich ist. Aber nur wenige haben den Mut das zu sagen. Die Mitgliedsländer sind zu verschieden. Nicht einmal Deutschland könnte es sich auf Dauer leisten, Griechenland, Spanien, Italien und Portugal finanziell zu unterstützen.
Sich so zu benehmen wie Deutschland, ist aber auch keine Lösung. Wir können nicht alle exportieren. Irgendjemand in Europa muss kaufen. Das deutsche Modell mag gut für Deutschland sein, taugt aber nicht als Heilmittel für alle Länder der Eurozone. Die wirtschaftlich Schwachen müssen wettbewerbsfähig werden. Und das heißt: weniger Staatsausgaben, höhere Steuern und Abwertung der Währung. Nur mit dem Euro geht das nicht mehr.
Solange man diese Wahrheit verleugnet, gibt es keine Lösung. Am einfachsten wäre, Deutschland würde austreten und gemeinsam mit Holland und Österreich einen Deutschmark-Block bilden. Aber politisch ist das höchst unwahrscheinlich. Die Alternative ist Griechenland zu erlauben, die eigene Währung wieder einzuführen.
Der britische Lord Wolfson hat einen hoch dotierten Wirtschaftspreis ausgeschrieben – für die beste Lösung, die es einem Land erlaubt, aus der Eurozone auszutreten und dadurch wirtschaftliches Wachstum für sich zu schaffen. Der Privatsektor hat erkannt, was getan werden muss. Wenn die Politiker nicht bald dasselbe tun, werden uns unsere Kinder das nie verzeihen.
Gisela Stuart, Labour-Politikerin, britische Unterhausabgeordnete, geboren in Niederbayern, studierte in England Ökonomie und Rechtswissenschaften. Seit 1997 ist sie Abgeordnete der Labour Party für den Wahlbezirk Birmingham/Edgbaston. Sie war seither Gesundheitsministerin von 1999-2001 unter Tony Blair und Vertreterin des Unterhauses im Europäischen Verfassungskonvent. Sie saß im außenpolitischen Ausschuss (2001-2010) und ist nunmehr Mitglied im Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments. Außerdem gibt sie das politische Wochenmagazin "The House" heraus.
Mehr zum Thema auf dradio.de:
Sammelportal - Euro in der Krise
Aus der europäischen Freihandelszone wurde eine Wirtschaftsgemeinschaft, dann ein gemeinsamer Binnenmarkt und schließlich für einige der EU-Länder eine Währungsunion. Vor 10 Jahren feierte man den Euro – heute reißt man sich die Haare aus: Wirtschaftskrise, steigende Arbeitslosigkeit, Länder gehen pleite. Ob Deutschland es sich wünscht oder nicht, es muss die Führungsrolle übernehmen. Und was immer auch Deutschland tut, man wird ihm nicht dankbar sein.
Diese Krise ist tiefer und weitgehender als die Politiker bereit sind zuzugeben. Die Scheuklappen sitzen fest - sowohl auf der britischen Insel als auch auf dem Festland.
Hätte man Griechenland überhaupt in die Eurozone aufnehmen sollen? Hat man dem Land nicht geholfen, die Aufnahmebedingungen zu umgehen? Man schuf sich ein Wolkenkuckucksheim. Oder Italien? Wir wussten doch alle, dass irgendwas schief war.
Die Deutschen und die Franzosen waren sich noch nie – und sind sich auch jetzt nicht einig über die Rolle der Europäischen Zentralbank. Die Bürokraten in Brüssel wollen der griechischen Regierung aufzwingen, was sie tun oder zu lassen hat. Man spricht davon, dass das größte Problem der Politiker sei, vom Willen der Wähler abzuhängen. Deshalb brauche man starke Bürokraten.
Ist es nicht entsetzlich, dass Länder, die sich zur Demokratie bekennen, plötzlich davon sprechen, den Wählern die Mitsprache zu verweigern, weil die Lage so schwierig sei. Die Wähler sind für diese Krise nicht verantwortlich. Wir befinden uns auch nicht in Kriegszeiten, im Ausnahmezustand.
Das Problem sind Blindheit und Arroganz der politischen Führung. Jahrzehnte lang tat man so, als ob politischer Wille wichtiger wäre als wirtschaftliche Realität. Auch Vogel Strauß kann seinen Kopf nicht ewig in den Sand stecken. Die Briten sind froh, dass sie nicht den Euro eingeführt haben, aber sie wissen, dass der Zusammenbruch der Eurozone auch für sie Folgen hat.
Man sagt, ein "starker und stabiler" Euro wäre im Interesse Großbritanniens. Ich bezweifle, dass so etwas möglich ist. Aber nur wenige haben den Mut das zu sagen. Die Mitgliedsländer sind zu verschieden. Nicht einmal Deutschland könnte es sich auf Dauer leisten, Griechenland, Spanien, Italien und Portugal finanziell zu unterstützen.
Sich so zu benehmen wie Deutschland, ist aber auch keine Lösung. Wir können nicht alle exportieren. Irgendjemand in Europa muss kaufen. Das deutsche Modell mag gut für Deutschland sein, taugt aber nicht als Heilmittel für alle Länder der Eurozone. Die wirtschaftlich Schwachen müssen wettbewerbsfähig werden. Und das heißt: weniger Staatsausgaben, höhere Steuern und Abwertung der Währung. Nur mit dem Euro geht das nicht mehr.
Solange man diese Wahrheit verleugnet, gibt es keine Lösung. Am einfachsten wäre, Deutschland würde austreten und gemeinsam mit Holland und Österreich einen Deutschmark-Block bilden. Aber politisch ist das höchst unwahrscheinlich. Die Alternative ist Griechenland zu erlauben, die eigene Währung wieder einzuführen.
Der britische Lord Wolfson hat einen hoch dotierten Wirtschaftspreis ausgeschrieben – für die beste Lösung, die es einem Land erlaubt, aus der Eurozone auszutreten und dadurch wirtschaftliches Wachstum für sich zu schaffen. Der Privatsektor hat erkannt, was getan werden muss. Wenn die Politiker nicht bald dasselbe tun, werden uns unsere Kinder das nie verzeihen.
Gisela Stuart, Labour-Politikerin, britische Unterhausabgeordnete, geboren in Niederbayern, studierte in England Ökonomie und Rechtswissenschaften. Seit 1997 ist sie Abgeordnete der Labour Party für den Wahlbezirk Birmingham/Edgbaston. Sie war seither Gesundheitsministerin von 1999-2001 unter Tony Blair und Vertreterin des Unterhauses im Europäischen Verfassungskonvent. Sie saß im außenpolitischen Ausschuss (2001-2010) und ist nunmehr Mitglied im Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments. Außerdem gibt sie das politische Wochenmagazin "The House" heraus.
Mehr zum Thema auf dradio.de:
Sammelportal - Euro in der Krise