"Es ist kein Vermächtnis, das Leben geht weiter"

Von Ulrike Gondorf · 01.06.2012
Zwölf Jahre lang hat Kasper König das Museum Ludwig in Köln geleitet. Zu Beginn seiner Amtszeit präsentierte er dort die Schau "Museum unserer Wünsche". Jetzt schließt sich der Kreis: Mit seiner Abschiedsausstellung "Ein Wunsch bleibt immer übrig" zieht König Bilanz.
"Ich kaufe nichts" heißt eine großformatige und Acrylmalerei in leuchtenden Farben von Andreas Schulze, die die Besucher schon an der Stirnwand des Treppenhauses vor den Ausstellungsräumen erwartet. Sie zeigt einen weißen Tisch mit Gebrauchs- und Konsumgütern aller Art: von der Fernsehantenne über bunte Spielfiguren bis zur Krawatte – ein Altar der Warenwelt. "Ich kaufe nichts" - das könnte auch die ironisch zugespitzte Maxime sein, die die Werke in Kasper Königs Abschiedsausstellung verbindet. Denn der Direktor hat in den zwölf Jahren seiner Amtszeit, bedingt durch die allgemeine Entwicklung der Museumsbudgets, nicht sehr viel kaufen, aber umso mehr Stiftungen und Schenkungen für sein Haus anwerben können.

Auch das Bild von Andreas Schulze kam als Geschenk in die Sammlung - wie die meisten der 80 Exponate, mit denen König nun seine Bilanz vorstellt:

"Das ist jetzt vielleicht nur 5 Prozent von all den Werken, die in den letzten 10, 11 Jahren ins Museum gekommen sind. Es gibt Schenkungen der Freunde, des Kuratoriums, der Gesellschaft für moderne Kunst, der Freunde der Art Cologne, das ist eine ewige Dauerleihgabe, wo wir Wünsche äußern können."

Das Museum als Bürgerstiftung – das entspricht nicht nur der Kölner Tradition, sondern auch genau der Philosophie Kasper Königs, der 2000 als Quereinsteiger ohne Museumslaufbahn ins Direktorenamt gekommen ist. Er hat als Kurator so viel beachtete Ausstellungen wie "Westkunst" oder "Von hier aus" gestaltet und als Hochschullehrer im Schnittpunkt von Kunst, Öffentlichkeit und Kommunikation gearbeitet. "Teilhabe" ist ein Kernbegriff seines Denkens.

"Da bestand eben die Möglichkeit, sich in die Geschichte des Museums einzuschreiben, indem man bestimmte Wünsche mit realisiert.

Ich glaube das ist wichtig für ein Museum, das Publikum zu involvieren. Insofern war das für mich ne erfreuliche Zeit, ja."

Wichtige Arbeiten, die König aufgrund dieser Überzeugung und Überzeugungskraft ins Museum Ludwig holen konnte, versammelt nun seine letzte Ausstellung als Direktor.

"Es ist kein Vermächtnis, das Leben geht weiter."

Trotz der begrenzten Auswahl werden einige Gesichtspunkte deutlich, die seine Amtszeit bestimmt haben. Es gibt Kunstwerke aller Genres von Malerei über Skulptur und Installation bis zu Videokunst und Fotografie. Und von vielen Künstlern, die König besonders schätzt, sind nicht einzelne Arbeiten, sondern ganze Werkgruppen zu sehen. So ist beispielsweise der belgische Maler Raoul de Keyser mit einer Serie schwarzer Bilder vertreten, dem Objektkünstler Hans Peter Feldmann ist ein ganzes Kabinett gewidmet. Beides wichtige und einflussreiche Künstler, aber keine Stars der internationalen Auktionen, die König immer wenig interessiert haben.

Deutlich kommt auch noch einmal sein philosophischer Blick auf die Kunst zum Tragen:

"Man kann damit nicht die Welt verändern, aber die Komplexität kann aufscheinen und die Widersprüche, man kann mit denen viel besser umgehen, gewinnbringend herausfinden, wie man n erfülltes Leben führen kann."

Auch politische Fragen stellen sich nachdrücklich, zum Beispiel mit der großen Installation "Building a nation" von Jimmy Durham, die König als wichtigste Arbeit der Ausstellung bezeichnet. Der Künstler, der indianischer Herkunft ist, erzählt darin mit Versatzstücken der Wild-West-Romantik von der Kehrseite des amerikanischen Mythos, der auf der planvollen Verdrängung und Dezimierung der Ureinwohner beruht.

König platziert sie prominent:

"Die steht am Ende und Sie sind gezwungen, mitten durch zu gehen."

Jeweils ein ganzer Raum ist Strickbildern und Readymades von Rosemarie Trockel und den wild-expressiven Malereien von Maria Lassnig gewidmet. Arbeiten, denen König kunsthistorische Bedeutung zumisst:

"Ich hab gemerkt, dass durch den Feminismus ne relativ statische Kunstwelt echt noch mal n Kick bekommen hat."

Auch einige ganz große Namen zeigt also diese Bilanz der Neuerwerbungen von Kasper König. Und welcher Wunsch bleibt nun übrig, wie der Titel der Ausstellung fragt?

"Es gibt keinen Wunsch in dem Sinne, man kann auch nicht sagen, wunschlos glücklich, das wär banal. Aber auch nicht so aufgeregt, die und die Dinge müssen noch ... viel wichtiger ist, dass das vital weitergeht.

Dass es mit Intelligenz, Liebe gemacht wird, die den Anreiz gibt, das Museum zu nutzen und als Faktor zu sehen in der Res publica, das ist wichtig. Es muss ne Herausforderung sein."

Service:
Die Ausstellung "Ein Wunsch bleibt immer übrig" ist vom 3.6. bis zum 4.11.2012 im Museum Ludwig in Köln zu sehen.
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