"Netanjahu hat den Konflikt regelrecht geschürt"
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Der aktuelle Konflikt im Nahen Osten sei provoziert worden, sagt der Dramatiker Joshua Sobol. Er engagiert sich für den Friedensprozess in Israel und spricht sich für Koexistenz aus. Dazu müssten aber die alten Narrative überwunden werden.
Im jüngsten Roman von Joshua Sobol, "Der große Wind der Zeit", steht eine junge Israelin im Mittelpunkt, eine Verhörspezialistin der Armee, die Attentäter und vermeintliche Terroristen befragt. Es geht um den Nahost-Konflikt, der aktuell wieder eskaliert ist. Sobol glaubt, das wäre vermeidbar gewesen.
"Dieses Mal ist der Konflikt ein ganz besonderer, weil er politische Gründe hat", sagt der 81-Jährige. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu habe kurz vor der Ablösung gestanden, "und die Hamas sabotiert alles, was auch nur irgendwie auf einer Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern hindeutet, und hat mit dem Raketenbeschuss begonnen".
"Es war sehr schockierend für mich - aber das sehen auch andere so - dass Netanjahu diesen Konflikt regelrecht geschürt hat, um zu verhindern, dass eine neue Koalition entsteht und er seine Macht verliert", sagt Sobol. Es sei schlimm, wenn Politiker Konflikte anheizten, um ihre eigenen Interessen zu bedienen.
"Die Konsequenz daraus kann eigentlich nur sein, dass eine Art neues Bewusstsein entsteht bei Israelis, aber auch Palästinensern: Dass es nicht sein kann, dass man diesen Konflikt politisch instrumentalisiert", betont der Schriftsteller.
Koexistenz von Juden und Palästinensern
Sobol setzt auf die Koexistenz von Juden und Palästinensern, Lösungen seien durchaus möglich: "Die werden nicht einfach sein", sagt er: "Aber wir haben das Paradox, dass der Gazastreifen nach wie vor von Israel mit Elektrizität, Wasser und sogar mit Medikamenten versorgt wird, obwohl es diesen kriegerischen Konflikt gibt." Das sei ein Zeichen der Hoffnung.
Das Haupthindernis für ein friedliches Zusammenleben sei, dass beide Seiten in dem historischen Konflikt verharrten, sagt Sobol. Das bringe niemanden weiter:
"Auch wenn das eine schmerzvolle und sehr blutige Geschichte ist – man muss irgendwann lernen, zu vergessen und zu vergeben. Die Lösung für die Zukunft kann nur darin liegen, dass man, nachdem man vergessen und vergeben hat, irgendetwas findet, wie man in Zukunft zusammenleben kann, in diesem einen Land."
(mfu)