Eskapismus im Viervierteltakt

Von Anke Leweke · 30.10.2013
Regisseur Axel Ranisch weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, ein dickes Kind, ein Außenseiter zu sein. In seinem Film flieht der pummelige Teenager Flori vor der Realität in die heile Welt des Schlagers. Seinem Vater missfällt das, aber dann findet er Zugang zu dieser wundersamen Welt.
Trauerarbeit, schwierige Vater-Sohn Geschichte, Coming out. Zählt man die Themen von "Ich fühl mich Disco" auf, könnte man denken, dass man es mit einem sogenannten Problemfilm zu tun bekommt. Doch ganz im Gegenteil: Axel Ranisch gelingt es, aus diesem Stoff ein regelrechtes "Feelgood"-Movie zu machen. Und das hängt mit dem persönlichen Zugang zusammen. Der Regisseur weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt ein dickes Kind, ein Außenseiter, zu sein. Er kennt die Probleme seines etwa 15-jährigen Helden Flori aus eigener Erfahrung, deshalb fühlt er sich dem rundlichen Kerl nahe, ist auch bestens mit dessen Träumen vertraut. Diese Träume finden sich in der Schlagermusik wieder, die Flori so gerne hört, um in seiner Fantasiewelt zu verschwinden. Aus dieser möchte ihn sein Vater allerdings herausreißen, weil er einen ganzen Kerl aus seinem Sohn machen möchte.

Unkonventionelle Träume auf dem Boden der Tatsachen
Durch einen wunderbaren erzählerischen Kniff bekommt dieser etwas ruppige Mann jedoch Einsicht in die Welt seines Sohnes. Plötzlich scheint er besser über Floris Gefühle Bescheid zu wissen, als dieser selbst. Mit seinen unkonventionellen Gesangs- und Tanzeinlagen hat dieser Film auch etwas von einem Musical. Gefühl geht in Bewegung über, plötzlich erscheint die Welt in einer anderen Sicht. Und dennoch verlässt "Ich fühl mich Disco" nie den Boden der Tatsachen: den Alltag eines Jungen, der sich aufmacht, seinen Platz im Leben zu finden.

Deutschland 2013; Regie: Axel Ranisch; Darsteller: Frithjof Gawenda, Heiko Pinkowski, Christina Große; 98 Minuten; FSK: ab 12 Jahren

Filminfo "Ich fühl mich Disco"

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