Rassismus und Rasse - ein Schwerpunkt im Deutschlandfunk Kultur:
Wie geht das zusammen – wie sehr bedingt oder befördert die Einteilung der Menschen in unterschiedliche "Rassen" den Rassismus? Anlässlich der ab 19. Mai gezeigten Ausstellung "Rassismus – Die Erfindung von Menschenrassen" im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden setzen wir dazu einen thematischen Schwerpunkt im Deutschlandfunk Kultur.
Die "Lesart" war zu Besuch bei Eso Wan Books in Los Angeles, einer Buchhandlung, die auf afroamerikanische Literatur, Poesie und Geschichte spezialisiert ist. Der Journalist Mohamed Amjahid war zu Gast bei "Im Gespräch" und sprach über seine kleinen Tricks gegen Rassismus. Mit der Wissenschaftshistorikerin Veronika Lipphardt haben wir über genetische Vielfalt und das von ihr kritisierte Ordnungssystem "Rasse" gesprochen.
Hören Sie zum Thema auch das Interview mit
Marius Jung
, Autor des Buchs "Singen können sie alle - Handbuch für Negerfreunde" in "Studio 9 am Nachmittag" ab 17.05 Uhr und unser Feature über die Entstehung des Rassegedankens in der Sendung "Zeitfragen" am heutigen Mittwoch ab 19.30 Uhr.
Mit Barack Obama Geschichte schreiben
Barack Obama hat dort gelesen, Maya Angelou und Patti LaBelle ebenfalls: bei Eso Wan Books in Los Angeles. Die Buchhandlung ist spezialisiert auf afroamerikanische Literatur, Poesie und Geschichte. Ein Sortiment, das die wenigsten US-Buchhandlungen haben.
James Fugate erzählt in seinem kleinen Büro zwischen Stapeln von Büchern, CDs und Videos von einer ganz besonderen Lesung, 1995, in seiner kleinen Buchhandlung - mit einem damals völlig unbekannten Autor. Zehn Leute kamen, erinnert er sich, fünf davon waren vom Buchladen selbst. Sie saßen mit dem Autor in einem kleinen Kreis. Das Buch: "Ein amerikanischer Traum - Die Geschichte meiner Familie". Der Autor war ein Aktivist aus Chicago mit politischen Ambitionen: Barack Obama.
Fugate erinnert sich, dass ihn das Buch weniger beeindruckte als der Autor, der alle Fragen engagiert beantwortete. Niemand ahnte, dass Barack Obama einmal US-Präsident werden würde.
Am Anfang: Ein Sortiment abseits des Mainstreams
Auch an diesem Abend gibt es eine Lesung bei Eso Won Books. Kunden stöbern eine gute halbe Stunde vor Beginn zwischen Geschichtsbüchern, Biographien, Foto-Büchern, Romanen, Gedichtsammlungen, Kinderbüchern und Ratgebern, alle mit Bezug zur afroamerikanischen Kultur.
Als Student begann Fugate sich für "black literature" zu interessieren, später arbeitete er in Buchhandlungen von Colleges, auf denen vor allem Schwarze studierten. 1990 gründeten er und zwei Partner Eso Won Books on Wheels, einen mobilen Laden. Ihr Sortiment bestand aus Büchern, die es in Mainstream-Buchhandlungen nicht gab, die in Zeitungen nicht besprochen wurden, und für die Verlage kaum Werbung machten. Geld verdienten sie mit ihrem Einsatz für afroamerikanische Literatur nicht.
Eine treue Kundschaft folgte ihnen über mehrere Standorte, bis zu diesem Geschäft in Leimert Park, einem Viertel von Los Angeles, in dem vor allem Afroamerikaner wohnen. Maya Angelou und Spike Lee haben hier gleich mehrmals gelesen, und auch der ehemalige Präsident Bill Clinton war einmal hier. Derzeit verkauft sich das Buch "When They Call You a Terrorist" von Black-Lives-Matter-Mitbegründerin Patrisse Khan-Cullors besonders gut. Fugate wünscht sich allerdings mehr zeitgenössische Bücher über den Alltag von Schwarzen in den USA. Aus seiner Sicht repräsentieren die aktuellen Bücher nicht das ganze Panorama. Es gebe viele Bücher über negative Erfahrungen mit der Polizei, aber kaum welche über positive Erlebnisse und Leistungen der Afroamerikaner.
Im Schulbuch stand früher nur ein Absatz zur Sklaverei
Für Sheryl Newman ist die Auswahl an Büchern in Eso Won Books mehr als genug. Sie kommt mehrmals in der Woche, um Bücher für sich und ihre Enkelkinder auszusuchen. Eine Buchhandlung zu haben, sei überall toll, aber besonders hier in diesem Viertel, sagt Sheryl. Sie wohnt um die Ecke und findet die große Bandbreite von Eso Won wunderbar. In ihrem Schulbuch stand über afroamerikanische Geschichte nur ein Absatz zu Sklaverei. Das war's.
Etwa 15 Kunden bleiben zur Lesung. Der ehemalige Sprinter Eddie Hart signiert sein Buch "Disqualified". Zehn Jahre trainierte er für die Olympischen Spiele in München und qualifizierte sich mit Weltrekord-Zeit. Durch eine Folge von Missverständnissen und Fehlern kam Hart dann aber ohne eigene Schuld ein paar Sekunden zu spät zum Viertelfinale - und wurde disqualifiziert.
Hart kann kaum beschreiben, wie weh das getan hat und gibt zu, dass er bis heute wünscht, es wäre ihm nicht passiert. Aber, sagt er, er sei durch das Erlebnis ein besserer Mensch geworden.
Eine lange Schlange bildet sich zum Signieren der Bücher. Eddie Hart freut sich sehr, dass er sein Buch an diesem legendären Ort vorstellen konnte. Für ihn sind Buchhandlungen wie Eso Won Books unverzichtbar, weil sie die afro-amerikanische Kultur stärken und aus seiner Sicht davor bewahren, noch mehr in den Hintergrund gedrängt zu werden.
Jeder Autor, jede Autorin bekommt in dieser Buchhandlung einen freundlichen Empfang, Kaffee, Wasser und ein aufmerksames Publikum. Eine gute Tradition, die sich 2006 bezahlt machte. Barack Obama war Hoffnungsträger der Demokratischen Partei und auf Tournee mit seinem zweiten Buch "Hoffnung wagen". Seinem Verlag sagte er, er müsse zurück nach Los Angeles, erinnert sich James Fugate:
Obama sagte dem Verlag: wenn es die Buchhandlung noch gibt, die mich schon 1995 wollte, dann werde ich dort lesen. Eso Won Books musste einen größeren Raum mieten, der zukünftige Präsident kam und sie verkauften mehr als 900 Bücher.