EssTour in Berlin
Zeit hat der Berliner kaum, schreibt Tucholsky und so ist auch die Berliner Küche einfach und deftig. Solide Hausmannskost mit Einflüssen aus verschiedenen Küchenkulturen. Junge Köche in der Hauptstadt aber beweisen, dass sich Tradition und Moderne nicht ausschließen, sondern ergänzen und Kreativität erzeugen.
Raue: "Weissauer von der Seddiner Ente mit Teltower Rübchen, Rote Bete-Apfelsalat und Apfeleis."
Rosener: "Leichte Kartoffelsuppe in Verbindung mit Rauchtee und einer Knacker aus Zander. "
Kammeier: "Milchlammkeule vom Hof Müritz mit Fagioli di spello, Spitzmorcheln und Bärlauch. "
Drei Spitzenkönner in der Esstour. Da ist Tim Raue.
2005 ein Raue Festival: Aufsteiger des Jahres beim Gault- Millau, Lufthansa Menügestalter, als Jeune Restaurateur lächelt er in Deutscher Bahn.
Raue: "Wir huldigen nicht uns selber und der Eitelkeit und ich bin zwar das Gesicht, das draußen immer angefragt wird, aber es ist die ganze Mannschaft in der Küche, meine Frau mit dem Service, die an diesem Erfolg teilhaben und das erarbeiten tagtäglich."
Da ist Carsten Rosener, 34.
Rosener ist Aufsteiger des Jahres bei den Berlin-Brandenburger Meisterköchen, der Mann kniet vor seinen Gästen.
Rosener: "Es soll dem Gast angenehm vorkommen, wenn man sich mit ihm unterhält, dass es halt auf der gleichen Höhe ist, ohne sich den Kopf zu verrenken."
Da ist Thomas Kammeier, 39.
Kammeier, ein Meister der Leichtigkeit, die hohen C’s schüttelt er nur so aus dem Ärmel. Ein Michelin Stern.
Kammeier: "Man sieht heute wieder Schmorgerichte auf der Karte, man sieht wieder ein Milchferkel auf der Karte, also ich sag’ mal die Zeiten vom ewig rosa gebratenem sind auch vorbei, die Leute möchten was anderes haben."
Raue: "Das Teltower Rübchen hat einen ganz besonderen, interessanten Geschmack, es ist leicht scharf - aber auch ähnlich wie eine Petersilienwurzel - intensiv, hat ätherische Öle, so dass es, wenn man einen fetten Gänsebraten hat oder einen Schweinebraten isst, wieder die Verdauung anregt und das also zusammen mit dem fetten Braten für Wohlbefinden sorgt und der Braten dann auch besser bekommt."
Karin Jürgens, Weihe Früchte und Salate KG, Chefin der Kundenbetreuung. Wir sind auf dem Großmarkt in der Beusselstraße. Der Landwehrkanal dümpelt träge vor sich hin, die Stadtautobahn transportiert ihre Lasten in Richtung Seestrasse. Früchte für alle Sinne, so das Firmenmotto. 3200 m² Arbeitsfläche, ein leicht gekühltes Frösteln, Obst und Gemüse über vier Meter hoch, bis unters Dach gestapelt.
Jürgens: "Wir haben jetzt die Kühlraumtür geöffnet, von dem gekühlten Lager, was zehn Grad immer konstant gekühlt ist, sind wir jetzt im Kühlraum, hier ist die Temperatur so zwischen drei und sechs Grad - wir sind im Moment in unserem feuchtesten Kühlraum, hier lagern die Salate und die Kräuter, die werden jeden Tag frisch umgeschlagen, kommen im Moment noch aus Italien, dauert nicht mehr lange, dann werden die ersten deutschen Salate hier in dem Raum stehen und darauf freuen wir uns schon - jetzt sind wir in dem zweiten Kühlraum, hier duftet es ganz toll nach Erdgemüse, nach Porree, Sellerie, nach Möhren, man merkt richtig diesen Suppengründuft und das ist einer meiner Lieblingskühlräume, ich finde, dass ist ein richtig appetitanregender Duft.
Wenn man sich einmal überwunden hat und wenn man mal Rote Bete richtig als Gemüse selbst gekocht hat oder eine klassische Rote Bete Suppe, da merkt man erst, was das für eine Köstlichkeit ist - das ist sehr, sehr gesund."
Gesundheit pur . Obst und Gemüse aus der Region aber auch aus Spanien, Italien und aus Holland. Und das schon seit 80 Jahren.
Jürgens: "Wir sind am 16. April hier auf dem Fruchthof und feiern unseren 80. Geburtstag, das heißt, wir arbeiten in der 4. Generation, unser Großvater hat 1925 das erste Obst- und Gemüsegeschäft eröffnet und mein Neffe, Börn Weihe, der ist jetzt knapp 30, der steht in den Startlöchern und arbeitet schon fleißig mit in der Firma. Ich bin damit groß geworden, ich habe das anerzogen bekommen, das zu lieben und ich liebe es auch und ich kann mir gar nichts anderes vorstellen."
Raues Kreationen sind pure Ästhetik, fein ziselierte Kunstwerke, Ausdruck purer Neugier und Experimentierfreude. Seine Karte spielt mit den zwei Gesichtern einer Person: Tradition und Evolution.
Raue: "Es ist so, dass die meisten Leute, die nach Berlin kommen auch erwarten etwas typisches von uns zu essen zu bekommen und dass, was sie dann kriegen, das ist dass, was sie in jeder Weltstadt bekommen: Cäsar Salat, Schnitzel mit Pommes und da hatte ich auch irgendwann keinen Bock mehr drauf und da habe ich mir gesagt: Du bist Berliner, du bist hier in Berlin, dann musst du dich mehr dazu bekennen und wir haben mit den Jeune Restaurateur ein Kochbuch 2004 realisiert, was heißt: Deutsche Spitzenköche kochen deutsch und das funktioniert sehr , sehr gut, das Buch hat einen riesigen Erfolg gehabt und jetzt kommt: Genießer unterwegs in Deutschland, man merkt, wir kommen zu unseren Wurzeln zurück in einem vereinten Europa haben wir uns nicht zu schämen ob unserer Herkunft und das können wir auch in einer leichten modernen Variante ausdrücken. "
Genießer unterwegs - Deutschland, ein Band, der überzeugt, ein Band der klarmacht, dass in Deutschland gut gegessen wird, ein Reigen der Regionalküchen, der Rezepte, der Restaurants.
"Also, das Aufregende am Müritzzander, das ist dieser ganz bestimmte Geschmack- aber erst mal vom Fleisch her, das schöne weiße Fleisch, das feste Fleisch und natürlich verbindet man das auch mit der Müritzlandschaft, beziehungsweise auch mit der Umgebung von Berlin- Zander aus der Umgebung und ich weiß, das da die Müritz eine ganz hervorragende Qualität fährt."
Karl-Heinz Franke, Niederlassungsleiter der Deutschen See in Berlin. Experte, früher Koch, heute bester Ratgeber für Köche. Der Mann muss doch eigentlich wissen, wo der viele Zander herkommt: Havelzander, Moselzander, Müritzzander…
Franke: "Also ich muss ihnen sagen, manchmal zweifle ich bei den vielen Angeboten an Zander aus der Umgebung frage ich mich, wo kommen die eigentlich her, weil ich ja weiß, wie knapp dieses Produkt gehalten wird und warum es auch so ist, denn wir wissen ja, dass gerade jetzt zu diesen Jahreszeiten, die Teiche sind zu und ich weiß aus einer ganz bestimmten Quelle, dass man erst so ab 8./9. April anfängt zu fischen- also fragen sie mich nicht. Ich hab’ keine Glaskugel, dass ich ihnen sagen kann, wo die Zander herkommen."
Die Glaskugel aber gibt vielleicht Auskunft über Qualität und Frische.
Franke: "Möglichst just in time bestellen, nicht so hohe Vorräte halten, so dass wir immer einen durchgängigen Warenfluss haben. Wenn wir kleine Bestände fahren, dann auch einen großen Warenumschlag haben und wir auch durch Vereisen immer die Frische halten bei einer guten Temperatur. Wichtig ist auch: Kontrolle bei der Wareneinfuhr. Jedes Filet, sei es auch ein Konsumfilet, wird stichprobenartig, kann man ja nur bei den Mengen, die sie bei uns jetzt gesehen haben, stichprobenartig wird das kontrolliert, auf dem Leuchttisch, durch Abtasten - visuell kann man immer sehen- man kann immer sehen: sind die Augen klar oder sind sie nicht klar, es ist schon sehr augenscheinlich- das ist schon eines der wichtigsten Themen, das manchmal in ein Auge reinguckt und wenn es trübe ist, dann weiß man: hallo, Vorsicht geboten."
Rosener liebt die Harmonie, ist ein Aromaartist. Sein Motto: für Feinschmecker und Experimente. 60 m² Spielfläche, 24 Sitzplätze. Ein Erfolg aus handwerklicher Perfektion, aus der sich Kochkunst entwickelt.
Rosener: "Durch Ehrlichkeit und Fairness, die Leidenschaft am Beruf, dann halt auch die Toleranz der Angestellten, die auch mit einem unglaublichen Elan und Engagement in der ganzen Geschichte mit drin stehen."
Mit vier begann die Leidenschaft, beim Bulettenabdrehen mit Muttern und beim Rumwühlen in der Fülle der Weihnachtsgans. Vorstellungskraft, Erleben und Erkennen - das Geheimnis des Carsten Rosener.
Rosener: "Zum Markt fahren, einkaufen und während des Einkaufens überlegen, womit kann man das kombinieren, was ist interessant, worauf hat man selber Appetit, was ich persönlich für ganz wichtig halte, man kann nur dann gut kochen und überzeugend kochen, wenn es einem selber schmeckt und man Appetit drauf hat und das ist das, wie wir die Karte schreiben, wir kochen das, worauf man selber Hunger hat, die Art und Weise des Restaurants ist so, wie ich es gerne hätte, wenn ich essen gehen würde - so ist die Karte geschrieben- jetzt wüsste ich, wo ich essen gehen kann, kann es aber nicht, weil ich in dem Moment in der Küche stehe."
Schwagrzinna: "Die blöken immer so, die haben teilweise Hunger, die sind ein bisschen aufgeregt, weil sie gerade geschoren werden, typische Schafsgeräusche, die haben sie noch gar nicht richtig wahrgenommen - das Müritzlamm ist ein lokales, ganz besonderes Produkt und was mittlerweile bundesweit vermarktet wird - das Besondere, weil es einen ganz besonderen Geschmack hat , weil wir besondere Wiesenkräuter haben , mooriger Boden, das wirkt sich auf den Geschmack sicher aus - die müssen ganz intensiv behandelt werden, müssen gut gepflegt werden, brauchen ordentliches Futter, sonst haben sie kein gutes Produkt nachher. Zweitens : es ist eine ganz besondere Rasse, wenn sie sich die Tiere mal anschauen, die sind relativ klein, stuckig, das sind so Texelkreuzungen , ganz einfach gesagt kann man sagen, bei unseren Lammrücken ist eine Portion mehr drin, als normal."
So wird das Normale zur Ausnahme, genau wie Klaus Schwagrzinna, Dokumentarfilmer mit landwirtschaftlicher Nebentätigkeit.
Schwagrzinna: "Wir haben jetzt zur Zeit 170 ha, sie wissen, es ist schwer, hier Land zu bekommen - ich habe jetzt die Chance noch ein bisschen mehr zu bekommen, wir haben 1000 Muttertiere, wenn wir mehr Land bekommen, dann expandieren wir - ich habe überhaupt kein Problem, das zu verdoppeln, wenn ich das Land bekomme. Ich habe immer auf dem Land teilweise gelebt, obwohl ich eigentlich aus Dortmund komme - habe es aber von Kindesbeinen an gelernt mit Schweinen , mit Rindern, mit Schafen nicht und ich bin dann nach der Wende hier hingezogen habe auch Verwandtschaft hier in der Nähe und ich wollte einfach noch mal etwas anderes machen - ich bin Fernsehproduzent und mache Dokumentarfernsehen schon seit vielen Jahren und hatte irgendwann das Gefühl, das kann es nicht gewesen sein, mach doch noch mal was anderes und dann in der Landwirtschaft, weil es mir irgendwie im Blut ist."
Es klingt so einfach, es ist so schwer aus regionalen und saisonalen Produkten Kunstwerke zu kochen. Thomas Kammeier schafft es immer wieder. Die hohe Kunst der klassischen Küchen verfeinert er mit leichter Hand. Kammeier als Garant für Sterneküche aus Berlin. Da wo sich die Metropole oft noch schwer tut. Wer in New York, London oder Paris über Berliner Küche sprechen will, erfährt das große Schweigen.
Kammeier: "Ganz so schlimm, wie sie es jetzt darstellen, ist es nicht. Sicherlich, wenn man London, Paris oder New York sieht, das ist das Vorbild von Berlin, wir wollen wieder Metropole werden, ich denke, wir sind auf einem ganz guten Weg. Berlin ist wieder eine Reise wert, aus kultureller Hinsicht aber auch aus kulinarischer Hinsicht, also wir sind nach Hamburg die Stadt mit den meisten Sternerestaurants. Berlin hat da unheimlich viel Potential und es macht auch Spaß, daran mitzuarbeiten, ein Teil unseres Tourismussektors zu sein, die Leute für die Stadt zu interessieren."
Der sture Westfale hat mit der Berliner Kodderschnauze seinen Frieden geschlossen. Thomas Kammeier ist ein Mann der leisen Kochtöne, die nachhaltig wirken. Er ist zurückhaltend, bescheiden, bei allem Erfolg. Er ist nachdenklich zufrieden hier oben im Restaurant "HUGO" im 14. Stock, über den Dächern, ganz nah am Himmel über Berlin.
Kammeier: "Das ist mental irgendwo eine sehr schöne Sache, wir haben den direkten Kontakt nach draußen, es ist sehr schön für uns. Ich glaube, das ist auch sehr motivierend, also vom Freigeist her, man ist einfach belebter, wenn die Sonne scheint, man ist motivierter."
Rosener: "Leichte Kartoffelsuppe in Verbindung mit Rauchtee und einer Knacker aus Zander. "
Kammeier: "Milchlammkeule vom Hof Müritz mit Fagioli di spello, Spitzmorcheln und Bärlauch. "
Drei Spitzenkönner in der Esstour. Da ist Tim Raue.
2005 ein Raue Festival: Aufsteiger des Jahres beim Gault- Millau, Lufthansa Menügestalter, als Jeune Restaurateur lächelt er in Deutscher Bahn.
Raue: "Wir huldigen nicht uns selber und der Eitelkeit und ich bin zwar das Gesicht, das draußen immer angefragt wird, aber es ist die ganze Mannschaft in der Küche, meine Frau mit dem Service, die an diesem Erfolg teilhaben und das erarbeiten tagtäglich."
Da ist Carsten Rosener, 34.
Rosener ist Aufsteiger des Jahres bei den Berlin-Brandenburger Meisterköchen, der Mann kniet vor seinen Gästen.
Rosener: "Es soll dem Gast angenehm vorkommen, wenn man sich mit ihm unterhält, dass es halt auf der gleichen Höhe ist, ohne sich den Kopf zu verrenken."
Da ist Thomas Kammeier, 39.
Kammeier, ein Meister der Leichtigkeit, die hohen C’s schüttelt er nur so aus dem Ärmel. Ein Michelin Stern.
Kammeier: "Man sieht heute wieder Schmorgerichte auf der Karte, man sieht wieder ein Milchferkel auf der Karte, also ich sag’ mal die Zeiten vom ewig rosa gebratenem sind auch vorbei, die Leute möchten was anderes haben."
Raue: "Das Teltower Rübchen hat einen ganz besonderen, interessanten Geschmack, es ist leicht scharf - aber auch ähnlich wie eine Petersilienwurzel - intensiv, hat ätherische Öle, so dass es, wenn man einen fetten Gänsebraten hat oder einen Schweinebraten isst, wieder die Verdauung anregt und das also zusammen mit dem fetten Braten für Wohlbefinden sorgt und der Braten dann auch besser bekommt."
Karin Jürgens, Weihe Früchte und Salate KG, Chefin der Kundenbetreuung. Wir sind auf dem Großmarkt in der Beusselstraße. Der Landwehrkanal dümpelt träge vor sich hin, die Stadtautobahn transportiert ihre Lasten in Richtung Seestrasse. Früchte für alle Sinne, so das Firmenmotto. 3200 m² Arbeitsfläche, ein leicht gekühltes Frösteln, Obst und Gemüse über vier Meter hoch, bis unters Dach gestapelt.
Jürgens: "Wir haben jetzt die Kühlraumtür geöffnet, von dem gekühlten Lager, was zehn Grad immer konstant gekühlt ist, sind wir jetzt im Kühlraum, hier ist die Temperatur so zwischen drei und sechs Grad - wir sind im Moment in unserem feuchtesten Kühlraum, hier lagern die Salate und die Kräuter, die werden jeden Tag frisch umgeschlagen, kommen im Moment noch aus Italien, dauert nicht mehr lange, dann werden die ersten deutschen Salate hier in dem Raum stehen und darauf freuen wir uns schon - jetzt sind wir in dem zweiten Kühlraum, hier duftet es ganz toll nach Erdgemüse, nach Porree, Sellerie, nach Möhren, man merkt richtig diesen Suppengründuft und das ist einer meiner Lieblingskühlräume, ich finde, dass ist ein richtig appetitanregender Duft.
Wenn man sich einmal überwunden hat und wenn man mal Rote Bete richtig als Gemüse selbst gekocht hat oder eine klassische Rote Bete Suppe, da merkt man erst, was das für eine Köstlichkeit ist - das ist sehr, sehr gesund."
Gesundheit pur . Obst und Gemüse aus der Region aber auch aus Spanien, Italien und aus Holland. Und das schon seit 80 Jahren.
Jürgens: "Wir sind am 16. April hier auf dem Fruchthof und feiern unseren 80. Geburtstag, das heißt, wir arbeiten in der 4. Generation, unser Großvater hat 1925 das erste Obst- und Gemüsegeschäft eröffnet und mein Neffe, Börn Weihe, der ist jetzt knapp 30, der steht in den Startlöchern und arbeitet schon fleißig mit in der Firma. Ich bin damit groß geworden, ich habe das anerzogen bekommen, das zu lieben und ich liebe es auch und ich kann mir gar nichts anderes vorstellen."
Raues Kreationen sind pure Ästhetik, fein ziselierte Kunstwerke, Ausdruck purer Neugier und Experimentierfreude. Seine Karte spielt mit den zwei Gesichtern einer Person: Tradition und Evolution.
Raue: "Es ist so, dass die meisten Leute, die nach Berlin kommen auch erwarten etwas typisches von uns zu essen zu bekommen und dass, was sie dann kriegen, das ist dass, was sie in jeder Weltstadt bekommen: Cäsar Salat, Schnitzel mit Pommes und da hatte ich auch irgendwann keinen Bock mehr drauf und da habe ich mir gesagt: Du bist Berliner, du bist hier in Berlin, dann musst du dich mehr dazu bekennen und wir haben mit den Jeune Restaurateur ein Kochbuch 2004 realisiert, was heißt: Deutsche Spitzenköche kochen deutsch und das funktioniert sehr , sehr gut, das Buch hat einen riesigen Erfolg gehabt und jetzt kommt: Genießer unterwegs in Deutschland, man merkt, wir kommen zu unseren Wurzeln zurück in einem vereinten Europa haben wir uns nicht zu schämen ob unserer Herkunft und das können wir auch in einer leichten modernen Variante ausdrücken. "
Genießer unterwegs - Deutschland, ein Band, der überzeugt, ein Band der klarmacht, dass in Deutschland gut gegessen wird, ein Reigen der Regionalküchen, der Rezepte, der Restaurants.
"Also, das Aufregende am Müritzzander, das ist dieser ganz bestimmte Geschmack- aber erst mal vom Fleisch her, das schöne weiße Fleisch, das feste Fleisch und natürlich verbindet man das auch mit der Müritzlandschaft, beziehungsweise auch mit der Umgebung von Berlin- Zander aus der Umgebung und ich weiß, das da die Müritz eine ganz hervorragende Qualität fährt."
Karl-Heinz Franke, Niederlassungsleiter der Deutschen See in Berlin. Experte, früher Koch, heute bester Ratgeber für Köche. Der Mann muss doch eigentlich wissen, wo der viele Zander herkommt: Havelzander, Moselzander, Müritzzander…
Franke: "Also ich muss ihnen sagen, manchmal zweifle ich bei den vielen Angeboten an Zander aus der Umgebung frage ich mich, wo kommen die eigentlich her, weil ich ja weiß, wie knapp dieses Produkt gehalten wird und warum es auch so ist, denn wir wissen ja, dass gerade jetzt zu diesen Jahreszeiten, die Teiche sind zu und ich weiß aus einer ganz bestimmten Quelle, dass man erst so ab 8./9. April anfängt zu fischen- also fragen sie mich nicht. Ich hab’ keine Glaskugel, dass ich ihnen sagen kann, wo die Zander herkommen."
Die Glaskugel aber gibt vielleicht Auskunft über Qualität und Frische.
Franke: "Möglichst just in time bestellen, nicht so hohe Vorräte halten, so dass wir immer einen durchgängigen Warenfluss haben. Wenn wir kleine Bestände fahren, dann auch einen großen Warenumschlag haben und wir auch durch Vereisen immer die Frische halten bei einer guten Temperatur. Wichtig ist auch: Kontrolle bei der Wareneinfuhr. Jedes Filet, sei es auch ein Konsumfilet, wird stichprobenartig, kann man ja nur bei den Mengen, die sie bei uns jetzt gesehen haben, stichprobenartig wird das kontrolliert, auf dem Leuchttisch, durch Abtasten - visuell kann man immer sehen- man kann immer sehen: sind die Augen klar oder sind sie nicht klar, es ist schon sehr augenscheinlich- das ist schon eines der wichtigsten Themen, das manchmal in ein Auge reinguckt und wenn es trübe ist, dann weiß man: hallo, Vorsicht geboten."
Rosener liebt die Harmonie, ist ein Aromaartist. Sein Motto: für Feinschmecker und Experimente. 60 m² Spielfläche, 24 Sitzplätze. Ein Erfolg aus handwerklicher Perfektion, aus der sich Kochkunst entwickelt.
Rosener: "Durch Ehrlichkeit und Fairness, die Leidenschaft am Beruf, dann halt auch die Toleranz der Angestellten, die auch mit einem unglaublichen Elan und Engagement in der ganzen Geschichte mit drin stehen."
Mit vier begann die Leidenschaft, beim Bulettenabdrehen mit Muttern und beim Rumwühlen in der Fülle der Weihnachtsgans. Vorstellungskraft, Erleben und Erkennen - das Geheimnis des Carsten Rosener.
Rosener: "Zum Markt fahren, einkaufen und während des Einkaufens überlegen, womit kann man das kombinieren, was ist interessant, worauf hat man selber Appetit, was ich persönlich für ganz wichtig halte, man kann nur dann gut kochen und überzeugend kochen, wenn es einem selber schmeckt und man Appetit drauf hat und das ist das, wie wir die Karte schreiben, wir kochen das, worauf man selber Hunger hat, die Art und Weise des Restaurants ist so, wie ich es gerne hätte, wenn ich essen gehen würde - so ist die Karte geschrieben- jetzt wüsste ich, wo ich essen gehen kann, kann es aber nicht, weil ich in dem Moment in der Küche stehe."
Schwagrzinna: "Die blöken immer so, die haben teilweise Hunger, die sind ein bisschen aufgeregt, weil sie gerade geschoren werden, typische Schafsgeräusche, die haben sie noch gar nicht richtig wahrgenommen - das Müritzlamm ist ein lokales, ganz besonderes Produkt und was mittlerweile bundesweit vermarktet wird - das Besondere, weil es einen ganz besonderen Geschmack hat , weil wir besondere Wiesenkräuter haben , mooriger Boden, das wirkt sich auf den Geschmack sicher aus - die müssen ganz intensiv behandelt werden, müssen gut gepflegt werden, brauchen ordentliches Futter, sonst haben sie kein gutes Produkt nachher. Zweitens : es ist eine ganz besondere Rasse, wenn sie sich die Tiere mal anschauen, die sind relativ klein, stuckig, das sind so Texelkreuzungen , ganz einfach gesagt kann man sagen, bei unseren Lammrücken ist eine Portion mehr drin, als normal."
So wird das Normale zur Ausnahme, genau wie Klaus Schwagrzinna, Dokumentarfilmer mit landwirtschaftlicher Nebentätigkeit.
Schwagrzinna: "Wir haben jetzt zur Zeit 170 ha, sie wissen, es ist schwer, hier Land zu bekommen - ich habe jetzt die Chance noch ein bisschen mehr zu bekommen, wir haben 1000 Muttertiere, wenn wir mehr Land bekommen, dann expandieren wir - ich habe überhaupt kein Problem, das zu verdoppeln, wenn ich das Land bekomme. Ich habe immer auf dem Land teilweise gelebt, obwohl ich eigentlich aus Dortmund komme - habe es aber von Kindesbeinen an gelernt mit Schweinen , mit Rindern, mit Schafen nicht und ich bin dann nach der Wende hier hingezogen habe auch Verwandtschaft hier in der Nähe und ich wollte einfach noch mal etwas anderes machen - ich bin Fernsehproduzent und mache Dokumentarfernsehen schon seit vielen Jahren und hatte irgendwann das Gefühl, das kann es nicht gewesen sein, mach doch noch mal was anderes und dann in der Landwirtschaft, weil es mir irgendwie im Blut ist."
Es klingt so einfach, es ist so schwer aus regionalen und saisonalen Produkten Kunstwerke zu kochen. Thomas Kammeier schafft es immer wieder. Die hohe Kunst der klassischen Küchen verfeinert er mit leichter Hand. Kammeier als Garant für Sterneküche aus Berlin. Da wo sich die Metropole oft noch schwer tut. Wer in New York, London oder Paris über Berliner Küche sprechen will, erfährt das große Schweigen.
Kammeier: "Ganz so schlimm, wie sie es jetzt darstellen, ist es nicht. Sicherlich, wenn man London, Paris oder New York sieht, das ist das Vorbild von Berlin, wir wollen wieder Metropole werden, ich denke, wir sind auf einem ganz guten Weg. Berlin ist wieder eine Reise wert, aus kultureller Hinsicht aber auch aus kulinarischer Hinsicht, also wir sind nach Hamburg die Stadt mit den meisten Sternerestaurants. Berlin hat da unheimlich viel Potential und es macht auch Spaß, daran mitzuarbeiten, ein Teil unseres Tourismussektors zu sein, die Leute für die Stadt zu interessieren."
Der sture Westfale hat mit der Berliner Kodderschnauze seinen Frieden geschlossen. Thomas Kammeier ist ein Mann der leisen Kochtöne, die nachhaltig wirken. Er ist zurückhaltend, bescheiden, bei allem Erfolg. Er ist nachdenklich zufrieden hier oben im Restaurant "HUGO" im 14. Stock, über den Dächern, ganz nah am Himmel über Berlin.
Kammeier: "Das ist mental irgendwo eine sehr schöne Sache, wir haben den direkten Kontakt nach draußen, es ist sehr schön für uns. Ich glaube, das ist auch sehr motivierend, also vom Freigeist her, man ist einfach belebter, wenn die Sonne scheint, man ist motivierter."