Esther Vilar
Die Schriftstellerin Esther Vilar © Imago
Warum ist die Liebe die größte Form der Unfreiheit?
36:32 Minuten
Nicht die Frauen, sondern die Männer sind das unterdrückte Geschlecht. Mit dieser These in ihrem Buch "Der dressierte Mann" löste Esther Vilar 1971 einen Skandal aus. Und ihre Lust an der Provokation hat sie sich bis heute bewahrt.
Mit "Der dressierte Mann" begann 1971 die literarische Karriere von Esther Vilar. Das Buch sorgte für einen wahren Skandal, denn es war eine höchst provokante Abrechnung mit der damaligen Frauenbewegung - und damit auch mit Alice Schwarzer.
"Überall wurden Frauen bemitleidet, wir wurden als Opfer dargestellt, und ich habe mich einfach nicht als Opfer gefühlt", erinnert sich Esther Vilar. Auch die meisten anderen Frauen, die sie gekannt habe, seien alles andere als Opfer gewesen: "Ich dachte, ich muss einfach etwas dagegen schreiben."
Die Mutter setzt die Maßstäbe
Die eigentlichen Opfer waren für Esther Vilar die Männer, die sich allzu willig dressieren und unterwerfen ließen - zunächst von der eigenen Mutter. Diese habe die Maßstäbe gesetzt, nach denen Männer zu leben hätten.
"Mit ihrer Muttersprache hat sie das alles so geregelt, dass der Mann eigentlich gar nicht auf die Idee kommen konnte, dass in Wirklichkeit er, der morgens mit seiner Aktentasche frühzeitig aus dem Haus ging und abends spät und müde wieder zurückkam, während sie zu Hause blieb - so war das damals noch -, dass er das Opfer ist in dieser Gesellschaft und nicht sie."
Denn während Frauen Kinder, Zuhause "und die ganzen Freiheiten" hätten genießen können, habe sich der Mann ständig nach anderen richten müssen und möglicherweise noch sein verdientes Geld komplett bei der Frau abgeben müssen.
Sie provoziert noch immer gern
Inzwischen habe sich jedoch einiges geändert, so Vilar. Viele Paare teilten sich heute die Arbeit. "Das ist ja schon ein unglaublicher Fortschritt."
Auch mit knapp 80 Jahren ist Esther Vilar eine Frau, die gern provoziert und vermeintliche gesellschaftliche Normen hinterfragt.