BBC Proms: Messe von Ethel Smyth

Große Messe einer Kämpferin

Historische Porträtfotografie von Dame Ethel Mary Smyth mit hoch geschlossenem Kragen und hochgesteckten Haaren mit direktem, offenen Blick in die Kamera.
Dame Ethel Mary Smyth kämpfte gegen viele Widerstände, auch bei der Aufführung ihrer großen Messe in D-Dur. © Imago / United Archives International
Moderation: Volker Michael |
1893 konnte die imposante D-Dur Messe von Ehtel Smyth nach vielen Schwierigkeiten in der Royal Albert Hall uraufgeführt werden. Endlich kam sie erneut in diesem Raum mit dem BBC Symphony Orchestra wie Chorus unter der Leitung von Sakari Oramo zur Aufführung.
Am 10. August gab es die D-Dur-Messe unter Oramos Leitung in der Royal Albert Hall. Bereits 1893 konnte man dieses große, sakrale Werk von Ethel Smyth in diesem riesigen Saal hören, aber noch nie bei den BBC Proms. Dabei ist diese Messe wie geschaffen für den großen Saal und ein festlich gestimmtes Publikum.
Es ist beeindruckend vielstimmig und umfassend, dann wieder lyrisch und besinnlich. Und es kündet vom Ringen um Spiritualität im Leben einer sehr bemerkenswerten Persönlichkeit.

Durchsetzungsvermögen einer jungen Frau

Die Künstlerin stammt aus einer kinderreichen Familie und wurde 1858 in der Grafschaft Kent südlich von London geboren. Die acht Kinder wurden von deutschen Gouvernanten erzogen, eine davon hatte Klavier in Leipzig studiert. Das färbte auf die junge Ethel ab. Sie drückte gegen den Willen ihres Offiziers-Vaters mit einem Hungerstreik durch, dass sie ebenfalls in Leipzig Musik studieren durfte.
Dort traf sie die Großen, wie Antonín Dvořák, Johannes Brahms oder Peter Tschaikowsky. Mit Edvard Grieg legte sie sich offen an. So kompromisslos hatte sie viele Feinde wie Freunde. Mit gut 50 Jahren wurde Smyth radikale Feministin. Für die Bewegung der Suffragetten schrieb sie die Hymne „The March of the Women“.

Eine Messe in aufwühlenden Zeiten

Einflüsse von Johannes Brahms und seinem Deutschen Requiem meinten die Zeitgenossen aus Ethel Smyths D-Dur-Messe heraus zu hören. Ihr kompositorisches Ziel: Musik zu schreiben, die intellektuell wie emotional beglaubigt wirkte. Das Werk entstand 1891. Eine turbulente Zeit für Smyth, die gerade ihre Mutter verloren hatte. Zudem war sie gerade verliebt in die Katholikin Pauline Trevelyan und gleichzeitig mit einem verheirateten Mann zusammen.
In dieser Lebensphase wollte Ethel Smyth spiritueller komponieren und leben. Unterstützt wurde sie in dieser Zeit besonders von ihrer Londoner Nachbarin: der Kaiserin Eugénie, exilierte Witwe des französischen Kaisers Napoleon des III. Sie begleitete und finanzierte die Messkomposition. Schließlich stellte Ethel Smyth ihre D-Dur-Messe der alten Queen Victoria in einer Privataufführung vor. Da es der Königin gefallen haben soll, konnte eine öffentliche Aufführung mit allen Kräften in der Royal Albert Hall 1893 durchgesetzt werden.

Außergewöhnliche Musikmomente

Sakari Oramo hat Ethel Smyth D-Dur-Messe bereits für CD eingespielt. Nun dirigierte er das Werk bei den BBC Proms. "Ethel Smyth hat auf eine fantastische Art ihre Persönlichkeit in ihrer Musik zum Ausdruck gebracht. Sie bringt immer wieder überraschende Wendungen in ihrer Musik. Die Messe ist nicht einfach aufzuführen. Sie ist sehr dick gesetzt. Und es ist eine massive Tour de Force."
Der Dirigent Sakari Oramo mit großer Dirigiergeste in festlichem Auftritts-Outfit.
Sakari Oramo schwärmt für das groß besetzte Werk der Komponistin Ethel Smyth.© BBC/Chris Christodoulou
Und weiter: "Die Solopassagen sind sehr anspruchsvoll. Sie liegen etwas ungünstig in den jeweiligen Stimmlagen. Es gibt große Intervalle und heikle Situationen. Ich finde besonders die intimen Solopartien bemerkenswert und dann die Kontraste, wenn der massive Chor- und Orchesterapparat dazukommt.“
Aufzeichnung vom 20.08.2022 in der Royal Albert Hall, London

Ethel Smyth
Messe D-Dur für Soli, Chor und Orchester

Nardus Williams, Sopran
Bethan Langford, Mezzosopran
Robert Murray, Tenor
Božidar Smiljanić, Bass

BBC Symphony Chorus
BBC Symphony Orchestra
Leitung: Sakari Oramo

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