Ethikrat über Embryonenspende

"Schneeflocke" oder nur "Zellhaufen"?

Das Monitorfoto zeigt das Einbringen einer Samenzelle in eine Eizelle mittels Mikropipette unter dem Mikroskop.
Das Monitorfoto zeigt das Einbringen einer Samenzelle in eine Eizelle mittels Mikropipette unter dem Mikroskop. © Hubert Link, dpa
Von Christiane Habermalz · 22.03.2016
Wie umgehen mit überschüssigen Embryonen, die bei der künstlichen Befruchtung entstehen? Das "Netzwerk Embryonenspende" vermittelt diese an unfruchtbare Paare. Doch das Verfahren ist umstritten. Der Deutsche Ethikrat will sich dazu nun äußern.
Embryonenspende ist für viele Paare, die sich vergeblich ein Kind wünschen, wie ein Zauberwort. Sie hoffen, mit dieser Methode doch noch zu einem Baby zu kommen. Es gehe nicht um Kommerz, sondern darum, zu helfen, erklärt Hans-Peter Eiden, einer der Gründer des "Netzwerkes Embryonenspende":
"Eine rein ethische Frage, aus Kenntnis der Situation der betroffenen Paare, diesen Paaren, die verzweifelt sind, zu helfen und eine Möglichkeit bieten, die da ist, die möglich ist."

Tausende Paare reisen wegen Eizellenspende ins Ausland

Für Frauen, die keine eigenen gesunden Eizellen haben, blieb bislang nur die Eizellspende, um ein Kind zu bekommen. Die aber ist in Deutschland nicht zugelassen, tausende Paare reisen deswegen jedes Jahr ins Ausland, um sich dort der Behandlung zu unterziehen. Die Weitergabe von befruchteten Eizellen, Embryonen also, ist dagegen in Deutschland nicht verboten – zumindest gibt es kein Gesetz, dass sie verbietet. Eigentlich eine Gesetzeslücke.
Dass Embryonen bei der künstlichen Befruchtung übrig bleiben, war eigentlich nicht vorgesehen. Nach dem Embryonenschutzgesetz dürfen nur so viele Eizellen einer Frau befruchtet werden, wie später auch eingepflanzt werden, nämlich maximal drei. Um die Chancen der Frauen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen, befruchten die meisten Kliniken jedoch mehr Eizellen, die dann für spätere Versuche eingefroren werden. Werden sie nicht mehr benötigt, weil der erste Transfer schon zu einer Schwangerschaft geführt hat oder aus anderen, persönlichen Gründen, können die Paare entscheiden, ob sie die Embryonen "verwerfen" wollen – oder spenden.
Mehrere Tausend eingefrorene Embyronen liegen in Deutschland auf Eis. 56 von ihnen seien über das Netzwerk bereits an unfruchtbare Paare vermittelt worden, erklärt Eiden. Bedingung für das Netzwerk sei, dass die Spendereltern ihre Familienplanung abgeschlossen hätten, sowie eine eigehende psychologische Beratung beider Paare. Und: Die Namen der genetischen Eltern müssten wie bei Samenspendern hinterlegt werden, damit das Kind später, mit 18, seine Identität erfahren könne.
"Das ist sein verbrieftes Recht in Deutschland, über seine genetische Werdegang hier zu erfahren, das ist vom Bundesverfassungsgericht festgelegt worden und auch richtig."

"Schon den Begriff Embryonenspende sehen wir kritisch"

Doch es gibt Kritik an dem Verfahren – wie etwa vom Verein "Spenderkinder", ein Zusammenschluss von Menschen, die aus Samenspenden hervorgegangen sind.
"Embryonenspende, also schon mal den Begriff, sehen wir kritisch. Wir finden den Begriff Embryonenadoption treffender. Man kann Geld spenden, man kann Kleidung spenden, aber einen Embryo zu spenden der ja eigentlich ein Mensch wird, ein Subjekt, das finden wir doch ein bisschen fragwürdig."

sagt Anne vom Verein "Spenderkinder", ihren vollen Namen möchte sie lieber nicht nennen. Erfahrungen mit Kindern von Samenspendern hätten gezeigt, dass eine unklare Zeugungsgeschichte für alle Seiten psychologisch sehr belastend sein kann.
"Denn man muss ich ja vorstellen, dass diese Familie mit der das Kind genetisch verwandt ist, eben wie eine Parallelfamilie existiert, es gibt ein genetisches Elternpaar, es gibt höchstwahrscheinlich genetische Vollgeschwister und aus unserer Sicht ist es natürlich ganz wichtig, dass das Kind im Wissen um seine Entstehungsweise aufwächst. Und naja und wie man es von Kindern aus dem Adoptionsbereich oder jetzt aus dem Samenspendebereich kennt, möchten die dann auch erfahren, wer denn diese Menschen sind."

Eine geteilte Mutterschaft sieht Gesetz bisher nicht vor

Und auch familienrechtlich gibt es Probleme. So könne, wie bei Samenspendern, nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die genetischen Väter später in Haftung genommen würden. Und völlig ungeklärt sei das Verhältnis zur genetischen Mutter – denn eine geteilte Mutterschaft kennt das deutsche Gesetz nicht, erläutert Heribert Kentenich, einer der führenden Reproduktionsmediziner Deutschlands.
"In Deutschland ist nur diejenige Mutter, die in den Kreissaal kommt, und das Kind bekommt. Es gibt gar keine andere Mutter. Die Eizellspende ist verboten, deswegen musste man das nicht regeln, dass es eine genetische Mutter gibt und eine Mutter die das Kind austrägt."
Ob das Kind also später auch das Recht hat, nicht nur seinen genetischen Vater, sondern auch seine genetische Mutter kennenzulernen, ist bislang daher einfach noch nicht geregelt.
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