Ethisch höchst bedenklich
Mensch-Tier-Mischwesen gab es als Sphinx oder Minotaurus schon in alten Sagen. Die "Chimären" sind heute in anderer Form greifbar nah, denn die Biomedizin versucht, tierische und menschliche Zellen zu kombinieren. Wie weit darf die Forschung gehen?
Bereits seit 2009 befasst sich der Deutsche Ethikrat intensiv mit der ethisch-moralischen Bewertung von Mensch-Tier-Zwischenwesen. Während die Forschung große Hoffnungen auf neue Therapien für bislang unheilbare Krankheiten schürt, wirft die Vermischung von menschlichen und tierischen Zellen eine ganze Reihe brisanter ethischer Fragen auf, erklärt der Sprecher der Arbeitsgruppe Mensch-Tier Zwischenwesen beim Deutschen Ethikrat, Wolf-Michael Catenhusen:
"Die Forschung an Mensch-Tier-Mischwesen hat eine Perspektive, die grundlegende Fragen des menschlichen Selbstverständnisses berühren. Hier muss man sich die Frage stellen, lassen wir jetzt einfach die Forschung weitermachen oder versuchen wir doch schon frühzeitig zu zeigen, dass es bestimmte Grenzen gibt, bei der die Gesellschaft auch Erwartungen hat, dass die von der Wissenschaft auch notfalls durch Verbote nicht überschritten werden."
Bei der Herstellung von Chimären wird eine tierische Zelle entkernt und stattdessen ein menschlicher Zellkern eingepflanzt. Mit diesen sich im daraufhin einsetzenden Teilungsprozess entstehenden Zellen selbst sind dann zu über 99 Prozent menschlich. Dieser Zellhaufen bietet nun die Möglichkeit, Stammzellen herzustellen, die in Zukunft als Therapeutikum unter anderem gegen Krebs oder Alzheimer eingesetzt werden können. Die Produktion embryonaler Stammzellen ist durch das Embryonenschutzgesetz sehr eng reglementiert. Deshalb setzt die Wissenschaft große Hoffnung in die Chimärenforschung, weil hier keine Zellen von Embryos, sondern auch sogenannte adulte Stammzellen, zum Beispiel menschliche Hautzellen, verwendet werden können.
Die Position der beiden großen Kirchen, die mit jeweils zwei Vertretern im Deutschen Ethikrat präsent sind, war dabei von Anfang an klar. Eine Vermischung von Mensch und Tier, aus dem dann ein lebendiges Wesen entsteht, wolle niemand, auch nicht die anderen Mitglieder im Deutschen Ethikrat, erklärt Professor Christoph Kähler, ehemaliger Landesbischof der Lutherischen Landeskirche in Thüringen. Es stelle sich allerdings die Frage, ab wann man von einem menschlichen Wesen, von menschlichem Leben rede. Kann man solche im Labor gezüchteten Zellkombinationen aus menschlichen und tierischen Zellen schon als menschliches Leben ansehen? Eine Frage, die auch im Ethikrat kontrovers diskutiert wurde:
" Diejenigen, die wie ich der Meinung sind, dass wir zu 99,85 Prozent menschliches Erbmaterial haben, also von einem menschlichem Wesen ausgehen müssen, sind dagegen, dass mit solchen Entitäten experimentiert wird. Andere im Deutschen Ethikrat und in der Forschung insgesamt sind der Meinung, dass die Forschungsfreiheit solche Verschmelzungen oder Cybride erzeugen kann, um daran zunächst mal im frühen Stadium forschen zu können."
Die Wissenschaft experimentiert mit Tier-Mensch Kombinationen bereits seit einigen Jahren. Sei es im Rahmen von Organtransplantationen, der Xenotransplantation oder eben bei der Verschmelzung menschlicher und tierischer Zellen. Durch die moderne biomedizinische Forschung würden nun neue Perspektiven eröffnet, aber auch die Fantasie und die Befürchtungen der Menschen angeregt, so Weihbischof Anton Losinger, der als Mitglied im Deutschen Ethikrat die Position der Katholischen Kirche vertritt:
"Man muss sich über die medizinischen Ziele genau klar sein, was jeweils ein einzelner biomedizinischer Versuch der Vermischung von Geweben menschlichen und tierischen Ursprungs bedeuten soll. Wenn man sich klar geworden ist: Was ist der Mensch, unter welchen Rechten und Schutzvoraussetzungen steht er, was ist das Tier, unter welchen Schutzvoraussetzungen steht dieses, auch in Verantwortung des menschlichen Umgangs mit dem Tier, unter diesen Voraussetzungen werden sicherlich Ziele und Grenzen definiert werden."
Derweil wird in Großbritannien bereits intensiv an Chimären geforscht. Ebenso in China, wo bereits vor acht Jahren aus Kaninchen-Menschenzellen Stammzellen erzeugt wurden. Inzwischen wurden auch Schwein-Mensch-Zellen zusammengebracht. Ethiker äußern vor allem die Befürchtung, dass aus solchen Chimären irgendwann doch Lebewesen geschaffen werden könnten. Dies gilt auch für die andere Form von Experimenten mit Chimären. Hierbei werden menschliche Nerven-Zellen in die Hirne von Affen eingebracht. Wolf-Michael Catenhusen:
"Bei der Frage etwa, in welchem Umfang menschliches Material bei Tieren oder gar bei Affen, bei Primaten oder Menschenaffen eingebracht werden sollen, gibt es noch Klärungsbedarf. Hier ist vieles erlaubt, wo wir schon die Frage stellen, ob das sinnvoll ist."
Bei diesen speziellen Experimenten mit Affen, so betonen die Kirchen, werde die Artgrenze von Mensch und Tier entscheidend überschritten, da es sich um Verbindungen von menschlichem und tierischem Material handele, bei der sowohl die menschliche als auch die tierische Identität massiv betroffen ist. Tierrechtler wie Thomas Schröder, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes lehnen solche Experimente rundweg ab und halten sie ethisch für nicht vertretbar, wenn zum Beispiel Affen "vermenschlicht" würden:
"Weil das hier ganz belastende Tierversuche sind. Und das ist dazu gedacht, dass man Vorbereitungen schafft für mögliche Organtransplantationen und andere Formen, wo man Krankheiten behandeln will. Beachtet wird dabei überhaupt nicht, dass der Eingriff für das Tier unheimlich belastend ist, dass die Versuche eigentlich nur der Grundlagenforschung dienen ohne jedes Ziel, denn die Ergebnisse sind nicht brauchbar und sind für die Tiere oft mit vielen Folgekrankheiten verbunden wie Krebs und anderen körperlichen Belastungen."
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt daher ausdrücklich, dass sich der Ethikrat in seinen Empfehlungen zu Mensch-Tier-Zwischenwesen nachdrücklich an den Belangen auch des Tierschutzes orientiert. Wolf-Michael Catenhusen, der Sprecher der Arbeitsgruppe beim Deutschen Ethikrat, betont zudem, dass mit dem Papier, welches am kommenden Dienstag veröffentlicht wird, nicht sofort eine politische Entscheidung herbeigeführt, sondern eine breite gesellschaftliche Diskussion auf allen Ebenen in Gang gesetzt werden soll, wie die Würde von Menschen und auch Tieren im Bereich der Chimärenforschung zukünftig zu wahren ist, ohne sich dabei potentiellen Heilungschancen von Krankheiten zu verschließen.
"Die Forschung an Mensch-Tier-Mischwesen hat eine Perspektive, die grundlegende Fragen des menschlichen Selbstverständnisses berühren. Hier muss man sich die Frage stellen, lassen wir jetzt einfach die Forschung weitermachen oder versuchen wir doch schon frühzeitig zu zeigen, dass es bestimmte Grenzen gibt, bei der die Gesellschaft auch Erwartungen hat, dass die von der Wissenschaft auch notfalls durch Verbote nicht überschritten werden."
Bei der Herstellung von Chimären wird eine tierische Zelle entkernt und stattdessen ein menschlicher Zellkern eingepflanzt. Mit diesen sich im daraufhin einsetzenden Teilungsprozess entstehenden Zellen selbst sind dann zu über 99 Prozent menschlich. Dieser Zellhaufen bietet nun die Möglichkeit, Stammzellen herzustellen, die in Zukunft als Therapeutikum unter anderem gegen Krebs oder Alzheimer eingesetzt werden können. Die Produktion embryonaler Stammzellen ist durch das Embryonenschutzgesetz sehr eng reglementiert. Deshalb setzt die Wissenschaft große Hoffnung in die Chimärenforschung, weil hier keine Zellen von Embryos, sondern auch sogenannte adulte Stammzellen, zum Beispiel menschliche Hautzellen, verwendet werden können.
Die Position der beiden großen Kirchen, die mit jeweils zwei Vertretern im Deutschen Ethikrat präsent sind, war dabei von Anfang an klar. Eine Vermischung von Mensch und Tier, aus dem dann ein lebendiges Wesen entsteht, wolle niemand, auch nicht die anderen Mitglieder im Deutschen Ethikrat, erklärt Professor Christoph Kähler, ehemaliger Landesbischof der Lutherischen Landeskirche in Thüringen. Es stelle sich allerdings die Frage, ab wann man von einem menschlichen Wesen, von menschlichem Leben rede. Kann man solche im Labor gezüchteten Zellkombinationen aus menschlichen und tierischen Zellen schon als menschliches Leben ansehen? Eine Frage, die auch im Ethikrat kontrovers diskutiert wurde:
" Diejenigen, die wie ich der Meinung sind, dass wir zu 99,85 Prozent menschliches Erbmaterial haben, also von einem menschlichem Wesen ausgehen müssen, sind dagegen, dass mit solchen Entitäten experimentiert wird. Andere im Deutschen Ethikrat und in der Forschung insgesamt sind der Meinung, dass die Forschungsfreiheit solche Verschmelzungen oder Cybride erzeugen kann, um daran zunächst mal im frühen Stadium forschen zu können."
Die Wissenschaft experimentiert mit Tier-Mensch Kombinationen bereits seit einigen Jahren. Sei es im Rahmen von Organtransplantationen, der Xenotransplantation oder eben bei der Verschmelzung menschlicher und tierischer Zellen. Durch die moderne biomedizinische Forschung würden nun neue Perspektiven eröffnet, aber auch die Fantasie und die Befürchtungen der Menschen angeregt, so Weihbischof Anton Losinger, der als Mitglied im Deutschen Ethikrat die Position der Katholischen Kirche vertritt:
"Man muss sich über die medizinischen Ziele genau klar sein, was jeweils ein einzelner biomedizinischer Versuch der Vermischung von Geweben menschlichen und tierischen Ursprungs bedeuten soll. Wenn man sich klar geworden ist: Was ist der Mensch, unter welchen Rechten und Schutzvoraussetzungen steht er, was ist das Tier, unter welchen Schutzvoraussetzungen steht dieses, auch in Verantwortung des menschlichen Umgangs mit dem Tier, unter diesen Voraussetzungen werden sicherlich Ziele und Grenzen definiert werden."
Derweil wird in Großbritannien bereits intensiv an Chimären geforscht. Ebenso in China, wo bereits vor acht Jahren aus Kaninchen-Menschenzellen Stammzellen erzeugt wurden. Inzwischen wurden auch Schwein-Mensch-Zellen zusammengebracht. Ethiker äußern vor allem die Befürchtung, dass aus solchen Chimären irgendwann doch Lebewesen geschaffen werden könnten. Dies gilt auch für die andere Form von Experimenten mit Chimären. Hierbei werden menschliche Nerven-Zellen in die Hirne von Affen eingebracht. Wolf-Michael Catenhusen:
"Bei der Frage etwa, in welchem Umfang menschliches Material bei Tieren oder gar bei Affen, bei Primaten oder Menschenaffen eingebracht werden sollen, gibt es noch Klärungsbedarf. Hier ist vieles erlaubt, wo wir schon die Frage stellen, ob das sinnvoll ist."
Bei diesen speziellen Experimenten mit Affen, so betonen die Kirchen, werde die Artgrenze von Mensch und Tier entscheidend überschritten, da es sich um Verbindungen von menschlichem und tierischem Material handele, bei der sowohl die menschliche als auch die tierische Identität massiv betroffen ist. Tierrechtler wie Thomas Schröder, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes lehnen solche Experimente rundweg ab und halten sie ethisch für nicht vertretbar, wenn zum Beispiel Affen "vermenschlicht" würden:
"Weil das hier ganz belastende Tierversuche sind. Und das ist dazu gedacht, dass man Vorbereitungen schafft für mögliche Organtransplantationen und andere Formen, wo man Krankheiten behandeln will. Beachtet wird dabei überhaupt nicht, dass der Eingriff für das Tier unheimlich belastend ist, dass die Versuche eigentlich nur der Grundlagenforschung dienen ohne jedes Ziel, denn die Ergebnisse sind nicht brauchbar und sind für die Tiere oft mit vielen Folgekrankheiten verbunden wie Krebs und anderen körperlichen Belastungen."
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt daher ausdrücklich, dass sich der Ethikrat in seinen Empfehlungen zu Mensch-Tier-Zwischenwesen nachdrücklich an den Belangen auch des Tierschutzes orientiert. Wolf-Michael Catenhusen, der Sprecher der Arbeitsgruppe beim Deutschen Ethikrat, betont zudem, dass mit dem Papier, welches am kommenden Dienstag veröffentlicht wird, nicht sofort eine politische Entscheidung herbeigeführt, sondern eine breite gesellschaftliche Diskussion auf allen Ebenen in Gang gesetzt werden soll, wie die Würde von Menschen und auch Tieren im Bereich der Chimärenforschung zukünftig zu wahren ist, ohne sich dabei potentiellen Heilungschancen von Krankheiten zu verschließen.