Ethisches Investment

Von Michael Hollenbach |
Die Deutschen sind noch richtige Muffel, wenn es um ethisches Investment geht. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern legen die Sparer weniger als ein Prozent ihres Geldes nach ethischen Kriterien an. Wolfgang Kessler, früher Mitarbeiter beim Internationalen Währungsfonds, heute Chefredakteur der kirchenkritischen Zeitschrift "publik forum", nannte beim Kirchentag drei Bedingungen, um von einem ethischen Investment zu sprechen.
Erstens müssen diese Investitionen transparent sein.

"Es gibt eine zweite Bedingung: Die Banken müssen Bewusstsein dafür vermitteln, dass hohe Rendite auch bezahlt werden müssen .und dass sie mit höheren Risiken verbunden sind. Bewusstsein wurde lange nicht vermittelt. Es gibt eine dritte Bedingung:
es muss aus meiner Sicht deutlich werden, dass Geld kein Spekulationsmittel ist, sondern ein Gestaltungsmittel. Entsprechend kreativ müssten die Angebote der Geldhäuser sein ..."

Kessler will keine Verdammnis des Mammons insgesamt. Er betont, wie wichtig genügend Geld für soziale Investitionen sei. So fordert er beispielsweise einen Pflegesparbrief, der - bei einer Laufzeit von fünf Jahren - mit drei Prozent verzinst werden könnte. Das habe nichts mit Ackermannschen Dimensionen von 25 Prozent Rendite zu tun, sei aber ethisch sinnvoll, um eine Pflegeeinrichtung zu finanzieren. Und der engagierte Katholik verweist auf die nordrhein-westfälische Stadt Herten: Dort hat der Bürgermeister einen Fonds aufgelegt, für den die Sparer nur geringe Zinsen erhalten werden:

"Der Bürgermeister hat mir damals gesagt: Hoffentlich bekommen wir die 20 Millionen zusammen, wenn wir so wenig Zinsen zahlen und fünf Jahre das Geld haben wollen, diese 20 Millionen waren in dieser ärmeren Stadt namens Herten in vier Wochen zusammen. Die Menschen sind bereit, geringere Zinsen zu akzeptieren, wenn sie wissen, wofür das Geld investiert wird."

Wolfgang Kessler und Antje Schneeweiß vom Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene fordern beide, dass das ethische Investment ausgeweitet werden müsse. Denn sozial und ökologisch angelegte Finanzen könnten dafür sorgen, dass Geld nicht so viel Negatives anrichtet, sondern mehr Positives ausrichtet. Allerdings - so Antje Scheeweiß - sei nicht immer klar, ob das Geld bei den 269 Nachhaltigkeitsfonds, die es mittlerweile in Deutschland gibt, wirklich nach ethischen Kriterien investiert werde:

"Da gibt es ein paar herausragende Merkmale, an denen man das festmachen kann, das sind Steueroasen, Devisenspekulation, das ist auch die Kurzfristigkeit, mit der Papiere gehandelt und gehalten werden, das sind Derivate und für mich müsste jeder Fonds, der sich nachhaltig nennt, das in seiner Präambel stehen haben, dass er das nicht macht."

Doch in der Regel passiere das nicht. Viele dieser Fonds begnügten sich zum Teil mit dem Hinweis, dass man nicht in Rüstungsgüter oder Alkoholika investiere. Wirklich ethisch investieren könne man eigentlich nur, wenn man versucht, sich aus dem großen Investmentgeschäft herauszuhalten und mit alternativen Banken zusammenzuarbeiten, die nach folgendem Modell verfahren.

"Wir bekommen Einlagen von unseren Kunden und geben das umgehend an sinnvolle Projekte weiter, an Biobauernhöfe, an Windkraftbauer, wir machen das ganz transparent, jeder weiß, wo sein Geld landet, diese Angebote haben einen großen Zulauf."

In der Diskussion in dem Kirchentagsworkshop wurde betont, dass immer wieder der Blick auf die vermeintliche Macht der Konsumenten gerichtet würde, dass die Investoren aber wahrscheinlich einen viel größeren Einfluss hätten. Diesen Einfluss könnten auch die Kirchen ausüben, die aber beispielsweise bei ihren riesigen Pensionsfonds immer noch vor allem auf Aktien setzten. Eigentlich - so Wolfgang Kessler - könnten die Sparer und Investoren ihre Macht so einfach nutzen.

"Ich glaube, dass die Revolution, die wir da brauchen, jetzt schon eingeleitet werden kann, dadurch dass viele Sparer am Schalter ihrer Bank eine revolutionäre Frage stellen. Die lautet: Wissen Sie eigentlich, wo sich gerade mein Geld herumtreibt."