Superreiche sollen mitbezahlen
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Sie legten es auf Steuererstattungen an, die sie nicht gezahlt hatten. Am Bonner Landesgericht hat nun ein Prozess in den milliardenschweren "Cum-Ex"-Steuerskandalen begonnen. Unfair seien solche "Betrugsstrategien" in jedem Fall, meint Ethnologe Wolfgang Kaschuba.
Der erste Strafprozess um dubiose Cum-Ex-Aktien-Deals hat in Bonn begonnen. Zwei ehemalige britische Aktienhändler sind wegen Steuerhinterziehung angeklagt.
Beim Deal mit der "Cum-ex-Masche" besorgten sich Aktienhändler am Tag der Dividende für die einmal abgezogenen Quellensteuern mehrere Steuerbescheinigungen und ließen sich so vom Finanzamt Steuern erstattet, die sie gar nicht gezahlt hatten.
Legal ist noch lange nicht legitim
Neben einem "juristischen Urteil" sei in einem solchen Fall ein "moralisches Urteil" gefragt, sagt dazu der Ethnologe und Kulturwissenschaftler Wolfgang Kaschuba. Geklärt werden müsse eben nicht nur die "Legalität" dieser Deals, sondern auch "Legitimität" solchen Handelns auf Kosten aller Steuerzahler.
Wenn bei der Steuer jemand Betrugsstrategien entwickele, berühre das Fragen der Fairness. Zudem gehe es um die Frage nach der Humanität:
"Wenn wir wissen, wir können jeden umbringen, sollten wir das vielleicht dennoch nicht tun. Das gilt natürlich auch für viele andere Dinge, die wir dann unter Umständen nicht tun sollten", sagt Kaschuba.
"Dafür bitteschön mitbezahlen"
Der Ethnologe warf die Frage auf, warum superreiche Menschen aus Gründen der Steuerersparnis eben meistens doch nicht ins Ausland abwanderten, wie oft behauptet, und meint:
"Warum? In Kolumbien müssten sie die Hälfte ihres Vermögens für ihre Security-Armee ausgeben. Bei uns macht das Polizei. Dafür müssen sie bitteschön mitbezahlen."
(huc)