EU-Datenschutzreform

"Die wirklich wichtigen Fragen werden nicht berücksichtigt"

Google-Schriftzug auf Computermonitor und Löschungsantrag, Datenlöschung von Google-Suchergebnissen.
Die Anzeige zum Antrag auf Datenlöschung von Google-Suchergebnissen © imago/Christian Ohde
Jeanette Hofmann im Gespräch mit Christian Rabhansl |
Die Internetexpertin Jeanette Hofmann sieht die geplante europäische Datenschutzreform skeptisch. Es brauche eine Interessenvertretung, die verhandele, was mit unseren Daten passieren darf und was nicht, so die Direktorin des Berliner Instituts für Internet und Gesellschaft.
Internetnutzer müssten oft hinnehmen, dass ihre persönlichen Daten gesammelt und ausgewertet würden – weil kein Einzelner auf Augenhöhe mit globalen Internetkonzernen agieren könne. Das sagt Jeanette Hofmann, die auch Forscherin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) ist.
"Meiner Meinung nach ist das Problem, dass wir dem Individuum extrem viel Entscheidungsverantwortung aufbürden, die wir individuell eigentlich gar nicht tragen können. Und das wird in Zukunft, nämlich dann, wenn wir das Internet der Dinge bekommen, unsere Autos sich mehr und mehr in Computer verwandeln, die mit anderen Autos und Werkstätten und ich weiß nicht wem kommunizieren, mit der Autoversicherung womöglich auch noch, da haben wir individuell gar nichts mehr einzuwilligen."
Jeanette Hofmann Politikwissenschaftlerin am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin, spricht am 21.03.2014 auf dem zweitägigen Kongress (21.+22.03.2014) Literatur Digital im Haus der Kulturen der Welt in Berlin.
Die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann© dpa / Roland Popp
So, wie es für die Lohnverhandlungen Gewerkschaften gebe, brauche es "auch eine Interessenvertretung, die in unser aller Namen bestimmte Regeln verhandeln, nämlich die Frage, was mit unseren Daten passieren darf und was nicht."
Wie sollte der europäische Datenschutz reformiert werden? Was lässt sich global durchsetzen? Wie wichtig ist das Prinzip der Netzneutralität? Und warum kommt der Breitbandausbau so schleppend voran?

Die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann ist Direktorin am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, das von Google initiiert und weitgehend finanziert wurde. Zudem forscht Hofmann am Wissenschaftszentrum Berlin zur Regulierung des Internets und zur Informationsgesellschaft. Als Sachverständige war sie Mitglied der Bundestags-Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" (2010 bis 2013). Sie berät die Bundesregierung zum Breitband-Ausbau und hat am UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft mitgewirkt.


Lesen Sie hier das Gespräch mit Jeanette Hofmann im Wortlaut
Deutschlandradio Kultur: Das Fiepen und Piepen eines 64k-Modems - das ist ein Geräusch aus der Steinzeit des Internetzeitalters, als wir uns noch in einem Schneckentempo eingewählt haben, und die Bilder sich noch zeilenweise aufgebaut haben. Das ist lange her. Seither hat sich das Internet rasant verändert, und zwar nicht nur die Übertragungsgeschwindigkeiten. Heute umgibt uns das Internet eigentlich jederzeit. Viele von uns sind überhaupt nicht mehr offline. Das hat unser Leben verändert, keine Frage. Das hat die Gesellschaft verändert, die Politik, die Wirtschaft.
Eine Frage ist aber heute noch dieselbe wie in den Anfangstagen des Internets, nämlich: Wer bestimmt die Regeln? Die Politik, die Industrie? Oder gibt es vielleicht wirklich noch das angeblich freie Internet?
In der Sendung Tacheles im Deutschlandradio Kultur spreche ich heute mit einer Frau, die das Internet seit seinen Anfängen erforscht und es bis heute tut. Sie ist Direktorin des Alexander von Humboldt Institutes für Internet und Gesellschaft. Das ist ein von Google initiiertes und weitgehend bezahltes Institut. Sie leitet am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung die Projektgruppe "Politikfeld Internet". Sie hat den Bundestag beraten und die Bundesregierung. Sie steht im ständigen Kontakt mit IT-Experten in der ganzen Welt. – In einem kurzen Satz: Diese Frau kennt sich aus.
Jeanette Hofmann, vielen Dank, dass Sie bei uns sind in Tacheles. Herzlich willkommen.
Jeanette Hofmann: Hallo.
Deutschlandradio Kultur: Wenn ich jetzt sage, Sie haben das Internet seit den ersten Tagen schon erforscht und begleitet, können Sie sich noch erinnern, wie Sie das erste Mal online waren?
Jeanette Hofmann: Ja.
Deutschlandradio Kultur: Was war das?
Jeanette Hofmann: Das ist ganz prägend. Mir geht es immer noch manchmal durch den Kopf, denn so eine Situation erlebt man selten, dass man nämlich ein neues Objekt vor sich hat und überhaupt nicht weiß, was es ist, weil es sich in keine der einem selbst vertrauten Kategorien fügen will.
Ich erinnere mich daran, wie unsere Datenverarbeitungsgruppe durchs Haus zog, auch schon am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Es war ungefähr November 1992. Wir hatten ja alle schon PCs mit so kleinen Schwarz-Weiß-Bildschirmen, riesig große Dinger mit kleinen Bildschirmen. Und sie haben gesagt: Wir vernetzen euch jetzt heute mal. Passt es dir heute Nachmittag, Jeanette, dann komme ich mal vorbei. – Dann haben sie ein paar Kabel an meinen Rechner angeschlossen. Und dann wollen sie schon wieder gehen und ich fragte: Und? Was jetzt? Was ist das jetzt?
Dann haben sie mir die Kommandozeile gezeigt und mir ein paar Unix-Befehle genannt. Und sie haben mir auch noch als spezielle Dienstleistung einen ganz langen Papierausdruck mit so Lochstreifen am Rand gegeben. Da standen unendlich viele Namen von Mailinglisten drauf. Und ich wusste nicht, was das ist. Ich wusste nicht, was das Internet ist. Internetdienste gab es zu der Zeit kaum. Es gab noch kein Word Wide Web. Es war alles schwarz-weiß.
Sie haben mir Email erklärt. Das war vielleicht zu der Zeit sicher der populärste Dienst, ist ja heute auch noch ganz populär, aber es gab eben zu der Zeit noch ganz wenige Sozialwissenschaftler, die überhaupt online waren und mit denen man sich hätte Emails wechselseitig schicken können.
Deutschlandradio Kultur: Dieses neue Medium hat Sie damals aber trotzdem gleich angefixt. Zwei Jahre später schon, 1994, waren Sie eine der Gründerinnen des Projektes "Kulturraum Internet", auch hier am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, dem WZB.
Was reizt Sie denn derartig an dem Thema Internet, dass Sie dem Ihr ganzes Arbeitsleben widmen?
"Man hatte ganz klar das Gefühl, hier entsteht was radikal Neues"
Jeanette Hofmann: Am Anfang war es sicher die Schnelligkeit, die Schnelligkeit der Datenübertragung. Man konnte auch damals schon mit einfachen Befehlen sehen, wie schnell die Daten über den Atlantik huschten. Man konnte sich damals, weil es so eine kleine Gemeinde war, mit faktisch jedem, der ans Internet angeschlossen war, verständigen. Jeder hat auf Emails reagiert. Und man hatte ganz klar das Gefühl, hier entsteht was radikal Neues, das anders ist als alle Kommunikationsdienste, die zu der Zeit verbreitet waren.
Deutschlandradio Kultur: Und es hat sich radikal weiter verändert. Ich habe das vorhin schon gesagt. Ich habe behauptet, eine Frage sei heute noch die gleiche wie damals, nämlich die Frage: Wer setzt eigentlich die Regeln? Ist das richtig?
Jeanette Hofmann: Ja.
Deutschlandradio Kultur: Haben Sie nach all den Jahren eine Antwort auf diese Frage?
Jeanette Hofmann: Wenn ich auf irgendwas stolz bin, dann wohl darauf, dass ich die Fragen immer präziser stelle. Also, ich glaube, meine Fragen werden besser. Und eines, was ich vielleicht über die Jahre verstanden habe, ist, dass man es beim Internet mit einer speziellen Mischung zu tun hat aus nationalen und nicht nationalen Regeln, technischen, kulturellen, sozialen, rechtlichen Regeln. Und die zusammen bilden so etwas wie eine Ordnung, die sich ihrerseits beständig weiterentwickelt.
Deutschlandradio Kultur: Wir kommen gleich auf die anstehende europäische Datenschutzreform. Da ist etwas, was wir in den letzten Jahren schon erlebt haben, dass die EU eingeführt hat das sogenannte "Recht auf Vergessenwerden". Das heißt, große Suchmaschinen, Google im Speziellen hat da sehr gegen gekämpft, werden gezwungen, bestimmte Links zu löschen, wenn Bürger das nicht möchten, dass Dinge aus ihrer Vergangenheit da abzurufen sind. – Hat sich dieses Recht auf Vergessenwerden bewährt?
Jeanette Hofmann: Also, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs besagte, dass Suchmaschinenanbieter bestimmte Links nicht mehr zugänglich machen dürfen. Das heißt, es geht nicht darum, dass Inhalte gelöscht werden, sondern dass nur die Sichtbarkeit dieser Inhalte durch Links zurückgenommen wird. Das ist aber noch nicht Bestandteil der Datenschutzreform.
Deutschlandradio Kultur: Darüber wird auch geredet.
Jeanette Hofmann: Ja.
Deutschlandradio Kultur: Aber dieses Urteil wird jetzt ja schon umgesetzt. Es sind schon sehr viele Links gelöscht worden. Hat sich das bewährt?
"Im Internet geraden unter Umständen Menschenrechte in Konflikt miteinander"
Jeanette Hofmann: Also, viele Experten halten dieses Recht aus zwei Gründen für sehr problematisch. Zum einen ist dadurch erstmalig für uns sichtbar geworden, dass Menschenrechte im Internet unter Umständen in Konflikt miteinander geraten, denn hier konkurriert das Recht auf die eigene Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung.
Und das ist eine zweite Kritik daran, dass die Kriterien sehr unscharf gehalten sind. Das heißt, dass wir privaten Anbietern wie Google eine enorme Macht darüber einräumen, wie dieses Gerichtsurteil jeweils ausgelegt wird. – Und ob das wirklich intendiert ist und wir das wollen, dass Private in einem Verfahren, das nicht mal transparent ist, in unserem Namen klären, was wir zu sehen bekommen und was nicht, das halte ich für sehr problematisch.
Deutschlandradio Kultur: Und bei dieser Grundsatzfrage: "Recht auf Privatheit versus Meinungsfreiheit", auf welche Seite schlagen Sie sich da?
Jeanette Hofmann: Ich glaube nicht, dass man das so einfach bewerten kann, dass man sagen kann, das eine sollte höher gewertet werden als das andere. Was man sehen kann, ist, und das hat man schon daran erkennen können, wie dieses Urteil in verschiedenen Ländern aufgenommen worden ist: In Deutschland ist es gefeiert worden als ein Sieg der Nutzer über Google.
In anderen Ländern, in den USA, aber auch in England, in Holland, da war die Sorge groß, dass unser Recht auf freie Meinungsäußerung hier übergebührlich eingeschränkt wird, weil wir ohnehin eine immer stärkere Regulierung von Inhalten beobachten können im Laufe der Jahre.
Deutschlandradio Kultur: Wenn wir jetzt über das Recht auf Vergessenwerden sprechen, gegen das besonders Google stark angekämpft hat, weil eben das Urteil Google betroffen hat, dann müssen wir auch kurz drüber sprechen, dass Sie für das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft arbeiten. Da sind Sie Co-Direktorin. Das ist von Google initiiert, wird bislang zum allergrößten Teil von Google bezahlt – von 2011 bis 2016, wenn ich das richtig zusammengerechnet habe, mit neun Millionen Euro, mit Option auf Verlängerung.
Woher wissen unsere Hörer jetzt, ob Sie gerade Ihren wissenschaftlichen Sachverstand hören oder die finanzielle Abhängigkeit von Google?
"Google bestimmt nicht über unsere Inhalte"
Jeanette Hofmann: Wir sind ja insgesamt vier Direktoren. Zum einen ist es so, dass wir alle nur unter der Maßgabe eingewilligt, dieses Institut aufzubauen, dass wir wissenschaftlich völlig frei sind. Niemand von uns hätte sich auf eine Institutsgründung eingelassen, wenn Google gesagt hätte, sie würden uns inhaltlich reinfunken. Und ich kann Ihnen nur aus meiner eigenen Erfahrung sagen: Wenn ich ein Drittmittelprojekt, sagen wir, bei einem deutschen Ministerium beantrage, dann sind die Auflagen, die mir das Ministerium inhaltlich macht, wesentlich stärker. Google stellt uns diese Mittel zur Verfügung. Sie sitzen bei uns im wissenschaftlichen Beirat, aber sie bestimmen nicht über unsere Inhalte.
Und als ich gefragt wurde, ob ich diesen Job übernehmen will, hab ich gerade zu der Zeit Google kritisch publiziert zum Thema Google Books. Also, Google wusste, dass ich eine zumindest geteilte Meinung über ihre eigenen Geschäftsmodelle habe.
Deutschlandradio Kultur: Trotzdem, Frau Hofmann, fällt es mir jetzt ein bisschen schwer zu glauben, dass Sie wissen, dass mit neun Millionen für diesen Zeitraum die Existenz Ihres Institutes von Googles gutem Willen abhängt und dass das nicht, wenn Sie sich überlegen, was erforschen wir denn als nächstes, irgendwo im Hinterkopf herumspukt.
Jeanette Hofmann: Ja, aber es ist nicht so, dass unsere Forschung Google nutzen würde in dem Sinne. Erstens ist dieses Unternehmen ja unermesslich reich. Und wenn sie Informationen benötigen oder bestimmte Forschungsfragen haben, können sie das locker mit eigenen Mitteln stemmen. Sie brauchen uns dazu nicht. Es wäre eine völlige Überschätzung unsererseits, wenn man denken würde, dass Google für seine Reputation auf ein kleines Institut wie uns angewiesen ist.
Deutschlandradio Kultur: Wir haben vorhin schon über das Recht auf Vergessenwerden gesprochen, deshalb jetzt kurz dieser Ausflug zu Google, und über die Datenschutzreform, die jetzt ansteht. Darum ringt Europa schon seit Jahren. Es sah lange Zeit so aus, als würde das überhaupt nicht klappen, obwohl das europäische Datenschutzrecht veraltet ist, zersplittert ist. Jetzt vor ein paar Wochen hat sich die EU-Kommission zumindest auf einen Entwurf geeinigt. Der wird jetzt mit dem Parlament verhandelt. Und bis Jahresende soll eine Reform stehen, angeblich. – Ist das angesichts dieser langen Geschichte eine gute Nachricht?
"Es ist gut dass das Datenschutzgesetz reformiert wird"
Jeanette Hofmann: Also, es ist sicher eine gute Nachricht, dass das Datenschutzgesetz, das wir jetzt haben, das ja seit 1995 so besteht, reformiert wird. Und ich glaube auch, dass es unbedingt an der Zeit ist, die veränderten digitalen Rahmenbedingungen, die wir jetzt sehen, zu reflektieren und daraus neue Regeln zu generieren.
Deutschlandradio Kultur: Was ist da das Wichtigste?
Jeanette Hofmann: Aus meiner Sicht sind die wirklich wichtigen Fragen, die wir uns heute stellen müssen, die, die in dieser Reform gar nicht berücksichtigt werden. Aber ganz viele Leute sind natürlich der Auffassung, dass man faktisch die rechtliche Stellung der individuellen Nutzer gegenüber Contentanbietern stärkt. Es ist ja zurzeit tatsächlich so, dass wir sehr viele Dienste kostenfrei nutzen und dafür mit unseren persönlichen Daten zahlen. Dass wir zumindest über diese Daten eine gewisse Kontrolle bekommen, das halte ich für unabdingbar.
Deutschlandradio Kultur: Haben Sie den Eindruck, das wird geschehen mit dieser Datenschutzreform?
Jeanette Hofmann: Ja und nein. Wir sehen ja heute schon, dass wir ganz häufig unsere Einwilligung zur Weiterverarbeitung unserer persönlichen Daten geben, weil wir eine bestimmte Nutzung einfach haben wollen und wir darauf nicht verzichten wollen. Und dieses Dilemma wird die Datenschutzreform, so wie sie jetzt aussieht, nicht auflösen.
Meiner Meinung nach ist das Problem, das wir zurzeit haben, dass wir dem Individuum extrem viel Entscheidungsverantwortung aufbürden, die wir individuell eigentlich gar nicht tragen können. Und das wird in Zukunft, nämlich dann, wenn wir das Internet der Dinge bekommen, unsere Autos sich mehr und mehr in Computer verwandeln, die mit anderen Autos und Werkstätten und ich weiß nicht wem kommunizieren, mit der Autoversicherung womöglich auch noch, da haben wir individuell gar nichts mehr einzuwilligen. Das sind Infrastrukturen, die da entstehen. Und womöglich ist da die richtige Entscheidungsebene nicht das Individuum, das – selbst wenn es wohl informiert ist – aus diesem Dilemma, bestimmte Dienste nutzen zu wollen und mit eigenen Daten zu zahlen, einfach nicht rauskommt.
Womöglich brauchen wir da andere Entscheidungsebenen in dem Sinne, dass wir aggregiert mit der Internetindustrie darüber verhandeln.
Deutschlandradio Kultur: Was bedeutet das?
Jeanette Hofmann: Dass wir, wie wir beispielsweise für die Aushandlung von Einkommen Gewerkschaften haben, wir womöglich auch eine Interessenvertretung für Nutzer haben, die in unser aller Namen bestimmte Regeln verhandeln, nämlich die Frage, was mit unseren Daten passieren darf und was nicht. Das ist ein Problem.
Ein weiteres Problem ist, dass man sich fragen muss, ob der Begriff persönliche Daten überhaupt noch sinnvoll ist, wenn es doch mehr und mehr in Zeiten von Big Data so ist, dass eigentlich im Rahmen von Profiling-Technologien unsere Daten immer auf uns zurückgeführt werden können, also es faktisch gar keine Daten mehr gibt, die frei von persönlichem Bezug sind.
Deutschlandradio Kultur: Solche Daten werden gesammelt. Dann werden statistische Zusammenhänge erstellt. Dadurch kann ich dann wiederum auf den Einzelnen Rückschlüsse ziehen, auch wenn ich vielleicht die einzelnen Detaildaten zu ihm gar nicht habe. Darauf haben Sie jetzt gerade angespielt. Das ist ein Geschäftsmodell, das Firmen wie Google und Facebook par excellence betreiben. Und die stellen sich sehr oft auf den Standpunkt: Ihr könnte ja in Europa schöne Datenschutzregelungen haben, aber wir sind ja überhaupt nicht bei euch. Wir werden ja nur über das Internet zu euch verbreitet. Deswegen müssen wir uns auch gar nicht an euer Recht halten.
Hilft da eine Datenschutzreform? Oder haben wir dann schöne Regeln, die aber überhaupt nicht zutreffen, weil die ganzen großen Internetkonzerne überhaupt nicht in Europa sitzen?
Jeanette Hofmann: Sie haben ja alle hier eine Vertretung. Und zurzeit sitzen sie überwiegend in Irland und das gerade deshalb, weil wir so ein Gefälle der Bestimmungen haben. Die europäische Datenschutzreform zielt ja gerade darauf ab, dieses Gefälle wenn nicht ganz zu nivellieren, dann doch zumindest etwas einzuebnen.
Wie es sich im Moment abzeichnet, wird es nicht gelingen, eine vollständig homogenisierte Regelung für ganz Europa, für die ganze EU zu schaffen, aber zumindest die Unterschiede etwas einzuebnen, damit wir als deutsche Nutzerinnen und Nutzer zum Beispiel nicht irischem Datenschutzrecht unterliegen.
"US-Datenschützern schauen mit großem Interesse auf die europäischen Regelungen"
Deutschlandradio Kultur: Jetzt sagen Sie, Sie haben schon so ein bisschen Zweifel dran, dass wir es überhaupt auf europäischer Ebene hinbekommen. Sie haben, ich glaube 2011, sich sogar für eine weltweite Charta ausgesprochen. – Ist das ein schöner Traum oder glauben Sie wirklich an so etwas?
Jeanette Hofmann: Also, wie so was pragmatisch zu denken ist, ist ja, dass ein großer Wirtschaftsraum, der eine gewisse Macht hat qua seiner Wirtschaftsleistung, häufig seine Regelungen auf andere ausweitet, indem beispielsweise Vertragsbedingungen, die mit europäischen Nutzern geschlossen werden, bestimmten Anforderungen genügen müssen.
Insofern ist es übrigens auch bei amerikanischen Datenschützern so, dass die mit großem Interesse auf die europäischen Regelungen schauen, weil sie sich eine gewisse Wirkung auf ihren eigenen Rechtsraum davon erwarten. Das ist also nichts vollkommen Ungewöhnliches. Man muss sich nicht vorstellen, dass alle soundso viel hundert Länder der Erde zusammenkommen und versuchen sich auf eine Regelung zu einigen, sondern das wird mit schierer Marktmacht sich verbreiten.
Deutschlandradio Kultur: Aber glauben Sie, dass wir in Europa wirklich so eine große Marktmacht haben? Denn, wie gesagt, die Konzerne sitzen alle nicht hier. Wir sind ausschließlich die Kunden.
Jeanette Hofmann: Es ist ja so, dass Unternehmen, die in Europa wirken, sich auch europäischen Regeln unterwerfen müssen. Das ist wiederum nichts Ungewöhnliches und das wird auch diese Datenschutzreform ganz sicher beinhalten. Das Problem ist nur, dass die Regelungen, die wir für Europa im Sinn haben, zum Teil konfligieren mit den Anforderungen, die der amerikanische Gesetzgeber an amerikanische Unternehmen stellt. Und das betrifft vor allem Offenlegungspflichten.
Deutschlandradio Kultur: Ja, und das betrifft dann eben auch die Niederlassungen in Europa. Ich erinnere mich an einen Fall, dass beispielsweise Microsoft extra für europäische Kunden in Europa ein Datenzentrum gebaut hat. Die amerikanischen Richter waren trotzdem der Meinung, das ist uns egal, wo die Daten physisch liegen. Die gehören uns. Wir dürfen da zugreifen. – Reden wir über Regeln, die überhaupt nichts bringen?
Jeanette Hofmann: Ich würde nicht sagen, "die nichts bringen", sondern sie konfligieren. Und damit ist einfach offen, wer sich hier durchsetzt und welche Lösung hier gefunden wird. Wir hatten ja schon mal so ein Abkommen, das gerade dafür geschaffen worden war, um die unterschiedlichen Rechtstraditionen im Bereich des Datenschutzrechtes auszugleichen.
Deutschlandradio Kultur: Die amerikanischen Firmen hatten zugesagt, wir halten euer europäisches Recht ein. Also durften die Daten auch in den USA gespeichert werden.
Jeanette Hofmann: Aber das ist natürlich Makulatur, wenn der amerikanische Gesetzgeber von amerikanischen Unternehmen verlangt, dass sie alle ihre Daten teilen.
Deutschlandradio Kultur: Deshalb wundere ich mich ein bisschen über Ihren Optimismus.
Jeanette Hofmann: Ich habe nicht notwendigerweise einen Optimismus, was die Auseinandersetzung zwischen Menschenrechten und Terrorbekämpfung anbelangt. Da sehe ich im Moment auch kein Licht am Ende des Tunnels. Ich glaube, da haben wir noch einen langen Weg vor uns. Aber was die potenzielle Wirkungsmacht europäischer Regelungen anbelangt, da – finde ich – gibt es eine ganze Reihe von Beispielen, nur nicht unbedingt in den Rechtsbereichen, die man sich so wünscht. Also, man mag nicht immer mögen, was in diesen Regeln drin steht und was sie für die Nutzer im Einzelnen bewirken, aber dass große mächtige Rechtsräume für Dritte die Regeln setzen, das ist schon ganz lange so.
Deutschlandradio Kultur: Und wie optimistisch sind Sie, dass da überhaupt eine Einigkeit hier in Europa besteht?
Wenn ich mit Freunden aus anderen Ländern rede und die hören mich dann immer von Datenschutz reden, da verdrehen die die Augen. Manchmal habe ich den Eindruck, das ist irgendwie schon ein sehr deutsches Steckenpferd und eigentlich interessiert das sonst niemanden so richtig.
Prinzipiell sind wir besorgt um unsere Daten
Jeanette Hofmann: Ich würde sagen, dass man gerade in Deutschland das, was wir als privacy paradox bezeichnen, sehr stark sehen kann, dass wir auf der prinzipiellen Ebene immer wieder sehr besorgt um den Datenschutz sind, aber auf der praktischen Ebene…
Deutschlandradio Kultur: .. aber trotzdem alle bei Facebook sind.
Jeanette Hofmann: Ja. …auf der praktischen Ebene uns nichts weniger interessiert als, wo unsere Daten landen. Auch da, glaube ich, haben wir so eine Art kulturelle Lücke zwischen dem, was wir auf der Prinzipienebene für wichtig erachten, und eben dieser praktischen Verlockung, wenn man sich mit Internetdiensten befasst.
Deutschlandradio Kultur: Es gab vor ein paar Tagen erst eine Umfrage in verschiedenen Ländern weltweit, die gezeigt hat, dass die Deutschen zwar glauben, ihre Daten seien am wertvollsten und sich da am meisten Sorgen machen, gleichzeitig am wenigsten Ahnung haben, was wird eigentlich mit den Daten gemacht, und vom Verhalten her sich überhaupt nicht unterscheiden. – Sind wir eigentlich komplett unmündige Bürger?
Jeanette Hofmann: Nee, das hat sicher auch was damit zu tun, dass die Digitalisierung ja auch eine erhebliche Abstraktionsleistung von den Bürgern und Bürgerinnen verlangt. All das, worüber wir uns Gedanken machen sollen, ist in seinen Konsequenzen für uns gar nicht sichtbar. Und trotzdem sollen wir uns so verhalten, als wäre das, was irgendwann mal eintreten kann in der Zukunft oder tatsächlich hinter unserem Rücken schon passiert, etwas, das uns klar vor Augen ist. Und das, denke ich, verlangt den Menschen schon sehr viel ab.
Deutschlandradio Kultur: Sie hören Tacheles. Heute ist Jeanette Hofmann zu Gast. Wir haben uns in Ihrem Büro getroffen im "Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialwissenschaften", dort leitet Jeanette Hofmann die Projektgruppe "Politikfeld Internet". Und sie ist Direktorin am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, und dort zuständig für den Bereich "Internetpolicy und Governance".
Ein Regelwerk, das momentan ganz heiß diskutiert wird, ist die Frage nach der sogenannten Netzneutralität – sehr grob vereinfacht die Regel, die bislang galt: Vor dem Internet sind alle Daten gleich.
Warum ist das ein Punkt, der so derartig wichtig ist, dass er gerade so diskutiert wird?
Jeanette Hofmann: Zum einen ist es so, dass wir mehr und mehr Streamingdienste benutzen, wo es tatsächlich stört, wenn es ruckelt. Und die Internetserviceprovider stellen sich auf den Standpunkt, dass Leute, Contentanbieter, die Zugang zu ihren Endkunden haben wollen, dafür zahlen sollen, wenn sie eine möglichst schnelle Verbindung haben wollen.
Deutschlandradio Kultur: Machen wir es konkret.
Jeanette Hofmann: Netflix, Spotify.
Deutschlandradio Kultur: Also zum Beispiel Streaminganbieter für Filme, für Musik, die sagen, wir wollen einen schnellen Zugang durch – egal ob Telekom oder einen anderen Anbieter – zu Ihnen, Frau Hofmann, nach Hause.
Jeanette Hofmann: Ja. Früher bei der Email, da macht es nichts, ob…
Deutschlandradio Kultur: … langsamer übertragen wird oder schneller.
Jeanette Hofmann: Ja. Aber bei Streamingdiensten, sei es Video oder sei es Audio, wollen wir, dass das ruckelfrei bei uns ankommt. Und wenn man mal genau vergleicht, wird man heute, wenn man eine Breitbandnutzung zu Hause hat, feststellen, dass die Dienste unterschiedlich schnell sind. Eine Netflix-Verbindung funktioniert zumindest bei Berliner Haushalten normalerweise ganz gut, weil diese Anbieter spezielle Verträge mit den einzelnen Internetserviceprovidern schließen, und zwar darüber, dass eine Bandbreite garantiert ist.
Deutschlandradio Kultur: Das klingt doch erstmal so, als würde ich als Nutzer sehr davon profitieren. Viele Netzaktivisten hören sich aber so an, als stünde mit dieser Frage, dürfen einzelne bestimmte Daten schneller transportiert werden als andere, als stünde damit eigentlich die Freiheit des Internets auf dem Spiel. – Ist das so?
Jeanette Hofmann: Man muss sicher auch da die Kirche im Dorf lassen, aber faktisch ist es schon so, dass mit diesem Geschäftsmodell, wenn der Internetserviceprovider eben fast eine Monopolposition einnimmt, an der kein Anbieter vorbei kommt, kann er sich seine eigene Stellung zunutze machen. Und das privilegiert natürlich Unternehmen, die – sagen wir – sehr viel Risikokapital einsammeln konnten oder einfach eine große Marktmacht haben und deshalb in der Lage sind, den finanziellen Forderungen nachzukommen.
Wenn wir uns aber jetzt den kleinen Startup vorstellen, der womöglich noch gar kein Risikokapital hat und aus eigenen Mitteln versucht, eine Marktposition erst aufzubauen, dann hat der Probleme hier ins Geschäft zu kommen.
70 bis 80 Milliarden Euro wären für ein flächendeckendes schnelles Glasfasernetz in Deutschland nötig
Deutschlandradio Kultur: Das heißt, das ist dann für mich als Kunde das Problem: Ich habe zwar jetzt erstmal eine schnelle Verbindung zum Netflix, dem großen Marktführer, aber…
Jeanette Hofmann: Aber der neue Konkurrent…
Deutschlandradio Kultur: Aber es wird kein Neuer kommen und langfristig leide ich dann auch selber drunter.
Jeanette Hofmann: Den sehen Sie nicht. Das ist das Problem. Oder das, was Sie von ihm Angeboten bekommen, ist so schwer erreichbar. Also, das ist ein konstruierter Fall, aber wir können sehen, dass damit die Hürde für Anbieter neuer Dienste auf jeden Fall steigt.
Deutschlandradio Kultur: Das Ganze ist natürlich auch eine Kostenfrage. Die Anbieter der Internetzugänge, zum Beispiel die Telekom, argumentieren ja: Es gibt hier Dienste, die transportieren Filme. Das sind unglaubliche Datenmengen. Die zahlen dafür überhaupt nichts. Wir müssen die Infrastruktur bauen. Die Infrastruktur wird immer teurer, weil immer mehr Daten durchgeleitet werden. Und deswegen wollen die da zusätzlich kassieren. – Ist das nicht nur recht und billig?
Jeanette Hofmann: Ja und nein. Einerseits ist es natürlich so, dass wir als Endkunden verschiedene Bandbreiten wählen können und zahlen demgemäß unterschiedlich viel. Eigentlich, könnte man sagen, ist das Geschäftsmodell, dass wir für die Leitung zahlen und dafür den Content beziehen können.
Andererseits aber ist es natürlich so, dass mit dem, was wir monatlich zahlen, der unbedingt erforderliche Ausbau des Breitbandnetzes in Deutschland nicht zu finanzieren ist. Und es stellt sich die Frage, woher die Mittel dafür kommen. Wir wissen ja auch, wir haben sehr viele weiße Flecken in Deutschland und es bedarf vermutlich 70 bis 80 Mrd. Euro, um ein flächendeckendes schnelles Glasfasernetz in Deutschland zu verlegen.
Deutschlandradio Kultur: Da gibt es aus dem Jahr 2008 schon das Versprechen der Bundesregierung, innerhalb von zwölf Monaten könnte man das fast vollständig beheben, so dass alle Menschen einen Breitbandanschluss haben. Jetzt gibt es seit der digitalen Agenda seit einem Jahr wieder dieses Versprechen. Bis 2018 soll es jetzt behoben werden. Das verschiebt sich immer wieder einmal.
Jeanette Hofmann: Bei "behoben werden" muss man auch aufpassen, wovon man eigentlich redet. Es geht ja immer um eine gewisse Bandbreite, die erreicht werden soll. Und Kritiker behaupten ja, dass selbst das Ziel, was sich die Bundesregierung jetzt gesteckt hat, eigentlich schon ein veraltetes ist. Das, was einem vor fünf Jahren noch als kommod erschien, mag ja in 2018 einfach gar nicht mehr ausreichen.
Deutschlandradio Kultur: Diese Kritiker sagen ja auch, dass Deutschland sowieso im internationalen Vergleich da schon sehr, sehr schlecht ausgebaut ist. Teilen Sie diese Kritik?
Jeanette Hofmann: Es gibt sehr viel verschiedene Zahlen. Und natürlich wird auch Breitbandzugang von Land zu Land unterschiedlich kategorisiert. Aber nach den letzten Zahlen, die wir auch gesehen haben, ich bin Mitglied in einem Beratungsgremium des Verkehrsministerium, das ja dafür auch zuständig ist, und da sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir im europäischen Mittel liegen. Das kann eigentlich unseren eigenen Ansprüchen gar nicht genügen.
Deutschlandradio Kultur: Wer ist denn aber dann für diesen schleppenden Ausbau in Deutschland verantwortlich? Die Industrie oder die Bundesregierung?
Jeanette Hofmann: Beide, würde ich sagen. Zum einen ist es so, dass natürlich die Bundesregierung nur sehr begrenzt Mittel zur Verfügung stellt. Aber es ist auch so, dass die Industrie, denke ich, nicht wirklich sieht, welcher Markt ihr da auch entgeht.
Es wäre schon auf jeden Fall sinnvoll, und wir sehen ja, dass das in anderen Ländern auch funktioniert, dass die Industrie sich das jetzt endlich mal vornimmt und Glasfaser ausbaut.
Deutschlandradio Kultur: Es gibt aber auf der ganzen Welt noch viel größere weiße Flecken. Und da gibt es jetzt Projekte von Google, aber eben auch von Facebook, den Menschen dort einen auf den ersten Blick kostenlosen Internetzugang zu gewähren. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Menschen, die dort auf das Internet zugreifen, nur auf bestimmte Bereiche des Internets zugreifen können. Facebook argumentiert nun: Na ja, besser einen eingeschränkten Zugang als gar keinen. – Stimmen Sie dem zu?
"Kontroversen sind immer für mich einer der Punkte, die meine Forschungen leiten"
Jeanette Hofmann: Also, ich finde, das ist eine sehr interessante Entwicklung, die weltweit sehr, sehr, sehr umstritten ist. Und deshalb interessiert sie mich auch. Kontroversen sind immer für mich einer der Punkte, die meine Forschungen auch leiten. Richtig aufgekommen ist dieser Streit vor ein paar Monaten in Indien. Es geht hier um dieses Projekt Internet.org.
Deutschlandradio Kultur: …hinter dem Facebook steht…
Jeanette Hofmann: Facebook und andere. Das sind immer Konsortien von Anbietern, die dann vor allen Dingen im globalen Süden der Welt, also da, wo überhaupt wenig Geld vorhanden ist, um einen Internetzugang zu finanzieren, dort soll den Internetnutzern eine Art walled garden angeboten werden, ein eingezäunter Garten. Das heißt, man kommt mit dem eigenen Smartphone auf die Websites von Facebook und einigen anderen, aber alle Links, die über dieses Anbieterkonsortium hinausgehen, führen ins Nichts bzw. sie sind kostenpflichtig.
Deutschlandradio Kultur: Auf wessen Seite schlagen Sie sich denn da? Sagen Sie, das ist besser als nicht? Oder sagen Sie, da werden Menschen vom Internet abgeschnitten, statt einen Zugang zu bekommen?
Jeanette Hofmann: Also, ich würde mal sagen, spontan neige ich zu denen, die denken, das ist Teufelszeug, weil sowas ja auch nicht folgenlos bleibt. Da wird eine ganze Generation von neuen Nutzern ja geprägt, die gar nicht wissen, was das offene Internet mal meinte, und auf diese Weise sich von Beginn an auf also auf kuratierte Inhalte einlassen, die immer ein kommerzielles Eigeninteresse haben und doch den Leuten nicht klarmachen, was sie eigentlich alles verpassen.
Deutschlandradio Kultur: Frau Hofmann, wir haben jetzt lange gesprochen über Chancen und Risiken der technologischen Entwicklung, wie sich das Internet weiterentwickelt, wie sich Regulierung weiterentwickelt. Wir haben das Gespräch mit der Frage begonnen, was für sie eigentlich den großen Reiz ausmacht, an dieser ganzen Thematik. Sie beschäftigen sich jetzt sehr viel mit den Risiken auch. Ist der Reiz für Sie nach wie vor vorhanden?
Jeanette Hofmann: Ja. Mir gefällt natürlich, dass sich das Internet mit so einer großen Geschwindigkeit weiterentwickelt. Mir gefällt sehr, dass es viele unserer Traditionen und der Dinge, die wir als selbstverständlich bisher betrachtet haben, infrage stellt. Man denke nur mal an Airbnb und Uber.
Deutschlandradio Kultur: Die private Zimmervermittlung und die private Aurovermittlung.
Jeanette Hofmann: Wir sehen plötzlich, erstmal entstehen neue Dienste, aber wir sehen auch, wie reguliert so was wie ein Taxibetrieb ist oder ein Hotelbetrieb. Der Feuerlöscher muss da sein. Die Kräfte, die im Hotel arbeiten, sollen nach gewissen Stundensätzen bezahlt werden. Und das Internet mit dieser sehr dynamischen Innovationskraft führt uns diese Dinge vor Augen. Und mich als Regulierungsforscherin stellt es vor die Frage: Sind diese Regeln zeitgemäß? Wenn ja, wie sollten sie verändert werden? Diese Fragen sind es. Es ist eine ständige intellektuelle Herausforderung.
Deutschlandradio Kultur: Und die wird uns noch weiterhin begleiten. Frau Hofmann, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
Jeanette Hofmann: Ich danke Ihnen auch.
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