Ralf Fücks ist geschäftsführender Gesellschafter des "Zentrums Liberale Moderne" in Berlin. Er war zuvor Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, wo er für die Inlandsarbeit der Stiftung sowie für Außen- und Sicherheitspolitik, Europa und Nordamerika verantwortlich war. 1989/90 war Fücks Co-Vorsitzender der Grünen und Senator für Umwelt und Stadtentwicklung in Bremen. Er hat zahlreiche Bücher publiziert, zuletzt erschien der Sammelband "Soziale Marktwirtschaft ökologisch erneuern".
Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage
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Angesichts der Lage im polnisch-belarussischen Grenzgebiet fordert der Publizist Ralf Fücks eine humanitäre Lösung für die Flüchtlinge. Die EU dürfe aber zugleich eine Instrumentalisierung der Migranten durch Machthaber Lukaschenko nicht hinnehmen.
Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin angesichts der dramatischen Lage der Migranten an der belarussisch-polnischen Grenze gebeten, Einfluss auf die Regierung in Minsk zu nehmen. Die Instrumentalisierung der Flüchtlinge durch den Machthaber Alexander Lukaschenko sei unmenschlich und vollkommen inakzeptabel, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit.
Es müsse eine humanitäre Lösung für die Flüchtlinge gefunden werden, die jetzt schon seit Tagen in der Grenzregion feststecken, betont auch der Publizist Ralf Fücks. "Gleichzeitig ist klar: Das ist ein politischer Konflikt, da versucht ein Diktator, die Konflikte innerhalb der EU anzuheizen und auch Polen als Nachbarland zu destabilisieren." Die politische Instrumentalisierung von Flüchtlingen könne die EU nicht hinnehmen.
"Die Situation eskaliert jeden Tag"
Deshalb müsse die EU-Außengrenze gesichert werden und gleichzeitig müssten Wege gefunden werden, wie die Flüchtlinge auf legalem Wege Asyl beantragen könnten, so Fücks. Wie das aussehen könnte, müsse jetzt dringend zwischen Brüssel und Warschau beraten werden: "Und zwar wirklich dringend, denn die Situation eskaliert jeden Tag."
Entweder müssten die Flüchtlinge in den Botschaften in Minsk ihre Anträge stellen oder sie müssten in Aufnahmezentren auf polnischem Gebiet gebracht werden, um dort Verfahren durchzuführen - auch mit der Möglichkeit, sie in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken.
Fücks kritisiert den Vorschlag von SPD-Außenpolitiker Nils Schmid, mit der Ukraine darüber zu reden, ob die Flüchtlinge dort vorübergehend aufgenommen werden können. "Die Ukraine hat genug eigene Probleme mit den Binnenflüchtlingen aus dem Donbass, das sind auch 1,5 oder zwei Millionen Leute, die vor dem Krieg fliehen mussten", so der Publizist. "Ich glaube nicht, dass wir unser Problem auf Drittstaaten abwälzen können."
Die Moskauer Führung ist beteiligt
Für die Krise an der belarussisch-polnischen Grenze macht Fücks auch Russland verantwortlich. Es handele sich um ein "Spiel", an dem auch Russland beteiligt sei, so der Publizist. Lukaschenko habe sich erst vorgestern mit Putin getroffen:
"Da gab es eine offizielle Erklärung, die beiden hätten über die Situation an der belarussisch-polnischen Grenze geredet." Und der russische Außenminister Lawrow habe gesagt, Belarus müsse finanziell dafür entschädigt werden, dass es Flüchtlinge von der Grenze weghalte - nachdem es diese selbst ins eigene Land geholt habe.