EU soll Waffenlieferungen an Syrien über Zypern "effektiv unterbinden"
Die Sanktionen gegen Syrien seien nicht ausreichend, meint die grüne Europa-Parlamentarierin Franziska Brantner. Dass Russland über einen Hafen des EU-Mitglieds Zypern Waffen an Assads Regime liefere, sei "schon unglaublich".
André Hatting: Syrien versinkt im Bürgerkrieg, alle Vermittlungsbemühungen gehen der Führung in Damaskus ab, sie lässt weiter mit Panzern und Raketenwerfern die Zentren des Widerstands angreifen. Jeden Tag neue Opfer – und die Welt schaut hilflos zu. Das scheitern der UN-Resolution im UN-Sicherheitsrat hat Syriens Staatschef Assad eher noch ermuntert, so scheint es zumindest. Am Telefon ist jetzt Franziska Brantner, sie ist außenpolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament. Guten Morgen, Frau Brantner!
Franziska Brantner: Guten Morgen!
Hatting: Bereits seit September gilt in der EU ein Ölembargo. Auch der Verkauf von Maschinen für die syrische Industrie ist verboten, genau so wie Investitionen in Firmen. Was hat das genutzt?
Brantner: Unseren Meldungen nach hat es vor Ort durchaus zu Knappheit von diesen Produkten geführt. Was noch dazukommt, sind ja auch gezielte Personensanktionen. Die haben anscheinend noch mehr erreicht, da sind bis jetzt auf der Liste um die 100. Wir fordern schon seit Längerem, dass die aufgestockt wird. Wir haben so eine Liste von ungefähr 200 Leuten von uns, wo wir sagen würden, die müssen da drauf. Das würde dann noch mal die Unterstützung für das Assad-Regime wirklich wahrscheinlich unterminieren. Das ist schon eine alte Forderung, seit Mai, Juni gibt es die, da ist die EU aber leider immer noch nicht so weit gekommen. Wie gesagt, wir sind gerade mal bei diesen 100 Personen. Bei den anderen, bei den Ölsanktionen, begrenztere Auswirkungen, glaube ich, begrenztere Auswirkungen.
Hatting: Sie haben gerade von Meldungen gesprochen, nach denen diese Sanktionen Wirkung zeigen sollen. Was wir aber sehen, ist im Augenblick was ganz anderes!
Brantner: Na ja, was wir sehen, ist, dass sie den Assad noch nicht beeindrucken. Was wir sehen, ist, dass sie vor Ort die Lebensmittel fast schon verteuern. In dem Sinne haben sie, zeigen sie eine Wirkung, aber sie haben nicht die gewünschte Wirkung, dass Assad sich davon beeindrucken lässt oder zumindest noch nicht so weit, dass er deswegen bereit ist zurückzutreten oder einen Prozess einzuleiten, der seine Nachfolge bestimmen würde. Und das ist ja das Ziel. Deswegen ist natürlich immer noch fraglich, inwieweit das wirklich hilft oder ob man nicht zum Beispiel weiter diese auch Sanktionen, die direkt Individuen betreffen, noch verstärken kann und damit den Preis für diejenigen erhöht, die sich weiterhin auf Assads Seite schlagen.
Hatting: Frau Brantner, Sie sprechen von Sanktionen. Reichen die, ist das das einzige Mittel, das wir haben?
Brantner: Nein, die reichen natürlich nicht, wie wir sehen, leider. Momentan sind wir in dieser schwierigen Situation, dass ja bis jetzt die Arabische Liga auch sehr stark vor Ort war, die ihre Mission hatte, die gescheitert ist. Jetzt hat die Arabische Liga nach einer Waffenruhe gerufen und hat das auch an die UN übergeben und hat gesagt, liebe UN, bitte sorgt für Waffenruhe und danach eine Friedensmission. Das ist natürlich alles sehr schwierig. Vor allen Dingen, wie soll man eine Mission wirklich entsenden, bei der zum Beispiel die Russen dagegen stimmen würden oder die Chinesen? Andererseits gibt es auf der humanitären Seite unserer Meinung nach sehr viel zu tun: Die UN hat zum Beispiel immer noch keinen humanitären Koordinator für Syrien ernannt, Ban Ki-moon hat das immer noch herausgezögert, ich denke, das wäre dringend notwendig. Es sind noch längst nicht alle Geldtöpfe dafür ausgeschöpft: Man könnte da wesentlich mehr tun, um zumindest die Not zu lindern. Das sollte unserer Meinung nach so schnell wie möglich passieren.
Hatting: Was könnte denn ein solcher UN-Koordinator leisten? Sie selber haben ja zum Beispiel auch von einem EU-Gesandten für Syrien gesprochen. Wenn man mal schaut, dass die Arabische Liga, also quasi die Brudervölker, wenn man so will, da einfach wieder unverrichteter Dinge abziehen müssen, was soll denn ein Koordinator der UN erreichen können?
Brantner: Der UN-Koordinator wäre für die humanitäre Hilfe, um wirklich die gezielt und effektiv in das Land zu bringen. Der würde in dem Sinne an den Kämpfen hoffentlich erst mal, würde der nicht … keine politische Rolle haben. Das ist ja das Ziel von einem humanitären Koordinator. Der EU-Gesandte für die syrische Opposition wäre ein Symbol um zu sagen, unsere Ansprechpartner sind die Oppositionen, um mit den unterschiedlichsten Kräften der Opposition zu reden und auch mehr politisches Gewicht endlich hinzubringen, um auch die friedlichen Kräfte weiterhin zu stärken. Weil unsere Befürchtung ist, dass, wenn wir das einfach weitertreiben lassen, die Militarisierung sich noch verstärkt und es eben für auch gerade die friedlichen Bewegungen kaum noch Ansprechpartner gibt.
Hatting: Eine Forderung der Grünen im Europäischen Parlament seit Monaten ist ja auch, dass man die syrische Opposition mit Kommunikationsmitteln und Satellitenbildern unterstützt. Ist da bislang irgendetwas in dieser Richtung passiert?
Brantner: Offiziell zumindest nicht, auf jeden Fall von westlicher Seite nicht. Was wir eben gefordert hatten, weil, wie Sie wissen, durften ja Journalisten auch nicht ins Land, deswegen ist es extrem schwierig, Informationen über das Land und aus dem Land zu bekommen, und das Gleiche gilt auch für die Leute vor Ort, dass sie eben extrem schwierige Kommunikationswege haben. Und da wissen wir, dass es so etwas wie Satelliten, wie anderen Technologien gibt, wo wir eigentlich die Bilder haben, die Information haben. Gerade für diejenigen, die sich eben bis jetzt immer noch diesem auch militärischen Kampf verweigert haben, ist es natürlich hilfreich zu wissen, wo kommt eine neue Attacke her, damit man fliehen kann. Also, das sind alles Sachen, wie gesagt, die haben wir schon lange gefordert. Als wir es angefangen haben zu fordern, war es auch wirklich ein hauptsächlich friedlicher Widerstand. Ich finde das ja immer noch beeindruckend, wie lang die Syrer es wirklich rein friedlich ausgehalten haben, diesen Widerstand, und es ist wirklich fatal, dass die internationale Gemeinschaft so lange zugeschaut hat, bis es eben wirklich eskaliert ist.
Hatting: Ja, jetzt sind wir im Bürgerkrieg, denn die Deserteure der Armee schlagen mit Waffen zurück. Apropos Waffen: Es ist ja bekannt, dass Russland Waffen an Syrien liefert.
Brantner: Ja.
Hatting: Halten Sie das für richtig oder für einen gangbaren Weg, dass man auch die Opposition mit Waffen unterstützt?
Brantner: Ich glaube, die große Bewaffnungsaktion bringt nur noch mehr Leid. Aber lassen Sie mich noch eins zu den Waffen aus Russland sagen: Wir wissen ja, dass die über den Hafen von Zypern gegangen sind, und ich finde es schon unglaublich, dass es da immer noch keine wirkliche jetzt Untersuchung gibt auf europäischer Seite, die die Zyprioten wirklich auch in die Haftung nimmt. Soweit wir wissen, gehen viele der Waffen aus Russland an Syrien über Zypern. Da hat die EU auch noch eine Aufgabe, endlich diese Waffenlieferung effektiv auch zu unterbinden.
Hatting: Die UN-Vollversammlung will morgen wieder einmal über eine Resolution zum Konflikt in Syrien abstimmen. Der Entwurf sieht diesmal vor, die Unterdrückung der politischen Revolte gegen die Staatsführung unter Präsident Assad zu verurteilen. Bringt das was?
Brantner: Bei den UN ist es ja wirklich gerade der Stillstand und jeder ringt damit. Und anscheinend gibt es die Meldungen, dass Russland bereit wäre, eine Resolution mitzutragen, in der nicht drin steht, dass Assad zurücktreten soll, sondern man eben nur eine Waffenruhe fordert. Man weiß jetzt nicht, ob das jetzt nur Ablenkungsmanöver sind und danach es vielleicht doch wieder nicht kommt. Aber es ist klar, dass ohne einen Rahmen der Vereinten Nationen die Handlungsspielräume in Syrien natürlich extrem gering bleiben, weil so gut wie kein Akteur, selbst die Arabische Liga, in diesem Punkt nicht mehr bereit sind, dann weitere Schritte zu tun, ohne dort auch sich das Ja der Vereinten Nationen eingeholt zu haben.
Hatting: Franziska Brantner, außenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Ich bedanke mich für das Gespräch!
Brantner: Ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Franziska Brantner: Guten Morgen!
Hatting: Bereits seit September gilt in der EU ein Ölembargo. Auch der Verkauf von Maschinen für die syrische Industrie ist verboten, genau so wie Investitionen in Firmen. Was hat das genutzt?
Brantner: Unseren Meldungen nach hat es vor Ort durchaus zu Knappheit von diesen Produkten geführt. Was noch dazukommt, sind ja auch gezielte Personensanktionen. Die haben anscheinend noch mehr erreicht, da sind bis jetzt auf der Liste um die 100. Wir fordern schon seit Längerem, dass die aufgestockt wird. Wir haben so eine Liste von ungefähr 200 Leuten von uns, wo wir sagen würden, die müssen da drauf. Das würde dann noch mal die Unterstützung für das Assad-Regime wirklich wahrscheinlich unterminieren. Das ist schon eine alte Forderung, seit Mai, Juni gibt es die, da ist die EU aber leider immer noch nicht so weit gekommen. Wie gesagt, wir sind gerade mal bei diesen 100 Personen. Bei den anderen, bei den Ölsanktionen, begrenztere Auswirkungen, glaube ich, begrenztere Auswirkungen.
Hatting: Sie haben gerade von Meldungen gesprochen, nach denen diese Sanktionen Wirkung zeigen sollen. Was wir aber sehen, ist im Augenblick was ganz anderes!
Brantner: Na ja, was wir sehen, ist, dass sie den Assad noch nicht beeindrucken. Was wir sehen, ist, dass sie vor Ort die Lebensmittel fast schon verteuern. In dem Sinne haben sie, zeigen sie eine Wirkung, aber sie haben nicht die gewünschte Wirkung, dass Assad sich davon beeindrucken lässt oder zumindest noch nicht so weit, dass er deswegen bereit ist zurückzutreten oder einen Prozess einzuleiten, der seine Nachfolge bestimmen würde. Und das ist ja das Ziel. Deswegen ist natürlich immer noch fraglich, inwieweit das wirklich hilft oder ob man nicht zum Beispiel weiter diese auch Sanktionen, die direkt Individuen betreffen, noch verstärken kann und damit den Preis für diejenigen erhöht, die sich weiterhin auf Assads Seite schlagen.
Hatting: Frau Brantner, Sie sprechen von Sanktionen. Reichen die, ist das das einzige Mittel, das wir haben?
Brantner: Nein, die reichen natürlich nicht, wie wir sehen, leider. Momentan sind wir in dieser schwierigen Situation, dass ja bis jetzt die Arabische Liga auch sehr stark vor Ort war, die ihre Mission hatte, die gescheitert ist. Jetzt hat die Arabische Liga nach einer Waffenruhe gerufen und hat das auch an die UN übergeben und hat gesagt, liebe UN, bitte sorgt für Waffenruhe und danach eine Friedensmission. Das ist natürlich alles sehr schwierig. Vor allen Dingen, wie soll man eine Mission wirklich entsenden, bei der zum Beispiel die Russen dagegen stimmen würden oder die Chinesen? Andererseits gibt es auf der humanitären Seite unserer Meinung nach sehr viel zu tun: Die UN hat zum Beispiel immer noch keinen humanitären Koordinator für Syrien ernannt, Ban Ki-moon hat das immer noch herausgezögert, ich denke, das wäre dringend notwendig. Es sind noch längst nicht alle Geldtöpfe dafür ausgeschöpft: Man könnte da wesentlich mehr tun, um zumindest die Not zu lindern. Das sollte unserer Meinung nach so schnell wie möglich passieren.
Hatting: Was könnte denn ein solcher UN-Koordinator leisten? Sie selber haben ja zum Beispiel auch von einem EU-Gesandten für Syrien gesprochen. Wenn man mal schaut, dass die Arabische Liga, also quasi die Brudervölker, wenn man so will, da einfach wieder unverrichteter Dinge abziehen müssen, was soll denn ein Koordinator der UN erreichen können?
Brantner: Der UN-Koordinator wäre für die humanitäre Hilfe, um wirklich die gezielt und effektiv in das Land zu bringen. Der würde in dem Sinne an den Kämpfen hoffentlich erst mal, würde der nicht … keine politische Rolle haben. Das ist ja das Ziel von einem humanitären Koordinator. Der EU-Gesandte für die syrische Opposition wäre ein Symbol um zu sagen, unsere Ansprechpartner sind die Oppositionen, um mit den unterschiedlichsten Kräften der Opposition zu reden und auch mehr politisches Gewicht endlich hinzubringen, um auch die friedlichen Kräfte weiterhin zu stärken. Weil unsere Befürchtung ist, dass, wenn wir das einfach weitertreiben lassen, die Militarisierung sich noch verstärkt und es eben für auch gerade die friedlichen Bewegungen kaum noch Ansprechpartner gibt.
Hatting: Eine Forderung der Grünen im Europäischen Parlament seit Monaten ist ja auch, dass man die syrische Opposition mit Kommunikationsmitteln und Satellitenbildern unterstützt. Ist da bislang irgendetwas in dieser Richtung passiert?
Brantner: Offiziell zumindest nicht, auf jeden Fall von westlicher Seite nicht. Was wir eben gefordert hatten, weil, wie Sie wissen, durften ja Journalisten auch nicht ins Land, deswegen ist es extrem schwierig, Informationen über das Land und aus dem Land zu bekommen, und das Gleiche gilt auch für die Leute vor Ort, dass sie eben extrem schwierige Kommunikationswege haben. Und da wissen wir, dass es so etwas wie Satelliten, wie anderen Technologien gibt, wo wir eigentlich die Bilder haben, die Information haben. Gerade für diejenigen, die sich eben bis jetzt immer noch diesem auch militärischen Kampf verweigert haben, ist es natürlich hilfreich zu wissen, wo kommt eine neue Attacke her, damit man fliehen kann. Also, das sind alles Sachen, wie gesagt, die haben wir schon lange gefordert. Als wir es angefangen haben zu fordern, war es auch wirklich ein hauptsächlich friedlicher Widerstand. Ich finde das ja immer noch beeindruckend, wie lang die Syrer es wirklich rein friedlich ausgehalten haben, diesen Widerstand, und es ist wirklich fatal, dass die internationale Gemeinschaft so lange zugeschaut hat, bis es eben wirklich eskaliert ist.
Hatting: Ja, jetzt sind wir im Bürgerkrieg, denn die Deserteure der Armee schlagen mit Waffen zurück. Apropos Waffen: Es ist ja bekannt, dass Russland Waffen an Syrien liefert.
Brantner: Ja.
Hatting: Halten Sie das für richtig oder für einen gangbaren Weg, dass man auch die Opposition mit Waffen unterstützt?
Brantner: Ich glaube, die große Bewaffnungsaktion bringt nur noch mehr Leid. Aber lassen Sie mich noch eins zu den Waffen aus Russland sagen: Wir wissen ja, dass die über den Hafen von Zypern gegangen sind, und ich finde es schon unglaublich, dass es da immer noch keine wirkliche jetzt Untersuchung gibt auf europäischer Seite, die die Zyprioten wirklich auch in die Haftung nimmt. Soweit wir wissen, gehen viele der Waffen aus Russland an Syrien über Zypern. Da hat die EU auch noch eine Aufgabe, endlich diese Waffenlieferung effektiv auch zu unterbinden.
Hatting: Die UN-Vollversammlung will morgen wieder einmal über eine Resolution zum Konflikt in Syrien abstimmen. Der Entwurf sieht diesmal vor, die Unterdrückung der politischen Revolte gegen die Staatsführung unter Präsident Assad zu verurteilen. Bringt das was?
Brantner: Bei den UN ist es ja wirklich gerade der Stillstand und jeder ringt damit. Und anscheinend gibt es die Meldungen, dass Russland bereit wäre, eine Resolution mitzutragen, in der nicht drin steht, dass Assad zurücktreten soll, sondern man eben nur eine Waffenruhe fordert. Man weiß jetzt nicht, ob das jetzt nur Ablenkungsmanöver sind und danach es vielleicht doch wieder nicht kommt. Aber es ist klar, dass ohne einen Rahmen der Vereinten Nationen die Handlungsspielräume in Syrien natürlich extrem gering bleiben, weil so gut wie kein Akteur, selbst die Arabische Liga, in diesem Punkt nicht mehr bereit sind, dann weitere Schritte zu tun, ohne dort auch sich das Ja der Vereinten Nationen eingeholt zu haben.
Hatting: Franziska Brantner, außenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Ich bedanke mich für das Gespräch!
Brantner: Ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.