EU will Whistleblower besser schützen

"Gesetz muss Rechtssicherheit herstellen"

Die Schattenrisse von Messepublikum erscheinen vor den grell-blauen Leuchtdioden eines großen LED-Displays. Aufgenommen auf der Sicherheitsmesse Infosec in London am 28.04.2010. Foto: Maximilian Schönherr | Verwendung weltweit
Wer Missstände aufdeckt, muss anonym bleiben können, fordert Annegret Falter vom Whistleblower-Netzwerk. © dpa / Maximilian Schönherr
Annegret Falter im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
Die EU will den Schutz von Whistleblowern festschreiben. Ein solches Gesetz müsse Informanten Anonymität zusichern, fordert Annegret Falter vom Whistleblower-Netzwerk. Doch der Gesetzentwurf habe einen "wunden Punkt".
Die Europäische Kommission will Informanten, die Missstände bekannt machen - sogenannte Whistleblower - künftig EU-weit besser schützen. "Whistleblower helfen dabei, Bedrohungen oder Schäden für das öffentliche Interesse aufzudecken", heißt es im Entwurf des Gesetzesvorschlags für die entsprechende Richtlinie.
Grundsätzlich sei das "sicher eine gute Entscheidung", sagte dazu Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerks e.V., im Deutschlandfunk Kultur. Allerdings habe der Entwurf einen "wunden Punkt". Denn er könne nur Straftaten regeln, die überhaupt unter der Regelungskompetenz der EU fallen. Nicht behandelt würde etwa Whistleblowing in den Bereichen Handelsabkommen, Arbeitnehmerrechte, Freizügigkeit, außenpolitische Angelegenheiten, polizeiliche Zusammenarbeit oder Ausbildung, Wissenschaft, Forschung.
Zudem werde noch viel Zeit vergehen, bis die Richtlinie als nationales Recht Gültigkeit in Deutschland erlangen könne. Eine Umsetzung in der aktuellen Legislaturperiode sei unwahrscheinlich, meinte Falter. Und auch in der nationalen Umsetzung enthalte so ein Gesetz "immer noch unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln", die erst durch Rechtsprechung konkreter gefasst werden.
"Die EU kann nur regeln, wo sie Kompetenzen zum Regeln hat. (...) Das impliziert eben eine riesige Rechtsunsicherheit."

"Ein schlechtes Gesetz, wenn das Ergebnis wieder ein Flickenteppich ist"

Schon jetzt sei allerdings die Information über Korruption von der Amtsverschwiegenheit der Beamten ausgenommen, betonte Falter. Whistleblowing sei auch in den Bereichen der Finanzdienstleistungsaufsicht und der Lebensmittelsicherheit erlaubt. Es bestehe allerdings die Gefahr, dass mit der Richtlinie weiterhin Rechtsunsicherheit bestehe, etwa weil die Frage nach der Anonymität der Informanten nicht geregelt sei:
"Wenn diese Richtlinie als Anstoß genommen wird für ein umfassendes Gesetz, wie es das Whistleblower-Netzwerk seit Jahren fordert und versucht durchzusetzen, dann ist das ein gutes Gesetz, aber es ist ein schlechtes Gesetz, wenn das Ergebnis in Deutschland später wieder ein Flickenteppich ist."
Wichtig sei beim Thema Whistleblowing, dass in einer freien Gesellschaft die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit der Presse immer gegeben sein müsse. Dazu müsse ein hinreichender Quellenschutz für Informanten gewährt sein. Aktuell würden jedoch "Überwachungsmöglichkeiten" ausgebaut, zum Beispiel durch die Vorratsdatenspeicherung oder den Ausweiszwang bei Prepaid-Sim-Cards nach dem Datenhehlerei-Paragraphen, beklagte Falter.
(huc)
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