Eugen Drewermann: "Luther wollte mehr"

Moralisieren hilft in der Religion nicht weiter

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Der Theologe Eugen Drewermann im Gespräch mit Hans Dieter Heimendahl © Deutschlandradio / Margarete Hucht
Eugen Drewermann im Gespräch mit Hans Dieter Heimendahl |
Mit Luther über Luther hinausgehen, das versucht Eugen Drewermann in seinem Buch "Luther wollte mehr". Im Gegensatz zu anderen habe Luther erkannt, dass Menschen nicht mit einem Gott leben könnten, der sie verängstigt, sagt der Theologe.
In seinem Buch "Luther wollte mehr" beschreibt der Theologe, Pychoanalytiker und Autor Eugen Drewermann den Reformator Martin Luther als jemanden, der aus eigenem Erleben die Bedeutung der Seele und der Angst im Unbewussten für die Beziehung der Menschen zu Gott erkannt habe.
"Man wirft Luther heute vor, dass er im Mittelalter geblieben ist, indem er die sogenante Erbsündenlehre, die Unfähigkeit des Menschen zum Guten aus eigener Kraft betont hat", sagte Drewermann im Deutschlandradio Kultur.

Nicht nur Drohungen, Strafe, Gerechtigkeit

Er hingegen halte das für "hochaktuell". So hätten alle Reformatoren vor Luther die Verstrickungen der Kirche in Geldgeschäfte kritisiert.
"Doch was Luther entdeckt, ist unendlich viel tiefer: Menschen können nicht leben mit einem Gott, der verängstigt. Der immer nur dasteht mit Gericht, mit Drohungen, mit Strafen, mit Gerechtigkeit, mit: du musst aber jetzt. Damit kann man nicht existieren."
Drewermann wandte sich gegen ein Verhältnis von Gott und Mensch, das nur an Gebote gebunden sei. "Die Gesetzesreligion ist mit in diese neurotischen Konflikte verwickelt", kritisiert er. "Das erkennt Luther, obwohl er im 16. Jahrhundert weit entfernt ist von irgendeiner Psychologie."

Erlösung durch unbedingtes Vertrauen

Luther habe am eigenen Leib erlebt, dass Moralisiererei nicht helfe, so Drewermann. "Das ist übrigens ein Vorwurf, den man der ganzen gegenwärtigen christlichen Theologie machen kann."
Erlösung gebe es jedoch nur durch ein unbedingtes Vertrauen in Vergebung. Das muss Drewermann zufolge auch heutigen Christen wieder bewusst gemacht werden: "Ich fürchte, der Normalzustand des Christen ist der eines guten Bürgers. Wenn wir doch im Sinne des Gesetzes nichts falsch machen, dann wird schon alles gut sein", sagt der ehemalige Priester. Aber man dürfe aus Gott nicht den "Lieferanten vom Stacheldraht machen, der die Guten von den Bösen säuberlich trennt".

Eugen Drewermann: Luther wollte mehr
Herder Verlag, 320 Seiten, 19,99 Euro

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