EuGH prüft Haftstrafe gegen Söder

Dicke Luft in Bayern

06:35 Minuten
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, trinkt beim Politischen Frühschoppen Gillamoos am 31.8.2019 aus einer Maß Bier. Das Gillamoos ist eines der größten und ältesten Volksfeste Niederbayerns und bietet traditionell einen politischen Schlagabtausch der Parteien.
Vom Bayerischen Frühschoppen beim Volksfest in den Knast? Bayerns Ministerpräsident und seine Weigerung, Fahrverbote zu erlassen, beschäftigt derzeit den Europäischen Gerichtshof. © picture alliance/dpa/Peter Kneffel
Tobias Krone im Gespräch mit Julius Stucke |
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Der Europäische Gerichtshof muss darüber befinden, ob Ministerpräsident Söder im Ernstfall ins Gefängnis muss – weil Bayern sich weigert, Fahrverbote zur Reinhaltung der Luft einzuhalten. Journalist Tobias Krone hält dieses Szenario für sehr unwahrscheinlich.
Derzeit findet in Luxemburg ein etwas kurios klingender Prozess statt, bei dem es um saubere Luft in Europas Städten geht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigt sich mit einer möglichen Zwangshaft für bayerische Spitzenpolitiker. Die bayerische Landesregierung weigert sich nämlich, Auto-Fahrverbote und andere Luftreinhaltemaßnahmen einzuleiten. In München und auch in Stuttgart hat es wegen der Luftverschmutzung Gerichtsurteile gegeben – Dieselfahrverbote seien geboten, hieß es. Die EU-Richter sollen jetzt klären, ob deswegen Haft unter anderem gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder angeordnet werden kann.
Warum alle bisherigen, zur Verfügung stehenden Strafmaßnahmen – etwa Zwangsgelder, die über die bayerische Landesregierung verhängt wurden – nichts bewirkt haben, erklärt der Münchner Journalist Tobias Krone: "Das hängt wahrscheinlich mit der ein bisschen absurden Regelung zusammen, dass diese Strafsumme einerseits eher eine symbolische Summe mit maximal 10.000 Euro ist. Man kann sich vorstellen, dass das einem Bundesland wie Bayern nicht gerade weh tut. Und dass das Geld automatisch wieder in die bayerische Staatskasse wandert, das ist die zweite Absurdität. Und somit zahlt Bayern sich selbst jetzt eine Strafe für schlechte Luft."

Der EuGH täte sich damit keinen Gefallen

Warum der "Fall" nun vor dem Europäischen Gerichtshof lande, sei für ihn nicht "so ganz klar", sagt Krone weiter – zumal sich Europäisches Recht und die Landesgesetze widersprächen: "Nach dem deutschen Verfassungsgericht sind nämlich Zwangsgelder oder andere Zwangsmaßnahmen gar nicht vorgesehen. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof 2014 gesagt: Alle Europäischen Gerichte seien verpflichtet, jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, um die Einhaltung der Europäischen Luftreinhalterichtlinie sicherzustellen. Jetzt würde man natürlich gerne wissen: Bedeutet ‚jede erforderliche Maßnahme‘ auch, dass Markus Söder als bayerischer Ministerpräsident demnächst in den Knast wandern muss, weil Bayern jetzt ziemlich offensichtlich EU-Recht bricht."
Auf das Luxemburger Urteil muss nun noch einige Monate gewartet werden. Er halte es jedoch für sehr unwahrscheinlich, dass Söder ins Gefängnis müsse, sagt Krone. Denn das würde bedeuten, dass Politiker für ihre politischen Entscheidungen inhaftiert werden könnten. "Und damit würde sich natürlich auch der EuGH keinen Gefallen tun. Hier steckt das europäische Rechtssystem tatsächlich in einem großen Dilemma."
(mkn)
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